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Der Juni wird politisch – Das Marry Klein Club Festival zieht 2022 in die elfte Runde

Vanessa Filgertshofer

Zum elften Mal hält das feministische Clubfestival Marry Klein Einzug ins Harry Klein und bringt eine unverkennbare und gleichzeitig frische Note in die Münchner Clubszene. 

Gleichberechtigung innerhalb der elektronischen Musikszene?

Die Line Ups vieler Clubs und Festivals sehen in der Realität immer noch sehr weiß und sehr männlich aus und sind weit von der Vielfalt entfernt, die eine Clubkultur eigentlich bieten sollte. Alle zwei Jahre erscheint eine verifizierte FACTS-Studie zur Geschlechterverteilung der Bookings auf Musik-Festivals. Diese zeigt zwar, dass die Zahl der weiblichen und non-binären Acts innerhalb der letzten 10 Jahren stetig zugenommen hat. Sie machen allerdings trotzdem nur ein Viertel aller Bookings aus, sodass es nach wie vor ein erhebliches Ungleichgewicht bei der Gleichberechtigung innerhalb der elektronischen Szene gibt. 

About Marry Klein

Das Marry Klein Festival findet vom 01.06.2022 – 30.06.2022 im bekannten Münchner Techno-Club Harry Klein statt. Das Festival vereint die queeren Garry Klein Clubnächte am Mittwoch, Talks & Filmabende mit themenbezogenen Aktivist*innen und Speaker*innen anlässlich des von Lily Felixberger kuratierten wöchentlichen “Marry Klein – Kulturdonnerstag”. An allen Freitagen und Samstagen im Juni steht die Clubnacht im Vordergrund. Bei dem Booking für das Line Up liegt der Schwerpunkt in diesem Jahr auf queeren Künstler*innen und Acts aus der BiPoc-Community aus ganz Europa. 

Das Marry Klein Festival dient als Plattform für einen offenen gesellschaftlichen Diskurs, ein Ort des Austausches, sowie zur Vernetzung der Acts untereinander. Als Notwendigkeit gesehen, als Idee umgesetzt, in die Clubwelt hinausgetragen. Zumindest einmal im Monat wird eine Realität gelebt, die normal sein sollte. Vielleicht braucht es ja bald kein Festival mehr, um auf Gleichberechtigung  hinzuweisen und der Geist des Marry Klein Festivals wird dann einfach an jedem einzelnen Tag im Jahr gelebt. 

Umsetzung und Festivaltickets

Erstmalig wird es über die Dauer des Clubfestivals feste Awareness-Teams, organisiert vom WUT Kollektiv, geben. Der Club ist bedingt barrierefrei. Der zweistufige Zutritt zum Dancefloor wird mit einer Behelfsrampe erleichtert, selbstverständlich kann zusätzlich immer nach Hilfe gefragt werden. Der Zugang zu den Toiletten ist für Rollstuhlfahrer*innen leider ungeeignet. Ebenfalls neu: Neben den VVK-Tickets für die einzelnen Veranstaltungen gibt es ein Marry Klein Festival Ticket, dass den Zugang zu allen Clubevents und Kulturdonnerstagen erlaubt. Die Workshops und Veranstaltungen außerhalb des Clubs sind nicht inkludiert. Das Festivalticket kostet € 29,00 (zzgl. Gebühren) für den ganzen Monat.

Alle Veranstaltungen können auch einzeln besucht werden

Bei den Workshops geht es u.a. um das Thema Auflegen und Produzieren. Die Teilnehmer*innen können sich vernetzen und zusammen empowern. Im Marry Klein Proberaum dürfen sich Newcomer*innen in Clubatmosphäre ausprobieren und auf einer Clubanlage spielen. Alle Festival Aktivitäten werden in diesem Jahr wieder vor Ort im Harry Klein in der Sonnenstraße 8 stattfinden. Der Kulturdonnerstag wird zudem parallel online über den Harry Klein-Youtube-Kanal ausgestrahlt, so können Inhalte und die Message dieses Festivals auch diejenigen erreichen, die nicht dabei sein können. Zusätzlich sollen die Panels an den Kulturdonnerstagen bald für eine höhere Barrierefreiheit in Gebärdensprache übersetzt werden.

Interview Rund ums Festival mit dem Geschäftsführer: Peter Fleming

Geschäftsführer: Peter Fleming

Hallo Peter, aus welchen Motivationen ist das erste Marry Klein Festival entstanden?

2006 sah ich eine Sendung auf ARTE über Frauen in der Kunstszene. Ich reflektierte das und mir wurde klar wie unausgewogen das Verhältnis in der elektronischen Musikszene war. Unser Team überlegte damals wie man dazu einen sinnvollen Beitrag machen kann und wollten dabei nicht diejenigen sein, die mit einem erhobenen Finger etwas aufzeigen. Uns ging es viel mehr darum ein bisserl laut zu sein und Aufmerksamkeit zu erzeugen, aber auch einfach dem Raum für Frauen zu geben. So kam es, dass wir den November 2006 rein weiblich besetzten.

War das Konzept damals schon das Gleiche wie 2022?

Ja und nein. Grundsätzlich ist es immer noch so, dass wir den Monat mit weiblich gelesenen Personen besetzen. Inzwischen sind natürlich auch wir an dieser Aufgabe gewachsen und haben sehr viel dazu gelernt. Heute setzen wir z. B. Schwerpunkte beim Booking, indem wir dieses Jahr fast ausschließlich queere und/oder BiPoc Künstlerinnen als Mainacts einladen. Zudem achten wir darauf, dass hinter den internen Strukturen Frauen stehen, die das Clubfestival maßgeblich gestalten. Man kann es schon an unserem Monatsplakat sehr gut erkennen, dass sich das Themenfeld stark geweitet hat: Awareness Clubbing, Club culture, Consent culture, Diversity, Empowerment, Equality, Feminism, Intersectionality, Munich, Queer, Talks, Techno, Workshops & Visibility liest man da.

Wie sieht die Gleichberechtigung in anderen Musikszenen aus? Abgesehen von der Elektronischen.

Ich beobachte das z. B. in der Jazz Szene. Aber auch in der Pop Musik werden Frauen oft nur als Frontsängerinnen vorgestellt. Deshalb behaupte ich, dass es grundsätzlich noch ein längerer Weg sein wird, den wir zu bestreiten haben.

Wird man in der Clubszene auch über Quoten nachdenken?

Wir haben lange darüber nachgedacht und gehadert. Seit 2020, also dem ersten Jahr der Pandemie, setzen wir es konsequent um und achten strikt auf eine Ausgeglichenheit. Es geht jedoch nicht mehr nur darum, dass man 50% Frauen an die Decks bucht, sondern die Szene ist weitaus diverser und als Club sehen wir die Aufgabe, dies abzubilden. Und all denjenigen, die mit einer Quote Schwierigkeiten haben, kann ich nur mitgeben: Die Quote bringt mehr Kreativität und Spannung ins Programm. So erleben wir das mit größter Freude.

War es schwierig, unterschiedliche Künstler*innen aus ganz Europa für das Festival zu aktivieren?

Nein, überhaupt nicht. Ich höre es von vielen Clubbetreiber*innen, dass sie Schwierigkeiten damit haben so ein ausgeglichenes Programm zu gestalten. Da kann ich nur Mut zum Wagnis empfehlen und allen Programmmacher*innen empfehlen sich etwas mehr Zeit hierfür zu nehmen. Künstler xyz kennt man schon lange und es ist easy, sie zu booken. Davon muss man wegkommen.

Auf was freust du dich am meisten?

Jedes Marry Klein Club Festival war für mich persönlich eine Bereicherung. Ob es die Diskussionen am Kulturdonnerstag sind, die queeren Garry Klein Partys am Mittwoch, oder die Clubnächte. Die Begegnungen in diesem Monat sind weitaus spannender und mit intensiveren Diskussionen behaftet, da es eben ein wichtiges, durchaus politisches Anliegen gibt. Ich freue mich also vor allem auf das was ich aus diesem Festival mit in die Zukunft nehmen darf.

Mittwoch: 22 – 5 Uhr  (zwischen 5-12 Euro), Donnerstag: Einlass 20.00 Uhr, Beginn 20.30 Uhr bis ca. 24.00 Uhr (5 € Unkostenbeitrag), Freitag & Samstag: 22 – 7 Uhr (€ 10 VVK und € 12 Abendkasse)


In aller Kürze:
Was? Marry Klein Festival 2022
Wann? Vom 01.06.2022 bis 30.06.2022
Wo? Harry Klein Club, Sonnenstraße 8
Tickets gibt’s hier!

Beitragsbild: Harry Klein

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