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Gegen sexualisierte Gewalt: Welche Angebote gibt es in München?

Klara Felixberger

Hinweis: Der Artikel thematisiert sexuelle Übergriffe, Gewalt, Vergewaltigungen und Missbrauch.

Am 25. November ist der Internationale Tag zu Beseitigung von Gewalt gegen Frauen. In München finden anlässlich dazu Aktionswochen statt. Doch abgesehen davon: Was macht die Stadt gegen sexualisierte Gewalt? – ein Guide.

Die Statistik des Polizeipräsidiums ist erschreckend, aber leider nicht überraschend: Rund 300 Vergewaltigungen werden in München pro Jahr registriert. Die Dunkelziffer ist wahrscheinlich noch sehr viel höher. Im Raum Oberbayern wurde 2022 ein Höchstwert verzeichnet. Der langfristig steigende Trend bei Vergewaltigungen gilt allerdings ausschließlich für Taten im privaten Bereich – im öffentlichen Raum ist die Entwicklung ähnlich wie bei den übrigen Sexualdelikten. Die Zahlen zeigen: Die meisten Opfer kennen den Täter persönlich. In 76,5% der Fälle war es ein Bekannter, Familienangehöriger, Freund oder Partner.

Was tun, wenn man betroffen ist? – Akutversorgung nach einem Vorfall

Jede Vergewaltigung ist ein Notfall und muss ernstgenommen werden! In einer neuen Aufklärungskampagne des Gesundheitsreferats geht es um die medizinische Akutversorgung nach einer Vergewaltigung. Opfer von sexualisierter Gewalt nehmen zu selten medizinische oder psychosoziale Hilfe in Anspruch, gerade kurz nach der Tat. Damit die Hilfe gewährleistet sein kann, hat das Gesundheitsreferat gemeinsam mit der Rechtsmedizin der LMU, der Beratungsstelle Frauen*notruf und fünf Frauenkliniken Qualitätsstandards aufgestellt: Patient:innen sollen besser aufgeklärt, informiert und versorgt werden. Das geschulte Klinikpersonal verwendet dafür unter anderem einen einheitlichen Untersuchungsbogen. Eine medizinische Untersuchung sollte zeitnah erfolgen – auf Wunsch kann das ärztliche Personal die Spurensicherung dokumentieren und durchführen, ohne dass eine Anzeige erstattet werden muss. Alle Informationen zu der Kampagne, welche Kliniken Teil davon sind und an wen du dich wenden kannst, findest du auf der Website und im Flyer.  

Noch bis Ende November bei den Münchner Aktionswochen dazulernen

Veranstaltet vom Aktionsbündnis 2023 laufen bis Ende November die Münchner Aktionswochen gegen Gewalt an Frauen, Mädchen, Jungen und nichtbinären Menschen. Im Rahmen des 25. November, dem Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen, bieten mehrere Vereine und Aktivist:innen ein breites Programm an. Es stehen noch ein paar Aktionen bevor, am Mittwoch, 22. November, findet beispielsweise die zentrale Veranstaltung “Solidarisch gegen patriachale Gewaltverhältnisse” im Neuen Rathaus statt. Am 25. November gibt es einen Demozug und Kundgebungen. Treffpunkt ist um 14 Uhr der Georg-Freundorfer-Platz. Das komplette Programm findest du hier.

Oft der schwerste Schritt: Erste Hilfe des Frauennotrufs aufsuchen

Sexuelle und gewaltsame Übergriffe haben verschiedene Formen: Belästigungen am Arbeitsplatz, kontrollierendes oder misshandelndes Verhalten von Partner*innen oder der Zwang zu sexuellen Handlungen sind alles Erfahrungen, die verarbeitet werden müssen. Es ist wichtig, sich in der Zeit nach dem Vorfall nicht zurückzuziehen oder die Schuld bei sich zu suchen. Die Beratungsstelle des Frauennotrufs beantwortet deine Fragen, klärt dich über Rechtliches auf oder hilft dir bei der Verarbeitung der Geschehnisse. Auch, wenn du Angst hast, dass es in der Zukunft eine Situation gefährlich oder unsicher für dich werden könnte, kannst du dich an die Nummer wenden: 089 76 37 37. Falls du einen persönlichen Austausch – auch mit anderen Betroffenen oder ausgebildeten Traumatherapeut*innen – bevorzugst, bietet der Frauennotruf Gruppenkurse an. Kennst du eine von sexualisierter Gewalt betroffen Person und weißt nicht, wie du sie unterstützen kannst oder leidest selbst darunter? Die Beratungsstelle dient auch als erster Kontakt von Bezugspersonen von Opfern.

Aktion Speak up: Ein nachhaltiges Fashion-Statement für einen guten Zweck

Das Movement Speak up ist eine Aktion des Frauennotrufs München. Betroffene bekommen eine Plattform, über ihre Erlebnisse zu sprechen. Es ist wichtig, laut zu sein! Jede zweite betroffene Frau schweigt über das Geschehene. Um die Aktion zu unterstützen, kannst du dich entweder dem Movement anschließen, spenden oder einen Jutebeutel kaufen. Die Einnahmen gehen direkt an die Beratungsstelle Frauennotruf und kommen daher Betroffenen zugute. Zugleich ist es eine sehr gute (und modische) Möglichkeit, auf Speak up aufmerksam zu machen. Hier gibt es mehr Infos.

Mann, sprich! – Das Münchner Informationszentrum für Männer

Auch Männer sind von Gewalt betroffen – wenn auch nicht so häufig. Gerade patriarchale Strukturen und Erwartungen hindern männliche Betroffene daran, Hilfe aufzusuchen und über Erlebnisse zu sprechen. Das Münchner Informationszentrum für Männer (MIM) bietet Männern in Beratungsgesprächen den Raum, ihre Erfahrungen zu verarbeiten. Wenn du Probleme damit hast, deine Emotionen zu kontrollieren oder bereits gewalttätig geworden bist, kannst du ebenfalls verschiedene Angebote des MIM in Anspruch nehmen, um dein Verhalten zu verbessern. Die Trainings und Workshops dazu sind anonym und vertraulich – das MIM trägt dazu bei, dass sich Gewalt nicht wiederholt.

MUM: Das Münchner Unterstützungsmodell gegen häusliche Gewalt

Das Unterstützungsmodell gegen häusliche Gewalt ist eine Kooperation der Polizei und mehreren Münchner Institutionen, darunter auch der Frauennotruf und das Informationszentrum für Männer. Opfer von häuslicher Gewalt werden nach einem polizeilich gemeldeten Vorfall innerhalb von drei Tagen aktiv kontaktiert und beraten. Hintergrund für das Projekt ist das seit 2002 geltende Gewaltschutzgesetz.

Auf Nummer sicher gehen beim Heimweg: Die Aktion Frauen-Nacht-Taxi

Wenn du das nächste mal mit Freundinnen feiern gehst und sicher nach Hause kommen willst, kannst du dir bei der Heimfahrt mit dem Taxi Geld sparen. Die Stadt gibt für FLINTA* ab 16 Jahren zwischen 22 und 6 Uhr einen Zuschuss von sechs Euro pro Taxifahrt. Pro Person kann man sich drei Gutscheine dafür im KVR abholen. Außerdem soll es bald eine Online-Funktion geben. Wichtig: Die Fahrt muss zu einem Wohnort führen, der Gutschein sollte also nicht für die Taxifahrt zum Club genutzt werden. Hier findest du weitere Informationen darüber.

Frauen helfen Frauen: Frauenhäuser für Betroffene von häuslicher und geschlechtsspezifischer Gewalt

Von häuslicher Gewalt betroffene Frauen* und Kinder können in Wohnhäusern der Frauen*hilfe München Schutz und Sicherheit suchen. Angebote wie psychosoziale Beratung und Hilfe bei der Bewältigung des Erlebten oder bei Fragen nach weiterer Existenzsicherung werden ebenfalls von der Frauen*hilfe angeboten. Die Mitarbeitenden sind bei Fragen und Notfällen rund um die Uhr telefonisch erreichbar unter +49 89 354830. Am 21. November findet von 13 bis 19 Uhr im Rahmen der Aktionswochen gegen Gewalt an Frauen ein Tag der offenen Tür im Stadtteilzentrum Milbertshofen statt, mehr Infos dazu hier.

Telefonische Beratung rund um die Uhr: Hilfe-Telefonnummer

Eine national gültige Hilfstelefonnummer gibt es übrigens auch: Anrufende aus dem deutschen Telefon- und Mobilnetz erreichen das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ unter 116 016. Das Angebot ist anonym, kostenfrei, barrierefrei und in 18 Fremdsprachen verfügbar. Die bisherige Rufnummer 08000 116 016 bleibt bis auf weiteres parallel bestehen.

Neben den genannten Angeboten gibt es noch mehr wichtige Anlaufstellen oder Telefonnummern, die Website der Stadt München hat für diese Notfälle eine Liste erstellt. Solltest du als Frau außerdem auf der Suche nach Orten und Räumen in München sein, in denen du dich ohne sexistische und diskriminierende Erfahrungen wohlfühlen kannst, haben wir hier einen Artikel mit Safer Spaces für FLINTA für dich.

Bitte sprich über deine Erfahrungen und schau vielleicht auch einmal bei einer kommenden Demonstration vorbei – München sollte als Stadt weiterhin gegen jede Form von sexualisierter oder geschlechtsspezifischer Gewalt sichtbar sein.

Beitragsbild: Pexels/Anete Lusina

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