Kultur, Nach(t)kritik

Gegen den Strich

Salvan Joachim
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Wer wegen Hits wie „Kids“ kam, wurde bitter enttäuscht. MGMT spulten kurz und knapp ihre Partyrenner ab, um Zeit für das zu haben, was ihnen wichtig ist: Freiheit auf der Bühne.

Geteilte Tonhalle: „Oben ist oben und unten ist unten“, sagte das Security-Personal. Wer ein Ticket für die Empore über dem Eingang hatte, durfte nicht vor die Bühne und wem das Gedränge in der zweiten Reihe zu heftig wurde, hatte kein Recht auf die Vogelperspektive. Kein Wunder, denn seit Monaten war das Konzert von MGMT restlos ausverkauft.

Wenn sich eine Band 2002 „The Management“ tauft, drei Jahre später auf MGMT beschränkt und Partyknaller produziert, die einem tagelang im Kopf schwirren, scheint das große Ziel festzustehen: „Musik für die Masse.“ Tatsächlich bringen die Hymnen „Time to Pretend“, „Electric Feel“ und „Kids“ seit zwei Jahren auf jeder Party die Beine zum Zappeln. Sie wurden zur Hintergrundmusik der Fernsehserie Skins und laufen in Videospielen wie FIFA 09 und Shaun White Snowboarding.

Doch das MGMT-Duo Andrew VanWyngarden und Ben Goldwasser lernten sich beim Studium der experimentellen Musik kennen und daran erinnerten sie sich vor den Aufnahmen zum zweiten Album. „Congratulations“ erschien 2010 und hat beim Plattenlabel Sony/Columbia bestimmt keinen Jubel ausgelöst. Das Werk ist die Verweigerung der Massenproduktionsmaschinerie und auch auf der Bühne spürt man das.

Die Stücke zogen sich in epische Länge, dauerten teils über zehn Minuten und boten Freiraum für Improvisationen. Das Zusammenspiel von elektronischen Klängen, Synthiegewurbel und effekteverfremdeter Gitarre erinnerte an Soundexzesse der frühen Pink Floyd – noch ehe David Gilmours Soli auf die Sekunde durchkomponiert auf der Bühne reproduziert wurden.

Der sanfte aber markante Gesang von Andrew VanWyngarden hielt MGMT zusammen. Seine Stimme legte das melancholische Fundament für die psychedelischen Eskapaden. VanWyngarden und Goldwasser verstärkten sich mit Bassist, Schlagzeuger und einen Alleskönner an Gitarre, Percussion und Keyboard. Das klingt nach Rockband statt Innovationsduo, doch von Glamrockattitüde war nichts zu spüren. MGMT erfinden sich neu auf der Bühne, mit beeindruckendem musikalischen Feingefühl. Sie nehmen sich die Zeit, bis die Stimmung des Abends auch voll und ganz zu Musik wird.

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Bild 1: Yvonne Weiß
Bild 2, 3 und Diskussion: MGMT-Forum.

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