Kultur, Nach(t)kritik

Warten, bis gebieselt ist

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C. M. Herbst - Lesung

Ein Stuhl und ein Tisch aus Holz stehen auf der Bühne im Freiheiz an der Donnersbergerbrücke.
 Es ist noch nicht spät am Abend, da sind schon alle Zuschauer auf ihren Plätzen und können es kaum erwarten, ihn endlich mal in echt zu sehen. Oft genug sah man den Mann im TV-Gerät.



 Dann erscheint Christoph-Maria Herbst mit hopsendem Gang erscheint auf der Bühne.

Mit Hemd, keinen Haaren am Kopf und im Gesicht und ein paar weißen Zetteln in der Hand steht er nun vor dem Münchner Publikum.
Die Menschen lachen wegen seinem Erscheinungsbild und seiner amüsanten Stimme. 
Sie erinnern sich an “Stromberg”, den er auch erwähnt – schließlich hat Pro7 seinen Standort in München, Unterföhring.



Herbst schmeichelt dem bayrischen Publikum auf lustige Art und Weise. 
Nach einigen Sprüchen beginnt er seine Lesung. Naja, er beginnt mit einem langweilig vorgetragenen Thomas Mann Zitat. “Der Spaß musste sein”, erleichtert er die gespannten Zuschauer und fängt enthusiastisch an, den ersten Teil seines Buches vorzulesen.



Er ist gut gelaunt. Man merkt es ihm an, dass er sein Buch wirklich nach wahren Erlebnissen geschrieben hat.
 Ãœber seinen Besuch auf dem “Traumschiff” wohl gemerkt. Mit einem Anruf seiner Agentur startet das Werk.
 Nach kurzem Versuch abzulehnen, kann er dem Angebot einer Schifffahrt an der südamerikanischen Küste nicht widerstehen und er sagt zu.


Herbst hatte einen persönlichen Vorstellungstermin beim Fernsehproduzenten-Urgestein Wolfgang Rademann.
 Ausführlich erwähnt er jede Kleinigkeit dieses Treffen. Knoblauchgeruch, hässliches Lachen und die unangenehme Aussprache Rademann’s verschwieg er nicht. Kurz nach dem Gespräch macht er einen Sprung und sitzt bereits im Flugzeug und stellt Vergleiche der Passagiere auf, die man an der Serie “Stromberg” so sehr liebt. 
Er kann einfach nicht anders. Doch das ist absolut positiv.

Auch während der Lesung schweift er bei ein paar Wörtern oder Sätzen wohl unbeabsichtigt in seine TV-Rolle ab. 
”Ich verstehe nicht, wieso die Richter den bisherigen Teil des Buches haben Schwärzen lassen”, merkt er nach einer halben Stunde der Lesung an. “Es sind doch alle gut davon gekommen” – behauptet er, wohlwissend, dass das nicht wahr ist. Die Zuhörer lachen und applaudieren mal wieder.



Christoph M. Herbst liest vor wie kein zweiter. Mit seiner Mimik und Gestik überzeugt er komplett und verschmelzt den Zuschauer mit dem Buch. Dazu kommt noch seine höchste Schauspielkunst, die er geschickt einsetzt. Er kann mit sich selbst einen Dialog dreier Menschen führen, ohne dass es verwirrend klingt. Herbst wird lauter mit der Stimme, flüstert und lacht oft sarkastisch, um Wolfgang Rademann zu parodieren. 

In der ersten Reihe sollte man bei einer Lesung von diesem Autor wohl besser nicht aufstehen, um einen Toilettengang zu erledigen. Kurzerhand beschließt er, auf den eben aufgestandenen Herren in schwarzem Anzug zu warten, bis er fertig ist. 
Christoph Maria Herbst besitzt die Kunst, die Menschen ohne Worte zum Lachen zu bringen. Er muss sich nur räuspern und ein Lächeln zaubert sich über die Menschenmenge. Unglaublich.


Kaum eine Veranstaltung war bisher sein Geld so wert, wie diese. 
Falls jemand noch die Möglichkeit hat, den Schauspieler in Echt zu erleben, sollte er sie nutzen. 
Für alle anderen gibt es die Chance, das Hörspiel oder gleich das Buch zu kaufen.

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