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Warum tust du das? Mit Susanne Brandl von NeuLand e.V.

Steffi Zilz


Geflüchteten und Menschen mit Migrationshintergrund eine Stimme geben, das ist das Anliegen der NeuLand-Zeitung. Susanne Brandl, die Gründerin von NeuLand, hat das Projekt 2015 ins Leben gerufen und publiziert zusammen mit einer Redaktion von Ehrenamtlichen und multikulturellen Autor*innen. Neben Blogartikeln sind die kostenlosen Ausgaben der Zeitung in vielen Cafés und Kulturzentren zu finden. Wir haben mit Susanne darüber gesprochen, warum es wichtig ist Menschen mit Fluchterfahrung und / oder Migrationshintergrund für sich selbst sprechen zu lassen und wie dadurch eine Annährung von verschiedenen Kulturen in Deutschland möglich ist.

Susanne, was hat dir den Anstoß gegeben die Zeitung “NeuLand” zu gründen?

Es gibt drei Motive. Erstens war ich einfach neugierig, als ich 2015 so viele geflüchtete Menschen im Stadtbild Münchens gesehen habe. Ich habe darüber nachgedacht, was sie wohl gerade denken und fühlen, wie es ihnen hier geht, wie sie unsere Gesellschaft sehen. Und dann habe ich beschlossen, sie einfach zu fragen und erzählen zu lassen und ihnen ein direktes Sprachrohr zu geben. Zweitens habe ich gesehen, dass Ängste bei den Deutschen wachsen und ich bin überzeugt, Ängste hat man, wenn man nicht weiß, was einen erwartet, wenn etwas oder jemand fremd ist. Und indem nun aber unsere Autor*innen über sich schreiben, über ihre Erlebnisse, Hoffnungen, Kultur etc. und die Einheimischen das lesen, können sie sich ein Bild machen und die Migrant*innen kennenlernen. Fremdes wird zu Vertrautem, Ängste weichen. Und drittens hat es mich gestört, dass die meisten Medien damals immer nur die Opfergeschichte der Zugewanderten erzählt haben. Aber wie integriert man sich, wenn sich selbst als Opfer wahrnimmt, weil man so behandelt wird? Ich wollte, dass auch die positiven Geschichten erzählt werden und zwar aus erster Hand, auf Augenhöhe.

Wie hat alles begonnen? Wie haben eure Autor*innen zu euch gefunden?

Wir haben Flyer gedruckt und sind an Schulen und zum Teil auch in die Unterkünfte gegangen. Inzwischen melden sich aber die meisten Autor*innen bei uns.

Welche Möglichkeiten haben die Autor*innen bei NeuLand ihre Lebensgeschichten und Erfahrungen kreativ auszudrücken?

So viele, wie sie wollen. Sie können Texte aller Art schreiben, Interviews führen, Sketche schreiben, zeichnen, malen.

Wie schnell ist die Community gewachsen?

Am Anfang sind wir schnell gewachsen. Jetzt liegt das öffentliche Interesse mehr auf dem Klimawandel. Aber es fliehen ja trotzdem noch Leute hierher und diejenigen, die damals kamen, sind ja meistens noch da, aber das anfängliche Interesse und die Hilfsbereitschaft ist gesunken.

Wie ist das Echo aus der Gesellschaft?

Am Anfang gab es großes öffentliches Interesse, viele Anfragen von Zeitungen, Radio, Fernsehen. Und eine hohe Spendenbereitschaft. Das ist alles weniger geworden.

Seit April 2021 gibt es neben der Neuland-Zeitung auch den Podcast „Ungefiltert“. Welche Intention hattet ihr, zusätzlich einen Podcast zu gründen?

Wir wollten schon lange einen Podcast entwickeln, hatten aber nicht die Kapazitäten hierfür. Im Zuge der Corona-Abstandsregeln wurde klar, dass wir uns stärker digitalisieren müssen und so haben wir beschlossen, nur noch 1x im Jahr zu drucken und uns sonst auf Social Media und einen Podcast zu konzentrieren.

Hat die Redaktion oder die Autor*innen schon einmal Anfeindungen erfahren?

Ja, wir haben z.B. Post bekommen mit Hass-Botschaften. Aber das ist bisher nur drei Mal passiert. Und wenn kein Absender drauf steht, kann man da schwer was machen. Meine persönliche Reaktion darauf war, das einfach nicht ernst zu nehmen und in den Papierkorb zu befördern. Ich denke dann auch nicht mehr lang über die Nachrichten nach, gebe dem einfach keinen Raum.

Was für ein Feedback erhaltet ihr von euren Autor*innen?

Zum Teil sind wir mit den Autor*innen befreundet, einige sind auch umgezogen oder haben nur einmal bei uns geschrieben. Was wir am häufigsten bekommen von den Autor*innen ist Dankbarkeit. Dabei bieten wir ja nur eine Plattform, dafür erwarten wir keinen Dank.

Gibt es eine Geschichte, die dir besonders unter die Haut gegangen ist?

Ja, meistens sind es die Geschichten der Frauen, die ihre persönliche dramatische Geschichte erzählen oder über Frauenrechte in ihrem Herkunftsland schreiben und erzählen dass sie so dankbar sind, dass sie hier frei sind. Aber es gibt auch Frauen, die hierher kommen und immer noch nicht frei sind und auch darüber gab es mal eine Geschichte, die hat mich sehr berührt.

Wo und wann finden Lesungen statt?

Die letzte geplante Lesung mussten wir erst absagen, dann haben wir sie draußen abgehalten. Durch die Umstellung unserer Kapazitäten aufs Digitale haben wir keine Zeit mehr gehabt, uns um öffentliche Lesungen zu kümmern. Wir hoffen, dass sich das in Zukunft wieder ändert und wir nach dem Druck unserer Jahresausgabe diesen Winter eine Lesung veranstalten können.

Gibt es eine Möglichkeit das Projekt zu unterstützen? 

Durch die Corona-Auflagen haben wir sehr gelitten und es sind sowohl Autor*innen als auch Ehrenamtliche weggebrochen. Finanziell sind wir auch nicht mehr so gut aufgestellt und suchen gerade nach Förderungsmöglichkeiten. Wir freuen uns über jede Art der Unterstützung und Motivation, sei es durch Zeit oder Geld.

Wenn du Neuland e.V. unterstützen möchtest, erfährst du hier wie du das am besten tun kannst.


Bilder: © NeuLand e.V.

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