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Bruchlandung – “Passengers” im Kino

Thomas Empl

Selten hat ein Film so stark angefangen wie Passengers, nur um dann fast komplett abzustürzen. Relativ leicht lässt sich Morten Tyldums (The Imitation Game) SciFi-Liebesgeschichte in drei Abschnitte unterteilen: Erster Akt: großartig. Zweiter Akt: mittelmäßig. Dritter Akt: Bruchlandung.

passengers-loveAm Anfang steht eine richtig coole Idee von Drehbuchautor Jon Spaihts: In der Zukunft ist die Erde überbevölkert und die Umwelt am Ende, weshalb neue Planeten kolonialisiert werden. Das Raumschiff Avalon mit 5000 Passagieren an Bord befindet sich auf einem Flug zu einem dieser neuen Planeten, der 120 Jahre dauern soll. Den Großteil dieser Reise sollen Passagiere und Crew des Schiffs im Tiefschlaf verbringen, um erst kurz vor der Ankunft geweckt zu werden. Nur leider wacht der Mechaniker Jim (Chris Pratt) auf und muss feststellen, dass er 90 Jahre zu früh dran ist.

Humor statt Alien-Grusel

Es ist eine wahre Freude, Chris Pratt dabei zuzusehen, wie er alleine durch dieses riesige Raumschiff rennt und merkt, dass außer ihm niemand wach ist. Denn anders als der Großteil seiner Genre-Genossen baut Passengers bewusst keine Alien-mäßige Grusel-Atmosphäre auf, sondern erlaubt sich, der spannenden Ausgangslage mal ganz anders zu begegnen: mit Humor. Pratt albert ein Jahr lang rum, bekommt in der Kantine keinen Cappuccino, weil er kein Premium-Bändchen hat und trifft auf einen Roboter-Bartender, den urkomischen Michael Sheen. Zu Spannung und Witz kommt außerdem noch ein sehr tiefgehendes moralisches Dilemma: Jim findet heraus, wie er andere Passagiere aufwecken kann. Er müsste sein Leben nicht alleine verbringen, aber seine auserkorene Lieblingspassagierin Aurora (Jennifer Lawrence) wäre mit ihm zu Leben und Tod auf dem Schiff verurteilt.

Glücklicherweise jung und sexy

So weit, so clever. Jim weckt Aurora natürlich auf, sagt ihr aber nicht, dass er es war. Die beiden einzigen Menschen weit und breit sind also glücklicherweise jung und sexy und so kommt es schnell zur Liebesgeschichte, inklusive Kantinentisch-Sex und Heiratsantrag. Hier lässt der Film dann schon merklich nach; zu highschool-mäßig ist die Romanze erzählt und zu sehr gerät Jims Entscheidung zeitweise in den Hintergrund. Außerdem bleibt Jennifer Lawrence meistens flach und langweilig.

Dann wird’s stumpf

Es bleibt die Hoffnung, dass man’s hinten nochmal rausreißen konnte, aber das Gegenteil ist der Fall. Aus dem Nichts taucht plötzlich Laurence Fishburne auf, wird nach fünf Minuten wieder rausgeschrieben und läutet den dritten Akt ein. Und der verkommt zum stumpfen Action-Finale. Vermutlich weil man Angst hatte, dass Science Fiction ohne Explosionen keiner sehen will oder weil man seiner eigenen Geschichte nicht vertraute.

passengers-actionMan hat den Eindruck, dass man hier eine saugute Idee hatte und dann keine Ahnung, was man mit ihr anfangen soll. Die moralischen Grundfragen (Soll er sie wecken? Soll er es ihr sagen?) werden ebenso achtlos abgehandelt wie die Ursache für das verfrühte Aufwachen; wenn sogar auf dem Poster mit „Es gibt einen Grund, warum sie aufgewacht sind“ geworben wird, fragt man sich schon, warum der Grund sich als so langweilig und mechanisch herausstellt. Einen guten Plot Twist gibt’s jedenfalls nicht. Nein, stattdessen mehren sich die Logikfehler (ein ähnliches Problem hatte Spaihts letztes SciFi-Drehbuch Prometheus): Wenn alles noch 90 Jahre schlafen soll, wieso ist überhaupt das ganze Schiff inklusive Entertainment-Bereich online? Und wieso wecken Jim und Aurora nicht einfach alle 5000 auf, um eine Lösung zu finden? Passengers versucht, seine Lücken in der Geschichte am Ende mit Explosionen und Feuerstürmen zu übertönen. Es gelingt nicht.

(“Passengers” startet heute, am 05.01.17. In diesen Münchner Kinos könnt ihr ihn sehen. Die 3D-Fassung ist viel zu dunkel und lohnt den Aufpreis nicht.)

Trailer:

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Foto-Credit: von passengers-film.de // © Sony Pictures / CTMG

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