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Der Nachhaltigkeit verschrieben – Fünf Münchner*innen die unsere Stadt ein bisschen besser machen

MUCBOOK Magazin

Für’s neue MUCBOOK-Heft haben wir nach Münchner*innen gesucht, die unsere Stadt ein Stückchen grüner und nachhaltiger machen. Der*die ein oder andere könnte euch vielleicht bekannt vorkommen. Hier erzählen sie uns von ihren Projekten, ihren Erfahrungen und ihrer Philosophie:

Teresa Lukaschik, Vorständin Kartoffelkombinat

Portrait Teresa Lukaschik. Fotocredit: Denis Pernath und Max Hofstetter

„Kartoffelkombinat ohne Klimaschutz geht nicht. Denn wir wollen mit unserem Lebensmittelkonsum nicht auf Kosten anderer leben – nicht auf Kosten anderer Menschen, nicht auf Kosten der Umwelt und nicht auf Kosten der kommenden Generationen. Das fängt beim Bio-Anbau an, der ohne energieaufwändigen, synthetischen Stickstoffdünger auskommt. Das geht weiter über kurze Transportwege und über Klimaschutzprojekte, die unser Verein veranstaltet, wie Tauschpartys oder Nachbarschaftstreffen. Wenn du mal einen Nachmittag lang mit deinen eigenen Händen ein Karottenbeet gejätet hast, dann schmeißt du die Karotte in deiner Kiste nicht mehr so einfach in den Bio-Müll – auch das ist Klimaschutz.

Das Kartoffelkombinat wurde 2012 von Simon Scholl und Daniel Überall als Genossenschaft gegründet. Mit einer guten Idee, guten Kontakten und einer offenbar ausreichend großen Portion gesunder Naivität. Wir wollen die Politik erreichen und beweisen, dass es sehr wohl funktioniert, regional und fair zu produzieren. Und wir wollen zeigen: Fangt an, tut Euch zusammen – und startet. Allerdings: Was geht und was nicht, hängt nicht nur von uns ab, sondern eben auch von den politischen Rahmenbedingungen. Wenn wir also wirklich was reißen wollen, muss der Einsatz fürs Klima politisch werden. Daher haben wir als Kartoffelkombinat „München muss handeln“ mitbegründet – nur Gemüse reicht leider nicht.“

Eva Metz, Mitglied im Organisationsteam bei Fridays For Future

Portrait Eva Metz. Fotocredit: Denis Pernath und Max Hofstetter

„Die erste Münchner Fridays for Future-Demonstration fand am 14. Dezember 2018 statt, als sich 60 Schüler*innen dazu entschlossen, für eine bessere Klimapolitik zu streiken. Nur wenige Wochen später, am 18. Januar 2019, gingen wir wieder auf die Straße, dieses Mal mit 1.800 Demonstrierenden statt der erwarteten 100. Von da an sollte in München keine Woche mehr ohne die „Klimaschwänzer“ vergehen, wie wir von einigen Medien getauft wurden. Meine erste Demonstration dieser Art besuchte ich in den Faschingsferien 2019. Das volle Ausmaß der Klimakrise war mir damals noch nicht bewusst. Mein Wunsch, mich zu beteiligen, kam eher aus dem Verlangen nach politischer Partizipation. Zeitgleich begann ich mich zu informieren.

Wenige Wochen später besuchte ich mein erstes Plenum von Fridays for Future in München. Inzwischen bin ich aktives Mitglied des Organisationsteams, kümmere mich mit um die Vernetzung auf Bundesebene und helfe in verschiedenen Arbeitsgruppen aktiv mit. Unser übergeordnetes Ziel ist das 1,5-Grad-Ziel, dem wir uns als globale Bewegung verschrieben haben. Mit unseren Streiks nehmen wir Einfluss auf verschiedenen Ebenen: Zum einen richten wir uns mit unseren Forderungen direkt an die Politik und versuchen Druck auszuüben, um so die Politik zur Einhaltung der Klimaziele zu bewegen. Auf der anderen Seite machen wir durch unsere Streiks bei verschiedensten gesellschaftlichen Gruppen für das Thema Klimaschutz aufmerksam und schaffen so ein größeres Bewusstsein für die Klimakrise und nachhaltiges Handeln.“

Daniel Hahn, Mitgründer von Wannda e.V. und Mitbetreiber der Alten Utting, des Bahnwärter Thiels und der Minna Thiel

Portrait Daniel Hahn. Fotocredit: Denis Pernath und Max Hofstetter

„All unsere Projekte wie Wannda Circus, Bahnwärter Thiel oder Alte Utting sind Zwischennutzungen. Auf der einen Seite sind sie nachhaltig, weil wir an längst vergessenen Orten neues Leben, neue Räume, neue Freiheiten schaffen. Zudem nutzen wir alte, kaputte und gebrauchte Gegenstände neu und bewahren sie somit vor der Verschrottung. Außerdem beziehen wir grünen Strom, unsere Produkte sind aus der Region, Demeter oder Bio. Bedingt durch die kurzen Nutzungszeiträume wird aber leider sehr viel Energie für den Auf-, Abbau und die Transporte verschwendet. Und finanziell bedingt müssen wir zudem leider auf günstige Baustoffe zurückgreifen.

Dennoch: Unsere Projekte verstehen sich als Treffpunkte. Orte, an denen sich Menschen unterschiedlicher Couleur und unterschiedlichen Alters begegnen können. Wir wollen Räume schaffen, in denen Neues passiert und jeder sein kann, was er ist. Einziger Maßstab ist Offenheit. Mit unserem Programm und unserer Grundhaltung wollen wir neue Impulse transportieren, Diversität und Akzeptanz fördern. Wir wollen aber auch die Menschen aus ihrem Alltag wachrütteln, ihnen Freude bereiten und eine kreative und nachhaltige Stadtkultur schaffen. Die regionale, nachhaltige und freie Denke habe ich auf jeden Fall von meiner Mutter. Wir hatten zwar nicht viel Geld, aber meine Mutter hat sich immer darum bemüht, mit wenig, aber dafür guten Sachen klarzukommen. So hat sie zum Beispiel schon biologisch und regional eingekauft und Müll vermieden, als das noch die große Ausnahme war. Wir hatten wenig Plastikspielsachen, keinen Fernseher, sollten lieber aktiv und kreativ sein.“

Jonas Meder, Mitbegründer der Erntebox

Portrait Jonas Meder. Fotocredit: Denis Pernath und Max Hofstetter

„Mit den Erntebox-Automaten wollen wir zur Erhaltung der regionalen Landwirtschaft beitragen. Wir sorgen dafür, dass Landwirte einen fairen Preis für ihre Produkte erzielen. Wenn kleine und mittlere Betriebe durch die Marktmacht der Supermarktketten zur Aufgabe gezwungen werden, kommen Lebensmittel irgendwann nur noch aus zentralisierter, industrieller Produktion, was auch zu langen Transportketten führt. In Deutschland hat sich in der jüngsten Vergangenheit die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe alle 20 Jahre halbiert, während die Durchschnittsgröße wächst. Dem wollen wir eine Alternative entgegensetzen. Wir wollen Kunden erreichen, die bewusst einkaufen, auf Qualität achten und wissen wollen, wo ihr Essen herkommt. Und zwar auch die, die das bisher nicht umsetzen konnten, weil sie nicht zu den Öffnungszeiten eines Wochenmarkts einkaufen können und auch keine weiten Wege zum Bauern auf dem Land auf sich nehmen wollen. Unser Beitrag zum Klimaschutz liegt, neben den langfristigen Auswirkungen durch den Erhalt der regionalen Landwirtschaft, vor allem in den Transportwegen von der Produktionsstätte zum Kunden.“

Stefanie Adolph, Nachhaltigkeitsbeauftragte bei ThokkThokk

Portrait Stefanie Adolph. Fotocredit: Denis Pernath und Max Hofstetter

„Um eines vorweg zu nehmen: Ich glaube, dass es immer Platz für Verbesserungen gibt und jeder das tut, was er für richtig hält. Dabei ist es wichtig, sein Verhalten zu hinterfragen. Ich selbst lebe vegan, bewege mich meistens mit dem Fahrrad und den Öffentlichen, kombiniere meine Kleidung aus Fair Fashion und Secondhand und versuche, auf Plastik zu verzichten. Im Alltag kaufe ich aber auch Nudeln oder Tofu, die in Plastik verpackt sind. Als vegane Münchner Modemarke kreieren wir von der Socke bis zur Mütze bio und fair zertifizierte Kleidungsstücke. ThokkThokk arbeitet mit ökologischer Baumwolle, nachhaltigem Tencel, recycelten Synthetik-Stoffen aus kaputten Plastikflaschen und abgenutzten Fischernetzen sowie mit der Pflanzendaune Kapok. So wollen wir eine echte Alternative zu Fast Fashion bieten.

In ThokkThokk steckt viel Herzblut und Energie, vor allem von VFX Johow, dem Gründer und kreativen Kopf von ThokkThokk. Viele Produktionsschritte werden von uns selbst in Handarbeit im eigenen Haus übernommen. Unsere Rohware kommt aus der Türkei und Indien. Dabei legen wir viel Wert darauf, dass die Baumwolle biologisch angebaut wird, dass der Handel fair erfolgt, dass die Herstellung frei von Ausbeutung ist und auch die Verpackung und der Transport so weit wie möglich umweltfreundlich sind. Die Bedruckung aller Artikel erfolgt in kleinen Auflagen und es werden wasserbasierte, schadstofffreie und umweltfreundliche Öko-Tex 100 zertifizierte Druckfarben verwendet.“


Cover Mucbook 14 – Foto: © Denis Pernath

Diesen und viele weitere Artikel rund ums Thema Nachhaltigkeit in München findest du übrigens im MUCBOOK #14 – hier bestellen.


Aufgezeichnet von: Sebastian Schulke

Fotos: © Denis Pernath und Max Hofstetter für Studio Ukemi

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