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Münchens Abbild: Was kann der digitale Zwilling?
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Mit dem digitalen Zwilling lassen sich Schattenplätze finden oder die Feinstaubbelastung checken. Er ist das digitalisierte Ebenbild der Stadt. Initiator Markus Mohl spricht im MUNICH NEXT LEVEL Podcast mit MUCBOOK-Herausgeber Marco Eisenack über die Chancen, die sich aus dem Konzept des Digitalen Zwillings ergeben..
Kürzlich mal ein Auto gesehen, das mit Kameras bestückt durch die Grünanlage fährt? Kein Grund zum Ärgern. Das war nicht Google. Die dürfen das nur auf öffentlichen Straßen. In Parks fahren Datensammler nur im Auftrag unserer Stadt. Denn München hat inzwischen sein eigenes Google-Maps. Das kann aber noch mehr: Das städtische Datenmodell kann auch das Solarpotenzial aller Dächer prognostizieren, Feinstaubpartikel vorhersagen, die Zahl der Bäume erfassen.
Der sogenannte Digitale Zwilling ist in der Stadtplanung plötzlich in aller Munde. Das detailgetreue und datengesteuerte Abbild von Häusern, Straßen, Grünanlagen gilt als Heilsbringer für den Umbau unserer Städte. Auch kleine Städte investieren inzwischen in ein digitales Abbild ihrer selbst. München gilt mit Hamburg und Leipzig als Vorreiter und hat schon 2022 die ersten Anwendungen der Öffentlichkeit vorgestellt.
Aber was ist dran am Hype? Wer steckt überhaupt dahinter? Woher kommen die Daten? Und kann man damit wirklich die Welt besser machen?
Die letzte Frage würde Markus Mohl auf alle Fälle mit Ja beantworten. Der Experte für Geoinformation hat den Digitalen Zwilling in München von Anfang an mit aufgebaut. In seinem Büro beim GeodatenService hat er mit seinen Kolleg:innen die ersten Karten digitalisiert und mit Daten verschwestert. Heute ist er Leiter des Kompetenzzentrums Digitaler Zwilling München und ist in Deutschland wohl einer der besten Gesprächspartner, den man bekommen kann, um über die Möglichkeiten des Digitalen Zwillings zu sprechen.
Ihm geht es nicht um Daten. Sondern um die Gesellschaft. Wie können wir Daten einsetzen, damit sie der Gesellschaft nützen. Hier ist Markus Mohl überzeugt, dass der Nutzen groß ist. Die Daten des Digitalen Zwillings sollen den Weg in die klimaneutrale Stadt ebnen.
Aber Datensammler haben es in unserem Land nicht leicht. Und es ist heute noch so, dass sich in der Verwaltung wohl noch nicht alle für die neue Leidenschaft am Datenbau erwärmen können. Die Fraktion der “Das haben wir schon immer so gemacht”-Sagenden, kann natürlich einpacken, wenn Markus Mohl seinen digitalen Wunderkasten aufklappt. Zum Glück gibt es laut Mohl in der Münchner Verwaltung genügend Pionier:innen, die sich für die Potenziale des Digitalen Zwillings begeistern lassen. Und das sind eben nicht nur die Kolleg:innen im GeodatenService, sondern überall. Die Materie will es so, dass Markus Mohl mit seinen innovativen Lösungen zu allen Referaten einen guten Draht finden muss.
Was dann alles möglich ist, berichtet Markus Mohl in der neuen Folge des MUCBOOK Podcast MUNICH NEXT LEVEL im Gespräch mit Marco Eisenack.
Vom Baustellenatlas bis zum kommunalen Wärmeplan
Schon jetzt können Hausbesitzer:innen und Mieter:innen in einer Web-App auf Knopfdruck das Solar-Potenzial ihres Daches unter Berücksichtigung von Jahreszeiten, Bäumen und Schattenwurf der Nachbargebäude ausgespuckt: installierbare Peakleistung, potenzieller Jahresstromertrag bei maximaler Dachbelegung, Zahl der Module, die auf dem Dach Platz haben und sogar die Kilogramm gesparter Treibhausgase werden gleich geliefert. Hier der Link zu der aktualisierten Solarkarte.
Ein schönes Beispiel ist auch der digitale Baustellenatlas, der nicht nur beweist, dass München eine einzige große Baustelle ist, sondern den Betroffenen im Stau nun auf einen Blick sagt, was da gebaut wird und wie lange es dauert.
Auch wenn alles so kompliziert klingt, was man über den Digitalen Zwilling hört, ist genau diese Vereinfachung das große Geschenk für normale Bürger:innen – aber auch für Planer:innen, Politik und Verwaltung, die mit Datenmodellen in die Zukunft schauen können, ohne die Akten aus dem Keller holen zu müssen.
Durch das engagierte Team von Markus Mohl ist München gemeinsam mit Utrecht und Barcelona inzwischen europaweit zum Vorreiter für digitale Stadtlösungen geworden. Projekte, die weit über die Stadtgrenzen hinaus Beachtung finden, sind zum Beispiel der Kommunale Wärmeplan oder das von der EU geförderte Projekt ASCEND, mit dem der Harthof in nur fünf Jahren zu einem energiepositiven Stadtteil umgebaut werden soll.
Schattige Wege ohne Barrieren? Frag einfach dein Handy
Und auch Markus Mohl gerät noch ins Staunen, was alles möglich ist. So erging es ihm kürzlich, als der GeodatenService gemeinsam mit dem Gesundheitsreferat das Thema „The Cool Side of Munich” im Innovationswettbewerb der Landeshauptstadt München aufgerufen hat. Gesucht wurden Anwendungen, mit denen Menschen in der überhitzten Stadt “kühle Routen” durch die Stadt finden. Das Startup SE3 Lab wird die Daten des Digitalen Zwillings mit einer Sprachsoftware koppeln und einen sprechenden Lotsen entwickeln. Neben der minutengenauen Analyse des Schattenwurfs von Gebäuden und Bäumen, die den Weg angenehmer machen, können auch weitere Datensätze wie beispielsweise die Baustellen-Karte oder Trinkwasserbrunnen integriert werden. Markus Mohl liefert ein Beispiel, wie nnützlich das sein dürfte: So könnten Personen im Rollstuhl womöglich bald ihr Handy fragen: “Wie komme ich ohne Baustellen von A nach B, da dort immer irgendwelche Barrieren für Rollstuhlfahrende sind”.
Doch bei der Debatte um den Digitalen Zwilling gibt es in der IT-Szene auch nachdenkliche Töne: Wie gehen wir damit um, wenn die Daten Prognosen ausspucken, die schlechte Nachrichten bereit halten: Zum Beispiel für Hauseigentümer, die künftig von Hochwasser betroffen sein könnten. Sobald die Daten veröffentlicht werden, könnten sich die Eigentümer schwer tun, eine Versicherung zu finden. Überhaupt mahnt Markus Mohl zu großer Sensibilität bei der Verwendung und Veröffentlichung von Daten. Zum einen wegen Datenschutz, zum anderen könnte die detailgetreue Abbildung der Infrastruktur auch für Anschlagspläne genutzt werden.
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Beitragsbild: Markus Mohl auf einer MUCBOOK-Veranstaltung
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