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Vernetzte (Frei)räume, vernetzte Menschen! So war’s bei der fünften LabWerkstatt von MUNICH NEXT LEVEL am 15.2.2023

MUNICH NEXT LEVEL

„Freiräume und öffentliche Räume im südlichen Bahnhofsviertel – wie wollen wir sie nachhaltig und besser nutzen?“ Am 15. Februar fand das letzte LabMeeting im Rahmen des QuartierLab Bahnhofsviertel von MUNICH NEXT LEVEL im Urban Comedy Club statt.

Der Urban Comedy Club, eine Zwischennutzung in der Schützenstraße, ist auch ein Freiraum: Hier können frischgebackene Comedians und solche, die es werden wollen, ihre Bühnenwirksamkeit testen. Schön, dass auch wir den Raum nutzen durften, um dort kreativ zu werden.

Stadt zwischen den Häusern

Marco Eisenack, Gründer des MUCBOOK, und Beate Bidjanbeg vom Bezirksausschuss 2 fassen die Ergebnisse der vorangegangenen Diskussion zusammen. „Die Stadt besteht aus dem Raum zwischen den Häusern. Der öffentliche Freiraum ist der Kommunikation und Begegnung gewidmet.“ Das war die Kernaussage des Architekten und Stadtplaners Roman Leonhartsberger, der dazu diverse Projektbeispiele aus Europa zeigte. Die Ansprüche an den öffentlichen Freiraum sind vielfältig: nicht nur Begegnung, sondern auch Klimaanpassung, Platz für Pflanzen, Rückhaltung von Wasser, Erholung, Mobilität, um nur Einiges zu nennen. Klar ist, dass dabei Zielkonflikte auftreten. 

Wie die Nutzung des öffentlichen Raumes aussehen und vor allem verhandelt werden kann, das war das Thema der LabWerkstatt. Im südlichen Bahnhofsviertel ist der öffentliche Freiraum nicht im Überfluss vorhanden: 33 m² Erholungsfläche steht laut “Konzeptgutachten Freiraum München 2030” pro Einwohner*in zur Verfügung. Zieht man die Theresienwiese ab, kommt man im südlichen Bahnhofsviertel (Stadtbezirk 2) gerade mal auf 3 m²/EW. Dabei beansprucht der ruhende Verkehr hier 12 % der öffentlichen Freiflächen für sich (Quelle: Berechnung auf Basis statistischen Taschenbuchs 2021).

Zuviel, findet Martin Laschewski, Gründer und Gesellschafter der FreiRaum-Viertel gUG, ein weiterer Impulsgeber und Teilnehmer der LabWerkstatt. Und wirklich, der Stadtspaziergang zeigt, dass es kaum Aufenthaltsflächen und wenig Grün gibt. Einzige Sitzgelegenheiten sind die Fundamente der Kabelbrücken, die die zahlreichen Baustellen mit Strom versorgen – wenig einladend.

Martin Laschewski baut deshalb mit seiner Initiative FreiRaum-Viertel gUG im Sommer Parklets mit kreativ gezimmerten Freiraummöbeln, Spielmöglichkeiten und etwas Pflanzen für die Atmosphäre; er trotzt der Straße also Freiraum ab. Die Reaktionen auf diese „Fremdkörper“ sind so divers wie die Stadt selbst: Einige Ladenbesitzer sind angetan, gießen Pflanzen und räumen Müll weg, ein Friseur nutzt ein Parklet als Outdoor-Wartezimmer, andere aber fangen an zu streiten, ihnen sind die Parkplätze wichtiger.

Ideen gibt es viele – Konflikte auch

Zum Einen dazu, wie weitere Flächen aktiviert werden sollten: Die Hinterhöfe etwa könnten nicht nur mit Hilfe von Fördergeldern begrünt, sondern in nachbarschaftliche Verantwortung gegeben werden und Platz für Feste und Flohmärkte bieten. Innenräume von Kirchen und Moscheen könnten ihr Potential als Oasen der Ruhe in der quirligen Stadt erweitern. Lokale Künstler*innen und Initiativen könnten leerstehende Läden mit Ateliers, Workshophubs, und Kinder- und Jugendtreffpunkte temporär nutzen. Feste, Straßenmusik, Speakers Corner, bemalbare Wände und frei bespielbare Flächen sollen Straßen beleben. Die Nähe zur Theresienwiese bietet ebenfalls großes Potential: Über ein Leitsystem von aufgemalten „Fußspuren“ und Schildern könnte das Viertel dorthin, in den fast grenzenlosen Freiraum, vernetzt werden.  

Das südliche Bahnhofsviertel ist aber nicht nur baulich dicht, sondern auch sozial und kulturell divers. Dass die Ideen, wie man die öffentlichen Räume beleben könnte, den sowieso schon hohen Anforderungen an den Freiraum noch verstärken und damit die Konflikte verschärfen, wird an jedem der Thementische klar.

Quartiersmanagement als Antwort

Die Antwort ist in jeder Tischrunde ähnlich und es gibt auch schon gute Beispiele: Ein(e) Quartiersmanager*in als „Kümmerer*in“ könnte in jedem Viertel wirken. In Bremen etwa, wo auf einem öffentlichen Platz suchtkranke Menschen und Eltern in Konflikt gerieten, wurde die Fläche auf eine Weise zoniert, dass alle ihren Platz bekamen und dort blieben. Und in Paris können „Quartiersconcierges“, angesprochen werden, auch um etwa älteren Anwohner*innen zu helfen, das Klavier hochzutragen. In München hat das Gasteig HP8 gerade die Stelle des “Community Outreach” frisch geschaffen, um eine Vernetzung mit den Kulturschaffenden aus dem Quartier und der Stadt zu initiieren. Denn, so lernen wir, Kultur solle nicht mehr kuratiert, sondern auf Augenhöhe moderiert werden, so Max Wagner, Geschäftsführer des Gasteigs.


Text: Elisabeth Rathjen

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