Kultur, Nach(t)kritik

Kaum überschaubare Kunstausstellung

tagebook von Bellevue di Monaco
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Kunststudenten stülpen ihre Ateliers nach außen. Noch bis morgen stellen Studenten von 12 bis 20 Uhr ihre Jahresausstellung in der Kunstakademie vor.

Keine nebeneinanderliegende Räume, wo die Kunstwerke gezeigt werden. Die Kunstakademie verspricht eine Jahresausstellung, die kaum überschaubar ist.

Sie ist ein Morast, in dem jeder, der zum Schauen gekommen ist, einsinken wird. Das Angebot ist immens, die Verschiedenheit der Werke muss überfordern und spätestens nach dem fünften, sechsten Klassenraum droht deshalb der Louvreblues.
Angesichts der Fülle drohen allerdings die kleinen und filigranen Werke den Blicken der Besucher zu entweichen. Zwei Meter hohe pinke Statuen übersieht keiner; Collagen in Visitenkartengröße hingegen schon eher.

I
Unprätentiöse Hängung

Was wenig wiegt kann umso flexibler an der Wand platziert werden. Im Ausstellungsraum der Klasse Metzel – eine reine Zeichenausstellung – sind die Papiere mal mit Nadeln in ihren vier Ecken  befestigt, mal von Klappbrett-Klammern fixiert.
Miniprojektoren, die im Atelier der Klasse Huber winzige Bilder projizieren, stehen auf Glasbrettchen, die dezent an der Qand befestigt sind.
Überhaupt sieht man in wenigen Klassenräumen Bilderrahmen, geschweige dem Passepartouts. Und klassische Podeste für Skulpturen scheinen ohnehin passé. Skulpturen stehen direkt auf dem Boden, Malerei, Zeichnungen, Photographien sind durch kein Material vom restlichen Raum getrennt.

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II
Lichtflecken an der Wand, Licht dahinter

Photographie wird präsentiert als vergrößertes Diapositiv, das, vor einen Leuchtkasten geklemmt, aus sich heraus zu leuchten scheint, wie etwa das von Ben Gossen in der Klasse Stephan Huber. In der gleichen Klasse  erzeugen Sarah Lehners Miniprojektoren eine projizierte Licht- und Formüberlagerung auf Quadratzentimetern.
Die vier Bildschirme der Videoinstalltion ,Portraits‘ von Agnes Jänsch in der Grossen Aula schweben in der Dunkelheit: jeweils eine Person in Porträtausschnitt ist zu sehen. Erst bei genauerer Betrachtung erkennent man: die Porträtierten sind gefilmt und nicht photographiert worden. Zusammen mit den anderen Videoinstallationen der Ausstellung ,Moving Images‘ in der Aula sind sie die einzigen Lichtquellen in dem großen verdunkelten Saal.

III

Organische Formen

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Als hätten sie Algen- und Korallenfunde zum Vorbild gehabt: Viele Ausstellungsstücke der Schmuckklasse erinnern an Meeresrequisiten oder Vogelgefieder.
Die Klasse Brack holte sich ein ganzes Kornfeld in ihr Atelier.
Der Eingangsbereich der Klasse Dillemuth ist durchwoben von einem roten Fadennetz, in dem sich die Atelierwerkzeuge wie in einem Spinnenetz verhängen.
Und die Skulpturen von Paula Leal Olloquil in der Klasse Pitz wirken wie tongewordene Flechten oder Essensreste, die sich in Eisengestängen verfangen haben

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Die Studenten der Kunstakademie stülpen all ihre Arbeitsräume nach außen. Was es dort zu sehen gibt mag gängige Zeit- und Konzentrationsrahmen für Ausstellungen strapazieren. Die Jahresausstellung ist eine umfassende Sichtbarmachung von Visionen, Ideen, Einfälle und Werke junger Künstler: zum Glück fällt das nicht bescheiden aus, zum Glück ist das verstörend und verrückt und pompös.

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bis 24.07. täglich 12 bis 20 Uhr
Akademiestraße 2
Eintritt frei

Fotos: Elena Stingl

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