Leben

N 48° 09.401′ E 011° 37.547′

Hannes Kerber
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Ein Sport, wie ihn nur das 21. Jahrhundert hervorbringen konnte: Geocaching – eine Art Schnitzeljagd mit GPS. Auch in München, wo sich hunderte Verstecke befinden.

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Ein typischer Cachebehälter – hier im Niederrhein

Der Breitengrad N 48° 09.401′ und der Meridian E 011° 37.547′ kreuzen sich Mitten in München, im Schlösselgarten in Bogenhausen. Dort liegt ein Schatz begraben. So wie an hunderten Orten im Stadtgebiet. Versteckt wurden dort kleine Behältnisse, deren Auffinden das Ziel von „Geocaching“ sind. Das ist eine Schnitzeljagd mithilfe moderner Technik, ein Spiel, wie es nur das 21. Jahrhundert hervorbringen konnte.

Am Anfang hat man nur die Koordinaten des Zielorts – und ein GPS-Gerät, heute wohl meist ein iPhone oder ein anderes Handy mit Pfadfinder-Begabung. Eine Tupperbox, ein Einmachglas oder eine Filmdöschen findet sich mit etwas Glück am Ende der Suche. Aber eigentlich geht es gar nicht um’s Finden. Die Suche, der Zeitvertreib, das Erlebnis der Natur, der andere Blick auf die Stadt – darum geht es den Cachern.

Mindestens hunderttausend Geocache-Behälter sollen mittlerweile in geheimen Lagern, sogenannter „caches“, in deutschen Hinterhöfen, Wäldern und U-Bahnschächten versteckt sein. Weltweit sind es mindestens zehn Mal so viele. Die Positionen werden im Internet bekannt gegeben – in Deutschland vor allem auf den Seiten geocaching.de und opencaching.de, international ist das größte Verzeichnis für Verstecke geocaching.com, der Seite des Caching-Urgesteins Jeremy Irish. Irish hat viel für den Sport getan: Er hat mit seiner Website die weltweite Plattform des Geocachings geschaffen. Die Kommerzialisierung der Seite – heute verkauft er alles vom GPS-Gerät bis zum „Geocaching Pen“ für sechs Dollar –, die ihm in der Caching-Gemeinde viel Kritik eingebracht hat, hat dazu beigetragen.

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Karte der versteckten “caches” in Deutschland

Der weltweit angeblich erste „cache“, der, wo sonst, in Nordamerika eingerichtet wurde, bestand aus einem Eimer nahe Estacada, Oregon, der mit Videokassetten, Geld, einem Buch, CDs, einer Dose Bohnen und einer Steinschleuder gefüllt war. „Take some stuff, leave some stuff“ ist bis heute das Prinzip. Der US-Amerikaner Dave Ulmer feierte mit dem Versteck, dessen Position er in einer Internet-Newsgroup bekannt gab, Anfang 2000 ein neues Gesetz: Die US-Regierung hatte am Tag zuvor die künstliche Verschlechterung der Genauigkeit des militärischen GPS-Signals abgeschaltet, um es so für zivile Zwecke besser nutzbar zu machen. Die GPS-Angaben haben seitdem statt 100 eine Genauigkeit von 10 Metern und ermöglichen neben mobilen Routenplanern auch Geocaching.

Mit einer Schatzsuche hat Geocaching deshalb weniger gemein als mit einer Schnitzeljagd, weil Schatzsuchen ein Element der Unsicherheit bergen. Der Schatzsucher weiß nicht, ob am Ziel überhaupt etwas wartet. Der Reiz des Cachens ist die Suche selbst. Denn einerseits es gibt caches, die man nur mit Bergsteigerausrüstung, mit einem Boot oder mit Taucherausrüstung erreichen kann. Andererseits gibt auch solche wie den im Schlösselgarten, für den man neben einem GPS-Gerät keine weitere Ausrüstung benötigt. Aber auch hier ist die Suche das Ziel. Zwar wird auch hier, wie immer, die Position des Verstecks offen im Internet bekannt gegeben. Aber eine Genauigkeit von 10 Meter klingt  eindeutiger, als es im Maisfeld, einem Bergsee oder dem Dickicht einer Straßenecke ist. Wer will, kann es ja versuchen – N 48° 09.401′ E 011° 37.547′.

(Foto oben: geocaching.de)

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