biologische Landwirtschaft
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Biologische Landwirtschaft in Deutschland: Wie alles begann


Wir haben uns für dich mit der Entwicklung zweier biologischer Anbauverbände beschäftigt: Bioland und Naturland. Beide sind „ideologiefrei“. Das heißt, sie konzentrieren sich bei ihrer Anbauweise auf Richtlinien der nachhaltigen Landwirtschaft, ohne eine Weltanschauung oder ähnliches zu vermitteln.

Am Ende des Artikels gehen wir noch auf das Reaktorunglück in Tschernobyl ein. Unserer Meinung nach hat dieses Ereignis einen Wendepunkt in der Entwicklung der biologischen Anbauverbände gebracht und sollte deshalb bei einem Artikel über die Anfänge der biologischen Anbauverbände nicht fehlen.

Bioland

Bioland hat sich seit 1971 u.a. die Vernetzung von landwirtschaftlichen Betrieben zum Ziel gemacht. Ein weiteres Anliegen des Verbands ist eine ökologisch, ökonomisch und sozial verträgliche Alternative zur intensiven, von Industrie und Fremdkapital abhängigen Landwirtschaft zu entwickeln. Unserer Meinung nach ist das gut gelungen und besonders zu schätzen. Die tägliche Arbeit der Bäuerinnen und Bauern, für uns hochwertige und gesunde Lebensmittel zu erzeugen, verdient hohe Anerkennung, denn die Ergebnisse reichen weit über die Ernährung hinaus. Ein nachhaltiges Wirtschaften im Einklang mit der Natur und die erhaltende Förderung der unterschiedlichsten Arten sichern die Lebensgrundlagen die wir brauchen und erhalten die, für unser aller Zukunft wichtige, Vielfalt in der Natur. Für ihre Qualitätsstandards hat dieser Anbauverband Richtlinien erarbeitet, die so umfassend sind, dass der Platz hier leider nicht ausreicht, die du aber hier findest: Richtlininen Bioland.

International Federation of Organic Agriculture Movements, IFOAM

Erwähnenswert ist noch, dass sich hierzu auf internationaler Ebene 1972 die Internationale Vereinigung der ökologischen Landbaubewegungen gründete (International Federation of Organic Agriculture Movements, IFOAM). Interessant dabei finden wir, dass diese Vereinigung am Anfang ohne hierarchische Organisationsstruktur gearbeitet hat und nur aufgrund gesetzlicher Anforderungen Verantwortliche festlegen musste. Damit wurden schließlich leider die basisdemokratischen Strukturen ausgehebelt.

Auf internationaler Ebene hat IFOAM das Ziel, eine ökologische, soziale und ökonomisch nachhaltige Landwirtschaft auszubauen. Dazu gehört die Einführung eines Systems zur Qualitätsgarantie für biologische Produkte und die Entwicklung einer globalen Plattform mit Konferenzen, Seminaren und Publikationen. Diese Plattform soll den Austausch von Wissen und Erfahrungen zwischen den Mitgliedern fördern. Die IFOAM vertritt die biologische Landwirtschaft in Institutionen und Organisationen und hat einen Beraterstatus bei den Vereinten Nationen.

Naturland e.V.

Dieser Anbauverband wurde 1982 mit dem Ziel gegründet, den ökologischen Landbau international zu fördern. Ebenso wie das Biolandsiegel zeichnet sich das Naturland Siegel durch hohe Standards und strenge Richtlinien aus.

Naturland hat grundlegend dazu beigetragen, dass sich die Rahmenbedingungen für ökologische Wirtschaftsweisen weltweit positiv verändert haben. Im Bereich des Öko-Landbaus wurden von Naturland neue Tätigkeitsfelder besetzt. Der Verband steht für Regionalität im Verbund mit Internationalität. Ein Leitbild gibt die Orientierung zur Erreichung der gemeinsamen Ziele vor und macht die Zusammenhänge der Arbeitsbereiche von Naturland e.V. und seinen Partnerorganisationen klar. Dieses Leitbild, von einer internen Arbeitsgruppe aus den unterschiedlichen Regionen und Arbeitsbereichen entwickelt und nach intensiver Diskussion in den verschiedensten Gremien von der Naturland Delegiertenversammlung verabschiedet, wird kontinuierlich weiterentwickelt. In der Praxis sieht das so aus: Zertifizierte Landwirte und weiterverarbeitende Betriebe produzieren nach den Naturland-Richtlinien. Deren Produktverpackungen dürfen dann das Naturlandsiegel tragen.

Der Naturlandverband hat zusätzlich auch eine Fair-Zertifizierung zusammen mit dem Ravensburger Fairhandelsimporteur Weltpartner eG entwickelt. Wer diese Zertifizierung erreichen will muss u.a. folgende Richtlinien erfüllen: Sozialrichtlinien, verlässliche Handelsbeziehungen, faire Erzeugerpreise, regionaler Rohstoffbezug, gemeinschaftliche Qualitätssicherung. Die Leitlinien und die Richtlinien sind umfassend. Alle Details findest du auf der Webseite von Naturland.

Tschernobyl

Als 1986 im April der Reaktor in Tschernobyl explodierte, herrschte große Unsicherheit in der Bevölkerung, gerade auch im Hinblick auf die Ernährung. Die Informationspolitik der Bundesregierung war genauso katastrophal wie der Unfall. Die Ernährungslage im Hinblick auf Frischeerzeugnisse (Butter, Milch, Eier, Obst und Gemüse) musste in Frage gestellt werden. Das Unglück wurde von der Bundesregierung heruntergespielt und die Bevölkerung in ihrer Unsicherheit allein gelassen. Die Kontaminierung der Lebensmittel mit radioaktiver Strahlung wurde geheim gehalten.

Obwohl es seit den frühen 1970ern die Anti-Atom-Bewegung gab, musste erst ein Reaktor in einem Kernkraftwerk explodieren, um ein Umdenken in der Bevölkerung zu bewirken. Es waren und sind immer nur wenige, die mutig genug sind, um auf die Gefahren der Kernkraft hinzuweisen. Umwelt-Aktivist*innen besprühen Eisenbahnwaggons, die mit kontaminiertem Molkepulver beladen sind. Die Kontamination wurde durch die Katastrophe von Tschernobyl verursacht.

Das Bewusstsein für biologische Ernährung hat durch diese Reaktorkatastrophe einen deutlichen Schub bekommen, der bis heute anhält. Wenn wir uns die Geschichte der Menschheit anschauen, dann hat es hier auf diesem Planeten nie einen idealen Zustand gegeben. Es gab sehr dunkle Zeiten (1933-1945) und helle Zeiten und es wird immer Menschen geben, die in Ihre Zeit das „Licht“ tragen. Auch wenn es nur ein kleiner Funke ist, der dann überspringen kann auf andere.


Titelbild: Photo by Markus Spiske on Unsplash

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