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Komm, wir gründen einen Stromversorger!

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Im Schatten des Deutschen Museums, am Kreuzplätzchen Hausnummer 5, leuchtet ein heller grüner Stern in den Energiehimmel. Polarstern, ein junges Energieunternehmen. Neu, anders und sympathisch revolutionär will man sein.
Die drei Gründer Jakob Assmann, Florian Henle und Simon Stadler wollen mit ihrem Konzept die Welt ein bisschen besser machen. Ihre 100-Prozent-Öko-Energie versorgt nicht nur ihre Kunden mit wertvollem Strom und Gas, sondern auch Familien in Kambodscha. Anteile der Einnahmen fließen in das Entwicklungsland, um dort den Lebensstandard so klimaneutral wie möglich zu heben. Jakob und Flo erzählten uns, wie die Welt in 39 Jahren aussehen könnte, warum Geld verdienen nicht das Wichtigste in ihrem Leben ist und wie man in München an ungarisches Biogas kommt.

Auf den Fotos eurer Homepage sieht man, dass ihr eine ganz junge Mannschaft seid. Und ich hatte auch sofort den Eindruck: Studenten. Habt ihr euch denn auch während des Studiums kennengelernt?
Florian: Nein. Nur Jakob und Simon.

Jakob: Genau. Simon und ich kennen uns aus dem Studium und Florian kenne ich über meinen Bruder. Der hat eine Firma gegründet mit Florians bestem Freund. Und die haben uns dann zusammengebracht.

Und sofort mit einer Idee im Kopf oder hat sich das ganze Konzept erst nach und nach entwickelt?

Florian: Es ist gewachsen. Wir haben uns schon über eine Idee kennengelernt. Der Kern war am Anfang unser Gasprodukt. Darüber sind wir dann zusammengekommen.

Auch weil ihr vorher schon alle was in diese Richtung gemacht habt?
Florian: Eher in verschiedenen Richtungen. Ich habe vorher in der Schweiz ein Unternehmen mit aufgebaut, das Bio-Hochleistungsschmierstoffe entwickelt. Simon war Projektentwickler für Biogasaufbereitungsanlagen.

Jakob: Ich komme eigentlich direkt von der Uni. Ich war fünf Jahre an der LMU Lehrstuhl-Mitarbeiter, habe dort promoviert, Virtualisierung und virtuelle Zusammenarbeit, und dadurch kam ich durch das ganze Social Media, virtuelle Marktplätze, virtueller Handel dazu.
Die eigentliche Idee kam uns, als wir im letzten Jahr zusammen in den Bergen waren. Da fiel dann die Entscheidung, einen richtig guten Energieversorger zu gründen, einen der die weltweite Energiewende wirklich vorantreibt. Das war das ausschlaggebende.

Florian: Es gab auch vorher schon die Idee mit den Biogasanlagen aber es fehlte der … Anstoß. Der kam dann wirklich in den Bergen. Wir mussten mal rausgehen, einfach kreativ sein und frei denken. Um dann alles auf eine Karte zu setzen.

Von der Idee bis zur wirklichen Gründung, was waren da die wichtigsten Schritte?
Jakob: (überlegt) Die Partner finden.

Florian: Zuerst braucht man den Guss, die Idee: Wir gründen einen richtig guten Energieversorger. Aber wo fängt man an? Dann bist du erst mal in der konzeptionellen Phase, prüfst, was es schon gibt, was wollen wir noch besser machen? Du musst dir den Markt anschauen, mit ganz vielen Leuten aus der Branche sprechen.

Und so hat sich das Bild von Polarstern immer klarer herauskristallisiert. Aber das wirklich schwierige ist wie Jakob sagte Partner zu finden. Ein Konzept zu haben und das dann auch umzusetzen sind ganz verschiedene Dinge. Man muss sich tausende Fragen stellen. Wie bringe ich Energie zum Kunden? Muss ich mir ein Gasnetz kaufen? Okay wir wussten schon, dass wir das nicht müssen. Für alles was wir nicht selbst richtig gut können, haben wir uns wirklich top Partner gesucht.

Jakob: Wir hatten einen sehr hohen Anspruch und mussten jetzt nicht lange ein Produkt entwickeln. Ich meine, jetzt klingt es völlig logisch was wir verkaufen, aber was ist ein gutes Gasprodukt und was ein gutes Stromprodukt und dann kam auch das mit der Entwicklungshilfe, wie hängt das noch mit dran? Und so kamen wir darauf, dass uns genau das an anderen Energieprodukten stört. Jeder tut so als ob es die Erlösung wäre, wenn Deutschland grün wäre. So ist es aber nicht. Jeder redet darüber, dass man international zusammenarbeiten muss, seit Kyoto, aber keiner macht irgendwas. Und wir haben gesagt, wir haben die Chance, also machen wir es.

Und deswegen kommt auch die Energie aus ganz Europa?
Jakob: Richtig. Sowieso hat ganz Europa den gleichen Energiepool. Was bringt es uns, wenn wir in Deutschland die Atomkraftwerke abschalten und dann Atomstrom aus Frankreich beziehen? Aber genau das ist unser europäisches Energienetz. Das machen wir uns zu Nutze, indem wir unsere Energie auch im Ausland kaufen, wo es sie genauso gut, aber günstiger als bei uns gibt.

Aber wie kommt dann diese Energie – zum Beispiel das Biogas aus Ungarn oder der Ökostrom aus Österreich – zum Endverbraucher dann in München?
Florian: Im Energiemarkt gibt es das Seen-Modell. Das gilt im Prinzip sowohl für Strom als auch für Gas. Beides kommt über Leitungen zu uns nach Hause. Man kann sich das beispielsweise beim Strom so vorstellen: Es gibt einen europaweiten Stromsee, an den wir alle angeschlossen sind. Schaltet man zu Hause das Licht an, dann kommt aus der Steckdose der Strommix des europaweiten Stromsees. Wenn man sich für einen Energieversorger entscheidet, entscheidet man sich für die Quelle aus der der See gespeist wird. Entscheidet man sich beispielsweise für Ökostrom, wird in Höhe des Verbrauches Ökostrom in den Stromsee eingespeist. Also je mehr Leute sich für Ökostrom entscheiden, desto mehr Ökostrom wird in den Stromsee eingespeist und desto sauberer wird auch der Stromsee. Aus der Leitung kommt dabei immer der aktuelle Strommix des Sees.

Natürlich gibt es dazu auch Nachweise. Wir können nicht einfach sagen: „Ihr bekommt grünen Strom“, sondern es gibt unabhängige Organisationen wie TÜV oder Grünes Strom Label, die zertifizieren, also sicherstellen, dass wir auch wirklich für unsere Kunden den versprochenen Ökostrom in den Stromsee einspeisen. Beim Gas ist es im Grunde das gleiche Prinzip.
Jakob: Obwohl “Zertifikat” immer so negativ klingt. Wir sagen lieber Herkunftsnachweis. Wenn man also zu uns wechselt, weiß man, wo unsere Energie herkommt. Es gibt natürlich auch Alternativen, aber nicht jeder hat die Möglichkeit auf Solardach und Pelletheizung zu setzen. Und wenn das nicht geht, dann muss man wechseln.

“Zu wechseln dauert nur zwei Minuten!”
Jakob-Assmann
Jakob Assmann

Also weder neue Leitungen noch Bauarbeiten? Wie genau funktioniert denn jetzt ein Wechsel zu Polarstern?

Jakob: Keine Bagger. Das ist genau das, was die meisten nicht wissen. Es dauert wirklich nur zwei Minuten. Auf unserer Homepage gibt es ein Online-Formular, das muss man ausfüllen. Dann braucht man noch eine alte Rechnung, auf der die Zählernummer steht. Ein Klick, fertig. Alles andere machen wir. Wir kündigen den alten Vertrag beim alten Versorger, machen eine Netzummeldung, damit klar ist, dass wir jetzt der neue Lieferant sind. Aber für den Kunden ist es wirklich nur eine Sache von zwei Minuten. Es ist absolut nicht so wie zum Beispiel beim Telefon, wenn man das Netz ummeldet und dann eine Weile ohne Telefon ist. Es ist in Deutschland gesetzlich garantiert, dass immer Strom aus der Steckdose kommt. Selbst bei dubiosen Billiganbietern, wie TelDaFax, wenn die Pleite gehen müssen die Kunden mit Strom versorgt sein.

Florian: Und das Besondere bei uns ist, dass unsere Kunden sauberen Strom und sauberes Gas beziehen. Wir investieren gleichzeitig pro Kunde 40 Euro in den zusätzlichen Ausbau der erneuerbaren Energien in Europa und 40 Euro im Entwicklungsland. Das heißt, insgesamt fließen 80 Euro zusätzlich in neue, saubere Strom- und Gasquellen weltweit.

Liegt euer Schwerpunkt dann in der Aufbauhilfe oder im Energieunternehmen?
Florian: Weder noch. Wir sind überzeugt, dass die Energiewende nur global Sinn macht. Nur Deutschland supergrün zu machen, reicht langfristig nicht. Wir helfen deshalb auch Familien in den Entwicklungsländern nicht die gleichen Fehler zu machen, die wir hier in Deutschland und Europa vor langer Zeit gemacht haben und teilweise noch immer machen.

Könntet ihr noch mal kurz erklären wie genau das mit der Entwicklungshilfe funktioniert?
Jakob: Wir fördern in Kambodscha den Bau von Biogasanlagen. Das sind Güllegruben mit denen sie aus ihrem Kuhmist Gas erzeugen können. Da kommt eine Gasleitung raus und damit können sie dann auch kochen und beleuchten. Diese Technologie mit dem Gas ist wahnsinnig simpel. Die Anlagen bestehen aus Ziegelsteinen und Rohren, die sie dort selbst herstellen können. Wir sind der Know-How-Transfer sozusagen. Und wir zahlen auch nicht die ganze Anlage, sondern nur so ein gutes Drittel, so um die 120 Euro. Dann hat auch die Familie das Gefühl, dass es ihre Anlage ist und kümmert sich darum. So etwas ist für uns sinnvolle Entwicklungshilfe. Du gibst einen Anstoß, finanziell und know-how-mäßig und dann müssen die es selber machen. Eine Art Hilfe zur Selbsthilfe.

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Familie Kimsin aus Khnar

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Familie Sokhol aus Pun Pramat

Florian: Das Tolle ist, dass wir so unser Hauptziel, die globale Energiewende vorwärts bringen können und zusätzlich viele andere positive Effekte haben. Dazu muss man wissen, wie die Familien in den Entwicklungsländern bisher gelebt haben. Es wurde Wald abgeholzt und mit Feuerholz gekocht. Die Menschen erleiden dadurch auch Atemwegserkrankungen. Das Ganze schadet der Umwelt, dauert ewig und ist ungesund.

Und mit einer Biogasanlage hat man praktisch einen Rundumschlag: Es braucht keine Abholzung und ist damit viel Ressourcen schonender. Es ist auch hygienischer und gesünder. Und die Reste, die in der Biogasanlage übrig bleiben, dienen wunderbar als Dünger für die Felder. Das bringt so auch noch mehr Erträge.

“Wir sind eine andere Unternehmergeneration mit ethisch-sozialem Anspruch”
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Florian Henle

Aber wie kommt es, dass ihr als noch ganz kleines Unternehmen solche Pläne habt und umsetzt und die großen Energieanbieter es nicht für nötig halten, obwohl die doch eigentlich viel mehr Möglichkeiten hätten?
Florian: Die müssen ja nicht, viele haben ein blühendes Geschäft und eine ganz andere Denke. Und uns ist es wirklich wichtig, dass wir nicht nur Energie verkaufen. Wir wollen ja die Welt besser machen und das schaffen wir im Energiemarkt letztlich nur so. Außerdem kommen wir nicht aus der Branche. Wir haben keine Scheuklappen und denken ganz anders. Ich denke, wir sind auch eine neue Unternehmergeneration mit ethisch-sozialem Anspruch. Ja, wir wollen Geld verdienen und auf eigenen Beinen stehen können, aber dabei geht es uns nicht um die schiere Gewinnmaximierung.

Jakob: Und leider müssen wir uns dafür immer rechtfertigen, so nach dem Motto „Das glaubt euch doch eh keiner, ihr holt euch das Geld doch irgendwie zurück aus Kambodscha!“. Und das finden wir schade..

Jetzt wurde ja der Atomenergieausstieg beschlossen. Glaubt ihr, dass es bis zum Jahr 2020 möglich ist und gibt es irgendwann eine Welt, die nur durch Ökoenergie versorgt wird?
Jakob: Das Kyoto-Protokoll sieht ja sogar 2050 als Ziel vor. Aber der Atomausstieg bis 2020 ist auf jeden Fall möglich. Leider eben nur der Atomausstieg. Der Rest kommt immer noch von Kohle- und Gaskraftwerken. Aber das ist eh ein großes Problem: die Ökostromfixierung. Die meisten Leute glauben, weil sie auf Ökostrom umgestiegen sind, reicht das. Aber eigentlich, wenn man sich die reine Kilowattstunde anschaut, macht der Strom lediglich 20 Prozent aus, mindestens 40 bis 50 Prozent sind Gas. Und wenn du deinen Energieverbrauch erneuerbar gestalten willst, musst du auch anders heizen und deinen Gasverbrauch beachten. Strom ist super, aber eben nur der Anfang.

Man muss den Ausstieg aber auch wirklich wollen. Selbst die Stadt München hält über die Stadtwerke 25 Prozent am Atomkraftwerk Isar 2. Leider, leider, leider muss erst so etwas passieren wie Fukushima, damit ein Umdenken stattfindet. Und man darf nicht sagen “Die können das nicht, wie in Tschernobyl”. Japan ist industrialisierter als wir. Also wenn die das nicht wieder in den Griff bekommen, wer dann? Aber ist es möglich bis 2050 komplett umzusteigen? Auf jeden Fall! Bei uns zumindest. Die Frage bleibt wie es weltweit damit aussieht…

Jetzt seid ihr ja einer der günstigsten Ökoenergieanbieter. Trotzdem immer noch teurer als die Preise der nicht erneuerbaren Anbieter. Wieso wechseln die Leute trotzdem zu euch, oder sollten zu euch wechseln?
Florian: Den Menschen ist der Bezug von Ökoenergie etwas wert. Sie machen es aus Überzeugung und nicht mit dem Ziel, bei ihrem Energieverbrauch kurzfristig Geld zu sparen. Auch darf man nicht vergessen, dass der Atomstrompreis künstlich billig gehalten wird, durch die ganzen Subventionen. Klar wird Ökoenergie auch subventioniert, aber eben nicht in diesem Maße. Obwohl in unserem Produkt bei einem 2,5 Personen Haushalt pro Jahr 40 EUR in Ökokraftwerke bei uns und 40 EUR in die Entwicklungshilfe fließen, kostet es in München nur ca. 8 Euro mehr im Monat.

Jakob: Und gerade weil es so hochwertig ist, gehen unsere Kunden auch ganz anders damit um. Manche haben uns sogar erzählt, dass weil sie zu uns gewechselt sind, sie sich jetzt viele Gedanken machen. Klar zahlen sie jetzt etwas mehr und deshalb überlegen sie sich auch, wo sie Energie sparen können. Sie merken manchmal jetzt erst, was man wirklich alles machen kann. Stand by-Geräte ganz ausschalten oder Ladegeräte nach dem Aufladen entfernen. Oft sind es Kleinigkeiten. Aber sonst läuft der Strom einfach weiter. Denn dieses 2050-Ziel wird nicht erreicht, wenn wir den heutigen Energieverbrauch auf erneuerbar umstellen. Man muss den Energieverbrauch auch um 50 Prozent senken. Und die anderen 50 Prozent können wir umstellen. Das ist jetzt nicht meine Rechnung, sondern allgemein bekannt. Und wir glauben, wenn die Verbraucher auf ein hochwertiges Produkt umsteigen, schauen sie eher darauf, was sie noch beim Energiesparen machen können. Und diesen doppelten Impact wollen wir bei den Leuten erreichen: “Oh, jetzt zahle ich ein bisschen mehr, jetzt schau ich mal, wo ich sparen kann!”

Florian: Als schöner Abschluss vielleicht noch: Erneuerbare Energien haben für uns nichts mit Verzicht und Selbstkasteien zu tun. Vielmehr wollen wir vermitteln: “Schau’ an, wir haben saubere Energie, ohne unser Leben einzuschränken.” Und so macht der Energiebezug auch Spaß. Jetzt weiß man zu wenig über den Energiebezug als dass rs Spaß machen kann. Wir glauben auch, dass durch unser Produkt ein Umdenken beim Energieverbrauch gefördert wird und das macht uns wiederum sehr viel Spaß.

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Fotos: Polarstern-Energie.de

Vielen Dank für das Gespräch und das bereitgestellte Material!

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