Anzeige, Tagebook von Münchner Weitblick

Wissenschaft und Stadt im Austausch beim ersten „Münchner Weitblick“: Was hat Corona mit unserer Psyche gemacht?

Muenchner Weitblick

Unser Thema könnte kaum aktueller sein: Die Pandemie hat sich auf die mentale Gesundheit der Bürger:innen ausgewirkt: Psychische Erkrankungen nehmen zu.

Was kann „die Stadt“ tun, um das zu ändern? Darüber diskutierten Wissenschaftler:innen mit Stadträt:innen, Referatsleitungen, Jugendlichen und engagierten Unternehmer:innen sowie dem Netzwerk 72.22 – für eine lebenswerte Stadt beim ersten Münchner Weitblick am 21. November 2022 auf Einladung von Olympiapark Chefin Marion Schöne (oben im Bild) im Olympiaturm. Die Vorträge und Diskussionen des Abends gibt es jetzt auch als Podcast zum Nachhören.

Harte Zahlen von AOK-Direktor Martin Felber…

Oberflächlich hat München die zwei Jahre Corona recht gut überstanden“, sagte Martin Felber, Direktor der AOK München. Doch bei näherem Hinsehen hat die Pandemie einige besorgniserregende Spuren hinterlassen, wie er mit Statistiken zur mentalen Gesundheit aufzeigte: So sei die Zahl psychischer Erkrankungen bei Arbeitnehmer:innen seit 2020 spürbar angestiegen; fast die Hälfte aller, die Krankengeld beziehen, hätten inzwischen eine psychische Erst- oder Begleitdiagnose. Besonders ernst ist die Lage bei Jugendlichen: Hier registriert die AOK zweistellige Zuwächse bei Depressionen, Essstörungen treten gar um mehr als 50 Prozent häufiger auf.

„Soziale Kontakte sind unser wichtigstes Lebenselixier“

Der Impulsvortrag des AOK-Direktors legte die Basis für die Diskussionen und die Suche nach Lösungsansätzen beim ersten Münchner Weitblick. Bei der Auftaktveranstaltung am 21. November lieferten darüber hinaus die Stadtentwicklungs-Professorin Agnes Förster, der Sportdozent und Jugendtrainer Nicolai Kammann sowie Prof. Peter Falkai, Leiter der LMU-Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie München, drei Perspektiven: „Soziale Kontakte sind unser wichtigstes Lebenselixier“, betonte Prof. Falkai, demzufolge besonders Kinder und Vorerkrankte unter pandemiebedingten Einschränkungen litten. Zudem hielt der Psychiater städtische Räume für elementar, die dem Olympiapark ähneln: „Grün ist gut für die Psyche“, sagte er und fordert mehr Flächen, in denen sich Höhen und Tiefen, Grün und Wasser abwechseln.

Mehr Mitmachen, mehr Freiräume!

Auch Prof. Förster, die an der RWTH Aachen den Lehrstuhl für Planungstheorie und Stadtentwicklung hält, wies auf Probleme hin, die aus der „Nichtverfügbarkeit von Raum“ während der Pandemie resultierten, als etwa Büros, Bibliotheken, Museen und Restaurants geschlossen blieben. Wenn es um die Erschließung neuer Räume geht, plädiert sie für mehr aktive Bürgerbeteiligung: „Die Menschen sollten nicht nur Konsumenten der Stadt sein, sondern auch mitmachen und selbst Räume gestalten. Vor dem eigenen Haus, im Hinterhof – auf Freiflächen der Stadt

Sportdozent und Jugendtrainer Nicolai Kammann wiederum kritisierte, dass gerade für Jugendliche in München Plätze fehlten, an denen sie skaten oder Fußballspielen können, ohne als Störfaktor zu gelten. „Und manche vorhandenen Freiräume kennen viele Menschen gar nicht“, erklärte er. Zudem fordert Kammann einen Bewusstseinswandel, damit das Großstadtleben gesünder wird: „Es genügt nicht, Flächen anzubieten. Wir brauchen auch mehr Bewegungsoptimismus.

Konsumfreie Räume und Olympia(park) 2072

Ein erster Schritt in diese Richtung deutete sich in der anschließenden Diskussion mit Stadträt:innen und Referatsleitungen an, bei der es unter anderem um Schanigärten, Nutzungskonflikte auf öffentlichen Flächen, konsumfreie Räume und Bewegungsanreize ging. Stadtbaurätin Prof. (Univ. Florenz) Elisabeth Merk wies auf die neue Stadttouren-App „München entdecken“ hin, die das von ihr geleitete Referat für Stadtplanung entwickelt hat: „Vielleicht ließe sich da auch ein Bewegungsspaziergang integrieren.

Weitere Ideen für ein gesünderes München wurden danach beim sogenannten „Future Synthesizer“ gesammelt. „Lassen Sie uns gemeinsam Zukunftsmusik machen“, beschrieb Prof. Förster das von ihr entwickelte Format, bei dem die Teilnehmenden in Zweier-Teams heute darüber nachdachten, wie der Olympiapark auch im Jahr 2072 ein mobilisierender Raum für ein gesundes und zukunftsfähiges München sein kann – und was dafür schon in den kommenden Jahren getan werden könnte.

Im nächsten Jahr geht’s weiter…

Wir sind noch in der Auswertung und Analyse des gesammelten Wissens und der zahlreichen Impulse. Mindestens eine der Projektideen wird ab Januar in einem Co-Creation-Prozess mit mehreren Partnern konkretisiert und nachfolgend im Olympiapark umgesetzt.

„Schon die heutige Premiere hat gezeigt, was alles möglich ist, wenn drängende Themen aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet und gemeinsam bearbeitet werden“, sagte OMG-Geschäftsführerin Marion Schöne nach dem Auftakt.

Den ganzen Abend zum Nachhören gibt es im Podcast von Münchner Weitblick:

Zur Bildergalerie einfach anklicken oder gleich Inspiration holen beim Ankucken der  Video-Highlights des 1. Münchner Weitblick.

SAVE THE DATE: Der nächste Münchner Weitblick findet am 20. März 2023 zum Thema “Energie” statt.


Bilder: © Luise Aedtner, Münchner Weitblick + 72.22

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