Kultur, Nach(t)kritik

blackwhite silencenoise – so war’s

white noise

“White Noise/Black Silence”-Festival, die fünfte, fand gestern am Ostersonntag-Abend im Gasteig statt. Dem Musik-Bummler eröffneten sich zwei Räume, die im stündlichen Wechsel von unterschiedlichen Bands bespielt und beleuchtet wurden. Ziel wie immer: Kontraste setzen!

Der erste Kontrast fiel dem Publikum somit bereits beim Betreten des Veranstaltungsortes auf. Während nebenan in der Philharmonie “Pirates of the Caribbean” von den Münchner Symphonikern live und in Perfektion vertont wurde (“Disney in Concert”), verwandelten sich der kleine Konzertsaal und die BlackBox in Bühnen für Konventionsprengungen. Dazwischen ein kleiner Lounge-Bereich zum Unterhalten, Kontakte knüpfen, Anstoßen, Chillen, mucbook Lesen…

Um 19Uhr starteten Free Nelson Mandoomjazz mit einer Mischung aus DoomMetal-Untergrund und darübergelegten jazzigen Melodien. Bereits mit ihren ersten Songs übertraf das Trio aus Edinburgh die musikalischen Erwartungen an diesen Abend. Im Anschluss füllten die Münchner von Waves die BlackBox mit “Light&Colour”, mit wellenartigen Klangteppichen und mit wiederkehrenden hellen Sound-Motiven. Berserk! sprangen kurzfristig für die Band Radian ein, die wegen Krankheit im Ensemble leider nicht mit dabei sein konnten. Ein würdiger Ersatz wurde gefunden, den das Publikum ebenso schätzte und feierte wie die ursprünglich angedachte Band. Average Engines hielten ihr Versprechen eines experimentellen dingens-core-indie-mischmasch; irgendwie alles und gleichzeitig nichts konkretes im musikalischen Dazwischen. Musikalischer Hingucker war wohl definitiv Lubomyr Melnyk, dessen Finger gegen Mitternacht bei 19 Noten pro Sekunde die Pianotasten allein durch den Luftzug des Darüberfliegens zu drücken schienen und gehüllt in eine einzigartige Klangwolke das Publikum in die Nacht entließ.

Allen Bands gemeinsam ist die enorme Sprengkraft ihrer Kompositionen, mit denen sie Genregrenzen überschreiten, wenn nicht gleich zerfetzen, und musikalische Zuschreibungen neu definieren. Wenn man ihre Konzepte so liest, würde man denken, das geht nicht zusammen: Metal und Jazz? Indie und Klassik? Soul und Rock? Das Motto des Abends liefert wohl die beste Beschreibung für dieses musikalisch-visuelle Erlebnis, das sich mit Worten nur schwer wiedergeben lässt: “Wer hören will, muss fühlen”, muss sich mittragen lassen von diesen unterschiedlichen Klangerlebnissen, die überraschen, erstaunen, ausfüllen und im wahrsten Sinne “nachhallen” im eigenen Körper. Das alternativ-experimentierfreudige, offene, irgendwie selbst kontrastreiche Publikum aller Alter, Nationen und Musikgeschmäcker hat gefühlt.

Auch das fünfte White Noise/Black Silence-Festival hat dieses Jahr wieder eindrucksvoll gezeigt, dass Gegensätze sich nicht immer ausschließen, sondern einander bedürfen, um etwas großes nicht-Zuvoriges schaffen zu können.

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