Kultur

Blumentopf im Grünen

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„Prima leben und stereo“-Organisator Reinhard Fiedler über das Open Air am Vöttinger Weiher.

Am kommenden Wochenende, vom 6. bis zum 7. August, spielen bekannte und weniger bekannte deutschsprachige Bands wie Die Sterne, Virginia Jetzt!, Jens Friebe oder Mexican Elvis im Grünen. Vor 17 Jahren hatten Abiturienten am Vöttinger Weiher zum ersten Mal ein Konzert für eine befreundete Band organisiert – mittlerweile ist das Freisinger Open Air „Prima leben und stereo“ zu einem familiären Festival angewachsen, das jedes Jahr 3500 Musikfreunde anzieht. Reinhard Fiedler, 34, war als einer der Organisatoren von Anfang an dabei.

“Prima leben und stereo” wird 17 Jahre alt. Wie erwachsen ist das Festival?

Erwachsen, weil es keine groben Fehler oder Probleme mehr gibt. Es läuft also. Aber auch nein, weil wir immer noch nicht so professionell sein wollen, dass wir Hilfe von Profis annehmen, zum Beispiel bei der Security. Es wäre natürlich viel einfacher, alles abzugeben, aber wir wollen alles selber machen.

“Prima leben und stereo” heißt auch der Verein, der das Festival organisiert – wer steckt dahinter?

Der innere Kreis besteht aus circa drei bis vier Personen. Darum gibt es etwa zehn Personen, die wahnsinnig viel helfen, wenn es losgeht. Beim Festival selber wachsen wir dann auf 250 ehrenamtliche Helfer an. Neben dem Open-Air organisieren wir auch andere Veranstaltungen, wie die Freisinger Nacht der Musik oder das Kino am Rang.

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Was haben der Münchner Schriftsteller Andreas Neumeister und „Prima leben und stereo“ miteinander zu tun?

Nur soviel: Er ist ein großer Schriftsteller und wir haben unseren Namen bei ihm geklaut.

Wieso ist gerade der Vöttinger Weiher zum Platz des jährlichen Festivals geworden?

Ich wollte damals nur ein Konzert für eine befreundete Freisinger Band organisieren. So ist „Prima leben und stereo“ entstanden.

Was war die größte Veränderung im Laufe der Jahre?

Wir verkaufen das Bier nicht mehr aus dem Kofferraum vom Passat der Eltern.

Als das Festival entstand, habt Ihr gerade Abitur gemacht – was macht Ihr heute?

Das ist ganz unterschiedlich und wir wurden überall hin verstreut. Ich bin Architekt, ein anderer entwickelt Software, einer ist beim Radio, viele andere studieren noch. An diesem einen Termin im August kommen alle wieder zusammen.

Ist die Euphorie der Gründerjahre nach 17 Jahren noch vorhanden?

Es gibt keinen, der nicht den ganzen Sommer auf das Open Air hinfiebert. Wenn wir zusammen Fotos vom letzten Jahr anschauen oder den Film, den Freunde im letzten Jahr gedreht haben, sehe ich die Helfer mit feuchten Augen. Das kann man selbst gar nicht fassen, was man da auf die Beine stellt und wie viel tausende Menschen da glücklich und begeistert feiern.

Wie würden Sie das musikalische Spektrum beschreiben, das Ihr an den beiden Tagen im August entfaltet?

Deutsche Gitarrenmusik mit Elektro- und HipHop-Einflüssen. Auf der großen Bühne spielen die großen Bands und auf der kleinen Seebühne interessante DJs. Diesmal kehren Blumentopf in ihre Heimat Freising zurück, dann kommen aber auch die Sterne mit neuem Sound, Fehlfarben, die Klassiker.

Gibt es ein Prinzip, nach dem die Bands Jahr für Jahr auswählt werden?
Es gibt lange Wunschlisten, die über die Jahre entstehen. Da kommen immer wieder neue Bands drauf und wenn eine gespielt hat, wird wieder eine gestrichen. Jahrelang gab es den Grundsatz: Jede Band nur einmal. In den letzten Jahren haben wir das etwas aufweichen müssen, weil mittlerweile alle da waren. Wir mögen aber keine Festivals, wo jedes Jahr dasselbe los ist.

Die Musik spielt im Grünen. Auf eurer Webseite schreibt Ihr, dass die Gäste auf den umliegenden Bauernhöfen. nichts zu suchen haben – gab es da unangenehme Erlebnisse in der Vergangenheit?

Nichts Großes, aber da kann natürlich viel passieren. Es ist anfangs ein paar Mal vorgekommen, dass sich die Leute dort Strohballen für ihre Schlafstätte geholt haben.

Wikipedia listet für Freising unter „Traditionen und Feste“ das Korbiniansfest auf – und Euer Festival. Wie unterscheiden sich Freisings bekannteste Festivitäten?

Es gibt keine Unterschiede. Beide Veranstaltungen werden letztendlich von denselben jungen Leuten gemacht. Praktisch alle Helfer waren früher mal Dom-Ministranten.

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Und welche Rolle spielt das Open Air für Freising?

Es ist natürlich das Fest, das deutschlandweit am bekanntesten ist. Es hat sich allerdings wegentwickelt von einem Freisinger Fest zu einem Festival mit 95 Prozent Besuchern von außerhalb. Vielleicht zehn Prozent kommen aus dem Münchner Raum, der Rest aus ganz Deutschland, der Schweiz oder Österreich.

Jetzt habt Ihr kaum noch eine Woche bis zum Festival – was kommt noch auf Euch zu?

Alles ist gebucht, wir haben Bühne, Technik und Equipment reserviert. Letzte Woche hat die eigentliche Aufbauzeit begonnen mit den Gerüstarbeiten, dem Aufbau von Boxentürmen, Mischerhaus, Beleuchtungstürmen und so weiter.

Die 17 Jahre habt Ihr also schon fast geschafft. Und wie lange soll es das Open Air noch geben?

Solange wir kleinen Festivals eine finanzielle Chance haben gegen die großen Firmen. Ein Ende ist aber momentan nicht absehbar.

„Prima leben und stereo“ findet am 6. und 7. August 2010 am Vöttinger Weiher in Freising statt. Mehr Informationen zum Festival und Kartenvorverkauf: www.prima-leben-und-stereo.de.

Text: Julia Jaroschewski/Sonja Peteranderl

Fotos: Prima leben und stereo 2009
1) Zeltidylle // 2) Kissogram auf der Bühne
Flickr/blogpartei

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