Leben

Des Boandlkramers Wecker – Wiederbelebungen auf dem Alten Nordfriedhof

fuehrung

Mitte des 19. Jahrhunderts herrschte in München Unterkunftsnot. Und das nicht nur bei den Lebenden, sondern auch bei den Toten: Der alte südliche Friedhof in der Thalkirchner Straße platzte mit 20.000 Grabstätten aus allen Nähten; eine neue Begräbnisstätte musste her. Also baute man einen Friedhof an der Arcisstraße nach den Plänen von Arnold Zenetti. 1869 war er fertig. Und hatte Platz für 7.272 Gräber. Der Friedhof war sehr modern, weshalb es außer einem großen Sektionssaal und zwei Zimmern „zur Versammlung der Leidtragenden“ auch ein Zimmer für Wiederbelebungs-Versuche gab. Der weit verbreiteten Angst, als Scheintoter lebendig begraben zu werden, kam man seitens der Stadtverwaltung freundlicherweise entgegen, wie ein Bericht aus dem Jahr 1875 belegt: „Das Leichenhaus des nördlichen Friedhofs enthält… zwei Wächterzimmer mit geeigneten Apparaturen und Mitteln zur Wiederbelebung Scheintoter. Jeder aufgebahrte Tote wird durch seine vermittelst Messingringen an den Fingern befestigten Seidenschnüre mit einem im Wächterzimmer aufgestellten Wecker in Verbindung gesetzt, welcher eine sehr empfindliche Auslösung hat. Diese Einrichtung trägt wesentlich… zur Sicherung gegen Beerdigung Scheintoter und zur Beruhigung des Publikums bei“. Die zukünftigen Toten konnten also beruhigt sein. Aber ob der Wecker je geklingelt hat?

Kristin Holighaus erzählt diese und mehr Geschichten am 24. Oktober bei ihrer Stattreisen-Führung „Krumme Straßen und Vorstadtkneipen“ durch die Maxvorstadt. Für die Teilnahme ist keine Anmeldung erforderlich. Der Preis beträgt neun Euro (ermäßigt sieben). Die Führung startet um 14 Uhr am Seiteneingang Josephstraße der Kirche St. Joseph. (Foto: privat)

2 Comments

Post A Comment

Simple Share Buttons
Simple Share Buttons