tagebook des Münchner Forums

Mia san mia! ?

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Münchens Bevölkerung wächst jedes Jahr um circa 7.000 Bewohner_innen. Die Stadt platzt aus allen Nähten. Der kontinuierliche Zuzug bringt dabei viel Neues nach München. Die Stadt wird zunehmend heterogener und vielfältiger. Diese vielerorts geschätzte „kulturelle Vielfalt“ urbaner Räume steht jedoch leider nicht selten im Gegensatz zu einer Abwehrhaltung gegenüber dem vermeintlich Fremden. Mit der Bevölkerungsdichte – und vielfalt wächst eben auch das Bedürfnis nach Identität. “Mia san mia”? Aber wieviel Abgrenzung verträgt die Stadt? Wann wird Abgrenzung zu Ausgrenzung? Und gehört das Fremde nicht genauso zum städtischen Lebensgefühl wie der Schweinebraten zu Bayern?

Das südliche Bahnhofsviertel, rund um Schiller-, Goethe- und Landwehrstraße ist in ständiger Bewegung. Die vielfältige kommerzielle Infrastruktur und der nahegelegene Hauptbahnhof lassen das Viertel Tag und Nacht pulsieren. Hier ist es anders als irgendwo sonst in München. Ähnlich dem „Chinatown“ in London oder „Little Italy“ in New York wird das südliche Bahnhofsviertel oft als „Klein-Istanbul“ bezeichnet. Diese Bezeichnung wird der kulturell heterogenen Realität des Viertels jedoch kaum gerecht. Viele unterschiedliche kulturelle Hintergründe und Identitäten kommen hier zusammen. Wie leben und arbeiten die verschiedenen sozialen Gruppen miteinander? Schafft die geteilte Erfahrung des Fremd-Seins eine gemeinsame Identität? Oder verstärkt das Beisammensein auf engem Raum die Abgrenzung voneinander? Diese und weitere Fragen behandelt die Arbeit „Der arabische Supermarkt – ein Ort des kulturellen Austausches oder der Exklusion?”, in der Miriam Thaler die ethnisch-kulturelle Vielfalt des Bahnhofsviertels und ihre Auswirkung auf die Nutzung und Aneignung von urbanem Raum untersuchte.

Ein urbaner Raum ganz anderer Art findet sich nicht weit vom südlichen Bahnhofsviertel entfernt an der Theresienhöhe, einem “neuen” Quartier auf dem Gelände der alten Messe. Das Viertel hebt sich deutlich von seiner Umgebung ab, dunkle Bürogebäude schirmen das Innere des Quartiers nicht nur von der Nachbarschaft und dem Verkehr, sondern auch von ungebetenen Besuchern ab, so zumindest scheint es. Wen es dennoch nach innen verschlägt, dem begegnen eine dichte Bebauung, Spielplätze und bunte Häuser, die südlich des Bahndeckels jedoch allmählich an Farbe verlieren. Die Theresienhöhe sollte „urban“ und “vielfältig” werden, “basierend auf den Grundwerten […] Offenheit, Toleranz und Integration“ (Münchens Zukunft gestalten. PERSPEKTIVE MÃœNCHEN – Strategien, Leitlinien, Projekte), so zumindest das Ziel der Stadt. Inwieweit Planung und Realität zusammenpassen untersuchte Alexander Fehlner in seiner Arbeit „Baustelle Zukunft – Eine kulturwissenschaftliche Kontrastierung von Stadtplanung und gelebter Wirklichkeit mit einem Fokus auf Architektur“. Er wirft damit die grundlegende Frage auf, ob vielfältiges Zusammenleben in der Stadt überhaupt geplant werden kann und das Empfinden von Fremdem und Eigenem, Innen und Außen so mitunter auch durch städtebauliche Maßnahmen befördert wird?

Beide Forschungen – zum südlichen Bahnhofsviertel und der Theresienwiese – sowie die künstlerische Arbeit “Das Fremde in München” von Elena Haas werden bei der dritten Veranstaltung der Reihe “STADTfragen” des Münchner Forums unter dem Titel „INNEN AUSSEN – FREMDES EIGENES … und wie viel Abgrenzung verträgt die Stadt?“ am Donnerstag, den 07. Februar um 19.00 Uhr im Provisorium in der Lindwurmstraße 37 vorgestellt und diskutiert.

Dabei soll der Frage nachgegangen werden, wann und unter welchen Umständen Fremdheit in der Stadt entsteht und wann dieses Empfinden zur Ab- und Ausgrenzung führt. Vor allem soll ein Verständnis von Fremdheit als einer im städtischen Zusammenleben positiv konnotierten Konstante entwickelt werden. Wie also können wir über eine Reflexion “des Fremden” Diversität und Heterogenität konstruktiv für das Zusammenleben in unserer Stadt nutzbar machen?

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Anja Junghans und Stella Lehn