Münchenschau, Stadt

Karl Richter – einsamer Schreihals im Wohnviertel

In Freimann spielt sich der Münchner Stadtrat Karl Richter (BIA) als Retter der Anwohner auf. Ihm stellen sich ca. 100 Gegendemonstranten entgegen und auch von den Anwohnern will ihn keiner hier haben. Er bleibt alleine auf seiner eigenen Kundgebung.

Foto: Jan Rauschning-Vits

Foto: Christoph Kürbel

Die Ressentiments sind groß rund um die Themen Bayernkaserne, Asylsuchende und die Belastung für die Anwohner. Die Facebookgruppe “Gegen das Asylheim an der Heidemannstraße” hatte sich bereits der Probleme für die Anwohner angenommen. Berichte von sexueller Belästigung, verschmutzten Spielplätzen und Beschaffungskriminalität hatten für Aufruhr in der Anwohnerschaft gesorgt.

Die Gruppe ist mittlerweile geschlossen, nachdem sie von zum Teil rechtsradikalen und mit Sicherheit rassistischen Hetzern unterwandert wurde, die ihr Gesicht nie zeigten, aber dennoch die ganze Gruppe in Verruf brachten. Jetzt hat sich ein anderer Hetzer den Problemen mit der Erstaufnahmestelle für Asylsuchende in der Heidemannstraße angenommen: Der hohe NPD-Funktionär, Münchner Stadtrat, Vorsitzender der “Bürgerinitiative Ausländerstopp” und selbsternannter Messias des aufgeklärten Bürgertums Karl Richter.

Karl Richter – ein Aktivist

Besagte “Bürgerinitiative Ausländerstopp” ist eine wählbare Liste, die seit 1996 in Bayern einen Deckmantel für die NPD darstellt. Über diese Liste hat es Karl Richter in München geschafft sich 2008 mit 1,4 % in den Stadtrat wählen zu lassen. Da er aber beim Amtseid die rechte Hand zum Hitlergruß reckte und dafür verklagt wurde, konnte er sein Amt erst 2009 antreten. Im Stadtrat wird er seitdem von allen anderen Mitgliedern gekonnt ignoriert und seine Anträge werden immer geschlossen abgelehnt. Doch nun scheint er sein Thema gefunden zu haben.

Er muss einen Riecher für Themen haben, die sich für seine Politik ausschlachten lassen und hofft nun auf die Unterstützung der Anwohner an der Bayernkaserne im Münchner Norden. Mit vier Kundgebungen in der Woche, die alle in diesem Wohngebiet stattfinden, versucht er die Anwohner auf seine Seite zu ziehen und preist seine nicht vorhandene Durchsetzungskraft als Stadtrat an.

Foto: Christoph Kürbel

Foto: Christoph Kürbel

Starker Gegenprotest

Auf der Kundgebung am gestrigen Dienstag, den 19.8.2014, wurde ganz besonders deutlich, wie allein dieser Mann auf weiter Flur ist. An der Ecke Paracelsusstraße/Kollwitzstraße hat er seinen weißen Golf mit “BIA” Aufkleber positioniert, einen Lautsprecher aufs Dach gestellt und angefangen, an “seine Bürger” zu appellieren. Begleitet wird er nur von einem stillen Mann mit Kappe und Sonnenbrille.

Ihm gegenüber stehen nach kurzer Zeit ca. 100 Menschen, die ihn mit Pfiffen übertönen und ihn mit Bannern abschirmen. Dazwischen hat die Polizei eine drei Meter breite Pufferzone eingerichtet und schiebt mit Absperrungen wie bei einem Fussballspiel die Gegendemonstranten nach hinten. Die “firm” (Fachinformationsstelle Rechtsextremismus München) und die Autonome Antifa München haben zum Gegenprotest aufgerufen. Dieser Protest ist laut und solidarisiert sich mit den Flüchtlingen. “Say it loud, say it clear: refugees are welcome here!”

Und für Karl Richter haben sie nichts als wiederholte “Halt die Fresse”-Rufe und Pfiffe übrig. Nach kurzer Zeit taucht hinter Karl Richter ein junger Mann auf. Er schein den Polizisten und auch Richters Sicherheitsmann nicht aufgefallen zu sein. Er zieht kurzerhand den Stecker des Mikrofons. Hohn und Gelächter sind die Folge. Schnell wird er von der Polizei im Schneidersitz weggetragen.

Foto: Christoph Kürbel

Foto: Christoph Kürbel

Die Anwohner wollen da nicht hineingezogen werden

Am Rande der Kundgebung regt sich bei all den Pfiffen aber vor allem eine Frau auf, deren Gesicht wir schon kennen. Sie war bereits vor der Kamera des Bayerischen Fernsehen, als über die Facebookgruppe “Gegen das Asylheim an der Heidemannstraße” berichtet wurde. Für sie ist besonders frustrierend, dass dank Karl Richter die Anliegen der Anwohner ein weiteres Mal dem rechten Spektrum zugerechnet werden.

“Der kommt daher und hat keine Ahnung was hier für Zustände herrschen. Seine One-Man-Show kann er woanders machen.”, so Anwohnerin Tatjana.

Für sie sind die Zustände in ihrem Wohnviertel rund um die die Bayernkaserne nicht tragbar. Sie hat Angst um ihre Kinder und berichtet von sexueller Belästigung auf offener Straße, Beleidigungen pöbelnder Flüchtlinge und Verschmutzungen auf den Spielplätzen. Sie fühlt sich allerdings auch völlig missverstanden und als Nazi denunziert. Auf keinen Fall möchte sie, dass ihre Anliegen und die der Anwohner mit Karl Richter in Verbindung gebracht werden.

Eigentlich ist alles ruhig

Der Lärm im sonst so ruhigen Wohnviertel lockt aber auch viele Schaulustige auf ihre Balkone. So sind zwei ältere Damen im ersten Stock eines nahegelegenen Wohnhauses brüskiert über den ganzen Trubel und können die Angst vor den Ausländern gar nicht verstehen. Sie hätten nie Probleme mit den Flüchtlingen und fühlten sich auch beim Einkaufen und im Bus durchaus sicher.

“Die sind schon immer in Gruppen unterwegs, aber die gehen höflich aus dem Weg, wenn man vorbeigeht und grüßen manchmal sogar.”

Unter die Gegenprotestler hat sich auch eine Gruppe Flüchtlingskinder gemischt, die das Treiben ebenfalls mit unverständlicher Miene verfolgt. Sie verstehen wahrscheinlich kein Wort und sehen nur Menschen, die sich an der Straßenecke anschreien. Hinter ihnen auf einem Banner steht: “Wir ANWOHNERinnen heißen die Flüchtlinge willkommen”

Foto: Christoph Kürbel

Foto: Christoph Kürbel

1Comment
  • Reinhold
    Posted at 12:59h, 21 August

    Muß ich mal vorbeischauen. Ist gleich in der Nachbarschaft. Als Taxifahrer habe ich schon üfter Flüchtlinge vom Bahnhof in die Heidemannstraße gebracht.

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