Stolpersteine in München
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Kompliziertes Gedenken: Stolpersteine in München

Thomas Schex

München, die ehemalige Hauptstadt der Bewegung, ringt um den Umgang mit ihrem schweren historischen Erbe. Wie kann man den Opfern des Holocaust würdig gedenken? Und wie verhindert man, dass die Erinnerung an die schrecklichen Verbrechen langsam verblasst? Wie schwierig dieser Prozess ist, zeigt die hitzige Diskussion um die Stolpersteine, die in München bisher nicht auf öffentlichem Grund verlegt werden dürfen.

Stolpersteine in München

Kontroverse Debatte

Die Gedenktafeln aus Messing werden in den Gehweg eingelassen und tragen Namen, Geburts- und Todesdaten sowie die Deportationsziele der Opfer. Ihre Befürworter, etwa Terry Swartzberg von der Initiative Stolpersteine für München, sehen sie als wichtigen Denkanstoß: “Jeder Stolperstein macht uns klar, wie verletzbar unsere Zivilisation ist”. Die Gegenseite, allen voran die Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde Charlotte Knobloch, wehrt sich gegen diese Form der Erinnerung, da das Andenken an die Opfer “sprichwörtlich mit Füßen getreten” würde. Nach einer Diskussion im Stadtrat, die beinahe in einem Eklat endete, soll demnächst über die Genehmigung der Stolpersteine in München entschieden werden.

App zeigt digitale Stolpersteine in München

Bis dahin liefert ein anderes Projekt erschreckende und hautnahe Einblicke in die Verbrechen des NS-Regimes: Die Stolpersteine München App. Auf einer interaktiven Karte sind dort digitale Stolpersteine verlegt, hinter denen die Biografien der Opfer hinterlegt sind. Die Spuren der Vergangenheit sind erschreckend nah: Einer der Tatorte ist die Lindwurmstraße 205, ein wunderschönes Eckhaus aus der Renaissance, das heute ein Wirtshaus beherbergt. In der App erfahre ich, dass hier Emanuel und Sophie Gutmann ein Kaufhaus für Lederwaren betrieben, bevor sie am 23.06.1942 nach Theresienstadt deportiert und dort ermordet wurden.

Eckhaus an der Lindwurmstraße 205

Der nächste Stolperstein befindet sich nur ein paar hundert Meter entfernt in der Lindenschmitstraße, wo das jüdische Ehepaar Abeles ihren letzten Wohnort hatten. Plötzlich rücken die Verbrechen, die meine Generation nur aus Erzählungen und aus Geschichtsbüchern kennt, wieder ganz nah. Und machen deutlich, wie wichtig es ist, unsere demokratische und rechtsstaatliche Ordnung zu verteidigen. Die düsteren Zeiten des Nationalsozialismus sind nur einige Jahrzehnte entfernt. Und vielerorts auch nur ein paar Schritte über die Straße.

1Comment
  • Ron
    Posted at 17:18h, 21 Januar

    Es ist immer gut, dass man Verbrechen anhand neuer Beweise und sorgfältig ermittelter Sachverhalte aufarbeitet. Vor allem, wenn es um die Münchner Nazi-Vergangeheit geht !

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