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Bierschnauzer: Münchens erstes Bayrisch Pils

Lilly Brosowsky
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Bemerkungen über die Münchner Bierszene auf den Lippen zu haben, ist ungefähr so wie im Sommer in der Isar schwimmen zu wollen: verführerisch. Aber irgendwo im Hinterkopf klingeln die Alarmglocken, weil der Fluss ja manchmal so reißend wie das enge Netz aus Beziehungen in der Szene verwirrend sein kann. Um sie wirklich zu verstehen, muss man eigentlich dazugehören.

Ja, da ist es wieder, das gute Vitamin B(ier), das uns in München so oft über den Weg läuft. Davon, wie wichtig Beziehungen sind, haben uns drei erzählt, die seit diesem Sommer in München mit ihrem Getränk Fuß fassen: Andreas Wilhelm (32), Benno Hennigfeld (28) und Moritz Buhl (29) haben ein Bier gebraut, mit dem man sich nicht nur hervorragend an heißen Isarnachmittagen abkühlen kann, sondern das es so in München noch nicht gab: Bierschnauzer, ein Bayrisch Pils. Und dem waren die Münchner*innen diesen Sommer sehr zugeneigt – trotz zu vermutender Vorurteile gegen den Pilsgeschmack.

Ach ja, das gute Vitamin B(ier)

Die Jungs haben vor gar nicht allzu langer Zeit noch in der Garage eines Freundes gebraut. Wie sie es von dort in eine Traditionsbrauerei, in die Kioske und schließlich in Form einer Sommerabkühlung in unsere Hände geschafft haben? Mit einem richtig guten Bier. Und viel Laufarbeit. Das Fuß-Fassen haben sie wörtlich genommen und waren dieses Jahr ständig in München unterwegs, um persönlich in Läden vorbeizuschauen. Natürlich immer mit ein paar Flaschen Bierschnauzer im Gepäck. So auch beim Kiosk an der Reichenbachbrücke. Der war ihre erste Anlaufstelle, nachdem der allererste Sud fertig und in Flaschen abgefüllt war – ein Glücksfall, wie sich herausstellte. Mit Betreiber Harald tranken sie ein Bierschnauzer und ließen dann gleich ein paar Kisten da. „Wenn wir dann bei anderen Läden gesagt haben, dass wir da schon drin sind und es gut läuft, dann kam oft ‚Beim Harald seid ihr? Ja dann.’ Da hatten wir gleich eine Hausnummer“, meint Moritz. Nicht ohne Stolz, denn der Reichenbachkiosk ist, wie der Harald, eine Institution in München.

Ein Bierschnauzer mit Geschichte

„In München geht viel darüber, dass man sich im ersten Kontakt trifft und schaut, wie man aufeinander wirkt. Ab da kennt der von dem Kiosk die von dem und schon kennt man einen Haufen Leute“, sagt Andi. Mittlerweile gibts das Bayrisch Pils der drei in einigen Kiosks, Restaurants, Cafés und natürlich bei Getränkeläden. Von Laufarbeit alleine verkauft sich so ein Bier aber noch nicht. Zum Glück sticht der Bierschnauzer im Kioskregal mit einem schlichten, schönen Logo heraus. Es zeigt schwarz auf weiß das Profil eines Riesenschnauzers und deutet damit elegant auf die interessante Geschichte hinter dem Namen des Bieres hin.

Obacht, liebe Foodies, hier lernt ihr einen neuen Funfact über unser goldenes Lieblingsgetränk: Früher, als Bier noch in Fässern auf sogenannten Bierkutschen ausgeliefert wurde, hatten die Fahrer Riesenschnauzer dabei. Wegen ihrer Größe und Treue eigneten sie sich perfekt als Wachhunde, die auf Kutsche und Fässer aufpassten, während die Fahrer das Bier abluden. Man nannte sie deshalb liebevoll Bierschnauzer.

Mild herb statt bitter wie im Norden

Die drei haben also schon viel richtig gemacht: ihr gut aussehendes Getränk, mit gutem Namen und guter Geschichte, den richtigen Leuten vorgestellt. Aber vor allem – und das ist ja am wichtigsten – haben sie ein richtig leckeres Bier an den Start gebracht. Tatsächlich ist der Bierschnauzer zwar ein Pils, aber bei Weitem nicht so bitter wie die klassischen Pilssorten im Norden. Mild herb ist es. Vom Hellen hat das Getränk den malzigen Geschmack beibehalten. „Außerdem ist der Bierschnauzer ungefiltert. Das gibt ein weicheres Mundgefühl“, sagt Benno.

Kein Wunder, dass die erste Charge Bierschnauzer im Reichenbachkiosk schneller ausverkauft war, als die Jungs nachbrauen konnten. „Wir hatten vereinbart uns nach einer Woche zu melden, um zu gucken wie es läuft“, erzählt Moritz „aber am Tag nachdem wir da waren, ruft der Reichenbachkiosk an und sagt: ‚Ey, ihr müsst uns noch was bringen, es wurde alles weggekauft’“, sagt Benno und grinst. Er ist der Brauer hinter Bierschnauzer. Nach seiner Ausbildung hat er noch einen Abschluss in Brauwesen und Getränketechnologie draufgesetzt. Jetzt ist er Diplombraumeister und beschäftigt sich seit Dezember 2020 mit dem Bierschnauzer. „Es hat ungefähr vier Rezepte lang gedauert, bis wir da waren, wo wir hinwollten. Dann wurde noch ein bisschen verfeinert. Das alles auf der Heimbrauanlage, die ich mir über die Jahre aufgebaut habe“, sagt er. Die stand in der Garage eines Freundes. 

Malzexperimente in der Heimbrauanlage

Anders als die vielen neuen Craft-Biere, arbeitet er nicht mit der Blume, sondern mit dem Körper des Bieres. Für die Laien unter uns: Bier besteht klassischerweise aus Wasser, Hefe, Hopfen (das bei Craftbieren den Zitrusgeschmack der Blume ausmacht) und Malz, mit dem Benno am liebsten experimentiert. Den Malzkörper fand er schon immer interessanter, sagt er. Auf die Idee, ein Bayrisch Pils zu machen, kamen sie, weil Benno ein ungefiltertes Pils trank und es so gut fand, dass er es selbst brauen wollte. „Und wir wollten nicht das Hundertste Helle machen“, sagt Moritz, der eindeutig der Stratege bei Bierschnauzer ist – passt auch, eigentlich arbeitet er Vollzeit als Management Consultant bei einer großen IT-Firma in München.

„Wir wollten nicht das Hundertste Helle machen“ – Moritz Buhl von Bierschnauzer

Die drei von Bierschnauzer ergänzen sich perfekt. Benno kümmert sich um das Bier, Moritz organisiert und erzählt so professionell von ihren Plänen, dass man es nicht für unwahrscheinlich hält, sie irgendwann zwischen Bierweltmächten am Stammtisch sitzen zu sehen. Das jedenfalls war ihr Ansporn, als sie schon vor Jahren zusammenkamen und gemeinsam ein Bier an den Start bringen wollten, erzählt Andreas. Er ist im wirklichen Leben Rechtsanwalt, kümmert sich um Termine beim Notar und den digitalen Auftritt von Bierschnauzer auf der Website und dem Instagram-Account.

So richtig ernst gemacht haben sie mit ihren Plänen im Herbst 2020: Mitten in der Corona-Zeit. Bis auf ein Treffen liefen alle Gespräche digital ab. Und zwar bis das erste Bier fertig gebraut war und sie gemeinsam zum Reichenbachkiosk fuhren. Ganz schön herausfordernd. Geklappt hat’s aber super. Nicht zuletzt, weil sie von Anfang an ehrlich besprochen haben, was jeder von ihnen braucht, wie viel Zeit und Energie sie neben ihren Vollzeitjobs investieren können. Genau so gehen sie auch mit ihren Partner*innen um. Sie finden zum Beispiel, dass die traditionelle Schwendl Brauerei in Tacherting deshalb so gut zu ihnen passt, weil die Kommunikation mit den zwei jungen Brauern unkompliziert und auf Augenhöhe läuft. Die beiden leiten die Brauerei schon in vierter Generation, haben aber Lust auf neue Rezepte und den Bierschnauzer.

Etwas anderes als einfach ein Bier zu machen

Im Grunde ist es ganz einfach: Bierschnauzer ist der klassische Biergenuss neu erzählt. Wer darauf Lust hat, sollte sich aufs Radl schwingen und zum Kiosk 1917, zum Sodala Kiosk, zum Kiosk an der Reichenbachbrücke oder zum Onkel Emma fahren. In Zukunft soll es auch einen Onlineshop geben, aber dazu muss erst die Logistik stimmen. Die Jungs machen es wie alles andere: ganz in Ruhe, Schritt für Schritt. Und zwar immer noch wortwörtlich, denn sie sind weiterhin in und um München unterwegs, liefern ihr Bier aus und lernen die Szene besser kennen.

Fernab von München hofft aber schone eine ziemlich große Fanbase auf den Onlineshop, denn der Bierschnauzer ist – man hätte es sich nicht ausdenken können – ungemein beliebt bei Pinscher- und Schnauzer-Klubs. Ja, die gibt es wirklich und ja, die Mitglieder lieben nun mal ihre Pinscher- und Schnauzerhunde so sehr, dass sie schon mal eine ganze Palette Bierschnauzer bestellen.

Insofern lässt sich vielleicht hier doch noch eine, wenn auch zahme, Bemerkung über die Münchner Bierszene machen: In München findet sich für jede und jeden am Ende doch noch das perfekte Bier. Für diesen Sommer war es für uns der Bierschnauzer und wir sind gespannt, wie gut er zu Herbstspaziergängen an der Isar und den ersten kalten Abenden passt. 

Mehr über Bierschnauzer erfahrt ihr hier.

Und hier könnt ihr es kaufen: Kiosk 1917, Kiosk an der Reichenbachbrücke, Sodala Kiosk, Onkel Emma, Occam Deli, Getränke Schwarz, Alpha Getränke Lieferservice, Café-Bar Sonnendeck in Weilheim, Strandhotel Süd See und Gaby’s Kaufladen in Dießen am Ammersee.

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