Leben, Stadt

„With my own two hands“ – Tag 6 der Akademiebesetzung

Hannes Kerber
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Tag Nummer 6, der wohl letzte der Besetzung der Akademie der bildenden Künste, geht zu Ende. Das spontane Jamaram-Konzert am Dienstagabend war ein Gradmesser für die Stimmung unter den Protestlern.

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„Ich find’s der Wahnsinn, dass Leute endlich was tun“, ruft Tom Lugo, der Sänger von Jamaram, ins Mirkofon. „Unglaublich, dass man zahlen soll, um dem eigenen Land eine bessere Zukunft zu verschaffen.“ Die Münchner Musiker, die gerade im Studio ihr fünftes Album aufnehmen, sind am Dienstagabend zu einem Spontanauftritt in die Kunstakademie gekommen. Diese ist seit Donnerstagabend besetzt. Bei ihrem Konzert, das wegen provisorischer Anlage und halber Besetzung eher ein emotionales als ein musikalisches Erlebnis war, konzentrierte sich die Stimmung, die unter den Besetzern herrscht.

Kurz vor Konzertbeginn hatten zwei der Studenten in einer Ankündigung gesagt: “Ob es sich um eine Besetzung handelt, sei mal dahingestellt.” Dieser Satz sagt viel über das Selbstverständnis der Studenten: Sie wollen alles vermeiden, das nach Plan oder Organisation aussieht – selbst wenn es eine Besetzung ist. So wird jeden Abend das Vorgehen für den nächsten Tag basisdemokratisch im Plenum beschlossen. Trotzdem: Konzerte, eine mit Ankündigungen vollplakatierte Akademie, die nahezu perfekt organisierte Küche, tägliche AG-Treffen, Podiumsdiskussionen, Workshops und Flashmobs sind die administrative Ausformung der Wut der Studenten.

Aber ist es Wut? Auf dem Jamaram-Konzert findet ein Cover eines Jack Johnson-Songs am meisten Anklang: “I could change the world / With my own two hands.” Was die Studenten in München bewegt, ist wohl eine Mischung aus Wut über die Studiengebühren, Krisenangst, Enttäuschung über den Bachelor, Kapitalismushass, Flower Power, Langeweile, aufgestautem Gestaltungswillen und Verwunderung darüber, dass es geklappt hat, eine Uni zu besetzen. Hier. In München. Und es herrscht Optimismus, dass man die Forderungen nach Abschaffung der Studiengebühren und Rückrudern beim Bologna-Prozess durchsetzen könnte. Einer sagt zwischen zwei Jamaram-Songs: “Bald brennt ganz Europa.” (Ein guter Teil tut es übrigens schon.)

Wie es weitergeht, bleibt abzuwarten. Besonders nach dem Ablaufen des Ultimatums, das die Akademieleitung den Studenten für Mittwochmittag gesetzt hat. Aber in der Akademiestrasse 2 bis 4 tut sich etwas. Hier könnte etwas wachsen, wenn es gelingt, dem Protest ein Gesicht und eine Stimme zu geben. Dazu müssen die aktuellen Probleme und die Forderungen besser an die traditionelle Medien und die Politik zu kommunizieren. Twittern ist gut. Aber der Münchner Protest muss aufpassen, nicht zu selbstreferenziell zu werden und dann zu vergessen, worum es geht.

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Jamaram

PS: Am Donnerstag, den 12. November, spielt Jamaram – unterstützt von Dub À La Pub – auf dem “Soulfire Artists Live Birthday Concerts“ im Feierwerk (Hansastraße 39). Los geht’s um 21 Uhr.

(Photos: Bianca da Luz)

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