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Anti-Weihnachtsfilm: “Nocturnal Animals”
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Drei grandiose Filme in einem: Nocturnal Animals ist Beziehungsdrama, Arthouse-Horror im Kunstmilieu und Genre-Westernrachegeschichte. Tom Ford verwebt diese drei Ebenen so meisterhaft, dass man kaum glauben kann, dass dies erst sein zweiter Film sein soll.
Genauso erstaunlich, wie gut der Modedesigner und Regisseur darin ist, diese drei Welten einzufangen. Da ist die kalte Kunstwelt, in der wir uns nach einem extrem erinnerungswürdigen Vorspann (nackte. tanzende. übergewichtige Frauen) wiederfinden. Amy Adams spielt die Galeristin Susan, reich, unglücklich, in zweiter Ehe verheiratet mit einem gutaussehenden Fremdgeher (Armie Hammer).
Immer wieder gibt es Flashbacks zu ihrer ersten Ehe mit dem Schriftsteller Edward (Jake Gyllenhaal). Susan glaubt nicht an ihn, hält ihn für schwach und verlässt ihn. Ford hat da so einiges zu sagen, übers Schreiben und die Kunst, vermutlich aus eigener Erfahrung.
Und dann ist da noch die dritte, größte Handlungsebene: Edward schickt Susan seinen neuesten Roman, ihr gewidmet und nach seinem Spitznamen für sie benannt, „Nocturnal Animal“: Darin sucht ein Ehemann (ebenfalls Jake Gyllenhaal) in der Wüste von Texas nach Rache für seine vergewaltigten und ermordeten Frau und Tochter.
Das klinisch weiße Kunstmilieu, die Beziehungsdialoge in scheinbar ewiger Nacht, die gesetzlose Wüste unter Sternen- und Wolkenhimmel: Ford setzt auf meist statische Kameraeinstellungen, die all seine Welten geradezu majestätisch erscheinen lassen. Gleichzeitig schafft er es, alle Handlungsstränge dynamisch zu erzählen. Schon nach wenigen Minuten erreicht Nocturnal Animals eine Spannung, mit der man so früh nicht gerechnet hat und die bis zum (leicht verwirrenden) Ende kaum einmal nachlässt.
Ebenso grandios wie Spannungsaufbau, Kamera und Dialoge: die Schauspieler. Besonders hervorzuheben Jake Gyllenhaal, der in seiner Doppelrolle seine enorme Reichweite zeigt und einen viel verletzlicheren Mann als gewohnt mimt. Sowie der hypnotisch grummlige, faszinierende Michael Shannon und der sprunghafte Aaron Taylor-Johnson, die im Romanteil als Polizist beziehungsweise Vergewaltiger auftauchen. Amy Adams kann da vielleicht nicht ganz mithalten, dennoch fällt keine der Erzählebenen im Vergleich zu den anderen ab.
Eine Warnung zum Schluss: Nocturnal Animals ist nichts für Leute mit Herzinfarktrisiko. Dafür sorgen zwei extreme Schockmomente. Alle anderen sollten sich Tom Fords Anti-Weihnachtsfilm über die Feiertage nicht entgehen und sich in seinen düster-schönen Bann ziehen lassen.
Der Kinostart ist heute, am 22. Dezember 2016. Die folgenden Münchner Kinos zeigen den Film, das Studio Isabella und das City auch in der OmU.
Trailer:
Photo-Credit: Merrick Morton/ Universal Pictures International/ ana radica
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