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The Notwist im Funkhaus: Hörbare Kleinigkeiten

Sebastian Gierke
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The Notwist waren im Studio 1 zu Gast. Und es war grandios. Natürlich. Sie haben hauptsächlich Neon Golden gespielt – auf Einladung des Zündfunk. Der hatte das Album zum besten der Nullerjahre gewählt. Neon Golden als Museumsobjekt.

Doch wie groß ist da die Gefahr, sich selbst und das nun schon acht Jahre alte Meisterwerk nur noch auszustellen. „Neon Golden“ als abgeschlossenes Opus Magnum der Geschichte zu übergeben. Eine Messe zu feiern. Dabei liegt die immense Qualität von Neon Golden, das natürlich völlig zu Recht bei der Wahl des Zündfunk gewonnen hat, gerade in seiner Angreifbarkeit, in seiner Brüchigkeit, der Ahnung von Fehler. Die Aura der Unsterblichkeit dieses Albums und seine evokative, narkotische Macht entstehen durch die Flüchtigkeit, die Leichtigkeit, die ihm anhaftet.

The Notwist entschieden sich am Samstag „Neon Golden“ nicht einfach zu reproduzieren, die Songs nicht in der gleichen Reihenfolge wie auf dem Album zu spielen und auch ein paar Lieder zu Gehör zu bringen, die nicht auf „Neon Golden“ zu finden sind.

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Sie luden die Zuhörer an diesem Abend ein, im Großen das Kleine zu entdecken und das für viele der Anwesenden mittlerweile sehr Vertraute, anders klingen zu lassen. Der pulsierende Bass von Micha Acher, die kratzige Gitarre seines Bruders Markus, dessen erkältungskratziger, wunderbar leerer Gesang, der zweite Gitarrist, die dröhnenden Elektrosounds, das alles lässt The Notwist live härter, rockiger klingen als auf ihren Alben – deshalb aber nicht weniger komplex.

Und die Komplexität wurde durch die großartige Akustik im Rundfunkstudio erlebbar, hörbar, jedes Detail, an dem die Band so unendlich lange gearbeitet hat, tritt deutlich hervor.

Deshalb war es ein grandioses Konzert, währenddessen man nie das Gefühl hatte, in der Sackgasse der Perfektion gelandet zu sein. Der Abend wurde vielmehr zu einem Versprechen: Auch wenn sie Huldigungen entgegennehmen, als wäre das Beste schon Geschichte;  Eine Band mit dieser Brillanz, die ist noch lange nicht am Ende.

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