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Unterwegs in Münchens Untergrund – 5 Bars jenseits des Mainstreams
Heutzutage will jede Bar ein Hipsterladen sein: Fancy Drinks, abgefahrene Kunstinstallationen und Vintage-Look ist schon fast ein Muss. München muss ja ein bisschen mehr wie Berlin werden. Aber muss es das wirklich immer? Was, wenn man mal in einer Bar abhängen will, in der nicht nur Möchtegern-Lebenskünstler ihre Lebensgeschichte erzählen und Electro- oder Indie-Sounds im Hintergrund laufen?
Ich habe mich auf die Suche gemacht nach Bars jenseits des Hipstertums und des Mainstreams – von Rock’n‘Roll bis Metal.
1. Rock’n’Roll Pizzeria – Santo Anger
Bei meiner Recherche stoße ich als erstes auf Santo Anger – eine “Rock’n’Roll” Pizzeria. Hier kann die Bartour also bei einer leckeren Pizza beginnen. Der Name ist eine Hommage an das Metallica-Album “Saint Anger”. Damit das Ganze einen italienischen Touch hat, wurde daraus aber “Santo Anger”. Die Liebe zu Metallica spiegelt sich auch in der Innenaustattung wider: Exit light, enter night, take my hand, we’re off to never land – ein Zitat aus dem Song “Enter Sandman“. Auch die Italien-Anspielung hat seine Berechtigung: Die Pizzen werden in der angrenzenden Küche frisch zubereitet und kommen an die italienische Pizza-Kochkunst ziemlich nah ran. Musik läuft bei unserem Besuch eher unauffällig im Hintergrund, von Rock’n’Roll ist also bei unserem Besuch nichts zu spüren. Am Wochenende sind hier aber auch regelmäßig DJs – das Konzept zwischen Pizzeria und Bar könnte also aufgehen. Wir müssen allerdings weiter zur nächsten Bar.
Santo Anger, Blumenstraße 25, Öffnungszeiten So bis Do 17:30 – 1 Uhr, Fr und Sa 17:30 bis 3 Uhr, Facebook
2. Punk-Schuppen – Flex
Als nächstes steht das Flex auf der Liste. Hier sind wir nicht zum ersten Mal. Bei unserem letzten Besuch waren wir vorher in der Rocky Horror Picture Show im Museum Lichtspiele. Und obwohl das Flex eine Punk-/Metal-/Hardrock-Bar ist, hat der DJ sich als bekennender Rocky Horror Picture Show Fan gleich überzeugen lassen, den Soundtrack aufzulegen.
Auch bei unserem zweiten Besuch macht der Barkeeper mit Iro einen sympathischen und aufgeschlossenen Eindruck. Das Flex ist versteckt hinter einer nicht besonders einladenden Kellertür in einem verwinkelten Kellergewölbe. Ausgestattet mit einer großen Bar, Kicker, Flipper und Billard lässt sich hier die Zeit gut rumbringen. Dass das Flex einen eher ranzigen Eindruck macht, dekoriert mit Aufklebern, Graffiti und allerlei Krimskrams, passt gut zu dem Punk-Style und wirkt authentisch. Das Image des versifftesten Punk-Schuppens Münchens, das sie in den 90er Jahren noch innehatten, haben sie trotzdem schon lange abgelegt. Bierliebhaber kommen hier auf ihren Geschmack und auch eher sparsame Besucher können jeden Tag ein anderes Special testen. Von Punk bis Normalo – im Flex fühlt man sich gut aufgehoben.
Flex, Ringseisstraße 11a, Öffnungszeiten: So. – Do. 20 – 2 Uhr, Fr. – Sa. 20 – 3 Uhr, Facebook
3. Amerikanisches Freiheitsgefühl – Sehnsucht
Weiter geht’s mit einer eher typischen Studentenbar: Die Sehnsucht. Anders als im Flex wirkt hier die Inneneinrichtung eher inszeniert. Motorrad an der Wand, Jukebox, gut erhaltene Sofas, zutapezierte Wände. Gemütlich und stylisch, wirkt aber zusammengekauft. Vom BWL-Justus bis zum Hipster oder zum Rocker ist hier alles vertreten. Auch wenn uns der Barkeeper etwas überheblich anmacht, scheint das Personal ganz entspannt zu sein. Die Sehnsucht grenzt schon an einen Hipsterladen, also schon fast nicht mehr passend für unsere Kategorie. Musikalisch bewegt sie sich aber immer noch außerhalb des Mainstreams: Stoner-, Bluesrock, Rock’n’Roll… Besonderes Special: Gegen einen BH gibt’s eine Runde Jägermeister aufs Haus. Die gesammelten Trophäen hängen schön über der Bar. Also auf jeden Fall ein besonderer Ort, der gerade für Gäste von außerhalb sehenswert ist, aber auch die Stammkneipe für Studenten werden könnte.
Sehnsucht, Amalienstraße 26, Öffnungszeiten: Di. & Mi. 19-1 Uhr, Do. – Sa. 19-3 Uhr, Facebook
4. Roh und wild – Raw
Eher unaufregend ist dagegen das Raw – die einzige richtige Metal-Bar in München. Für Liebhaber dieser Musikrichtung also eine absolute Stammkneipe. Besonders viel Platz ist im Raw nicht – man steht quasi beim Reingehen schon direkt an der Bar. Trotzdem hat das Raw alles was es braucht: Gutes Bier, guten Service, einen Fernseher und eine eher schummrige Atmosphäre.
Raw, Schleißheimer Str. 28,Öffnungszeiten: Di. – Sa. 20-2 Uhr, Facebook
5. Münchens Untergrund – Tumult
Das letzte Bier genießen wir im Tumult. Ähnlich wie das Flex ist es in einem Kellergewölbe versteckt. In den verwinkelten Ecken, kann man gut in Gruppen zusammensitzen oder kickern. An den Wänden hängen Kunstwerke im Rockabilly-Stil, eine E-Gitarre, viele Poster und Aufkleber. Seinem früheren Ruf als richtige Rockabilly-Kult-Absteige wird das Tumult aber nicht mehr gerecht. So richtig Untergrund ist das hier auch nicht mehr. Die Leute sind “normal”, die Musik geht von Punk über Metal bis zu ruhigen Balladen. Nur die Hinweise auf Überwachungskameras gegen Vandalismus machen deutlich, dass es hier wohl mal ziemlich zugegangen ist. Das Special für Mittwoch lässt unser Herz kurz höher schlagen: Tegernsee Spezial für 2,50€. Gilt aber leider nur bis halb 10. Schade… wäre dann doch zu schön gewesen.
Tumult, Blütenstraße 4, Öffnungszeiten Mo. – Sa. ab 21 Uhr, von Oktober bis Mai schon ab 20 Uhr, Facebook
Fotos: (c) Johanna Zach