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Wohnen der Zukunft: Wo die Hippies hausen

Jan Rauschning-Vits
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Ich sitze in einer abgewohnten Küche mit Sophie. Im Hintergrund läuft Jimi Hendrix. Ich kenne sie schon länger – eine aufgeweckte Frau, Mitte 20, gerade im Berufsleben angekommen. Lange wohnte sie in München, die Initiative einer Freundin hat sie nun jedoch aufs Land gespült.

Sophie ist ein Hippie, oder jedenfalls spiritueller und biologischer unterwegs als der durchschnittliche junge Mensch. Ihre Freunde rekrutieren sich aus ähnlichen Sphären. Gemeinsam sponnen sie schon lange die Idee, gemeinsam ein Haus zu beziehen und dort den Traum eines Lebens mit Garten und selbst angebautem Gemüse zu leben. Der feuchte Hippietraum eben. Eine Freundin kam dann überraschend mit einem Haus um die Ecke. Das war letzten November. Das Haus steht in Puchheim. Mit Garten und vier Badezimmern. Die Gemeinschaft teilt sich eine Küche und ein großes Wohnzimmer. Sogar einem Bandraum gibt es.

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Das Angebot wurde ganz klassisch über das Internet gefunden.

Neun Leute leben dort, mit Freundinnen und Freunden schwankt die Zahl. Manchmal sind es auch elf, mindestens aber immer acht. Die Vermieter kennen alle Bewohner und wissen auch, wie ihr Haus genutzt wird. „Drei Leute sind Hauptmieter und sozusagen die Ansprechpartner für die Besitzer. Die wohnen übrigens ganz in der Nähe, aber es gibt wirklich überhaupt keine Probleme.“

Die Nachbarn haben auch keine größeren Probleme mit der Hippie-Gang. Selbst bei den Partys mit über 100 Leuten fühlte sich laut Sophie niemand gestört. Was sie insgesamt für das Haus zahlen weiß sie aus dem Kopf gerade nicht. „Jeder zahlt aber zwischen 300 und 500 Euro warm“, sagt sie.

„Bei uns gibt es alles – Studenten, drei Baumpfleger, ein Musiker, eine Auszubildende und dann mich, die Vollzeit arbeitet“, erzählt sie. „Das ist natürlich ein kleines Problem, denn das Haus liegt wirklich weit draußen. Es sind nach Pasing zwar nur 10 Minuten mit der S-Bahn, aber man muss auch erstmal zur S-Bahn kommen. Es heißt nicht umsonst ‚Dorf Puchheim‘.“

Obwohl das Dorfleben nicht ganz was für sie ist, schätzt sie das familiäre ihrer Wohngemeinschaft. Es ist immer jemand da und man ist nie alleine – das ist der Grund, warum Sophie da gerne lebt. Bisher ist auch nur eine Mitbewohnerin ausgezogen. „Es kommen immer nur Leute dazu“, sagt sie und lacht.

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Der feuchte Hippie-Traum: Ein Haus im Grünen

Man könne halt nie spontan sein. „Mal schnell in ne Bar, ist da nicht drin.“

Vorher wohnte sie in einer 4er WG am Rotkreuzplatz. Das war zwar in der Stadt, aber die reine Zweckmäßigkeit dieser Konstellation nervte sie. Das war auch der Grund, warum sie nach Puchheim zog. Obwohl es sich finanziell nicht unbedingt lohnt. Das mit dem eigenen Garten und dem Gemüse anbauen, hat im ersten Anlauf nicht gut geklappt. „Im Sommer waren dann die meisten weg und so eine Tomatenpflanze will eben regelmäßig gegossen werden.“

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Viele Bewohner brauchen auch viele Schuhe

Manche von Sophies Mitbewohner arbeiten am Wochenende auf dem Markt in Herrsching. Da kommen sie dann immer mit einer großen Kiste Gemüse nach Hause, die brüderlich geteilt wird. Das ist wichtig, denn die WG ist komplett vegetarisch. Jeder könne das mit dem Fleisch essen handhaben wie er oder sie will, aber nur, wenn er nicht in Puchheim ist.

Im Haus wird kein Fleisch gegessen. Damit kann auch jeder leben. 

„Es gibt natürlich Leute, die schon immer mehr im Haus gemacht haben, genau wie es die gibt, die weniger machen. Das betrifft auch Themen wie putzen. Das gab viel Diskussionsbedarf, weil es auch viele unterschiedliche Vorstellungen gab, was sauber ist und was nicht. Am Anfang wollte niemand einen Putzplan, was natürlich überhaupt nicht funktionierte. Jetzt haben wir eine Putzuhr, wo die Namen von jedem drauf steht. Wenn der Zeiger auf dich zeigt, bist du eben dran.“
Und auch wenn es einige Zeit gebraucht hat, bis sich alles eingependelt hat- wo anders zu wohnen als im Hippie-Haus in Puchheim, kann sich Sophie gerade nicht vorstellen.

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