Kultur, Nach(t)kritik

La finta giardiniera oder Gärtnern kann so schön sein!

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lafinta2Für den Münchner Fasching wurde das Stück komponiert und für diesen Zweck ist die Geschichte ausgezeichnet geeignet.

Sandrina ist eigentlich eine Gräfin, gibt sich aber nach dem gewalttätigen Übergriff ihres Verlobten, dem Grafen Belfiore, als Gärtnerin im Haus des Podestà aus, um ihn zu suchen und sich weder mit ihm zu versöhnen. Der Podestà sucht sich seine Liebschaften am Liebsten unter der Dienerschaft und lässt seine bisherige Geliebte, das Dienstmädchen Serpetta, für ein Techtelmechtel mit seiner Gärtnerin fallen wie eine heiße Kartoffel. Die wiederum liebt ihren Dienstherrn und wird selbst geliebt von Nardo, dem Diener Sandrinas, der sich aber aus Gründen als ihr Cousin ausgibt. Ins Spiel kommen noch Arminda, die Nichte des Podestà, die den Grafen Belfiore heiraten soll und sich prompt in ihn verknallt, als sie ihn das erste Mal sieht. Vorsichtshalber hat sie vorher schon ihrem Geliebten Ramiro den Laufpass gegeben, der sie aber nicht vergessen kann und an ihr hängt wie eine Klette. Der Graf schließlich, der seine Eifersuchtstat bereut, will wieder mit Sandrina zusammenkommen, die ziert sich aber.

Ein Verwirrspiel um falsche Identitäten, mehrere Liebespaare in unterschiedlichen Konstellationen, eine Beziehungskomödie im besten Sinne. Und es wäre ja keine Opera buffa, wenn sich am Ende nicht jedes Töpfchen ein Deckelchen angeln würde.
Spritzig in Szene gesetzt wurde dieses selten gespielte Stück von der amerikanischen Regisseurin Lydia Steier. Ihre ausgezeichnete Personenregie und das ausgefallene, aber in sich stimmige Regiekonzept lies berührende Momente ebenso zu wie lauthalses Lachen. So erleben wir während der Ouvertüre den Moment noch einmal, in dem Belfiore seine Liebste niedersticht und zurücklässt, in der Annahme, sie sei tot. Dies geschieht in einem kleinen Miniaturtheater auf der Bühne und alle Mitwirkenden sehen zu. Später wird Sandrina, wann immer sie sich an die Szene erinnert, sich genau an der Stelle berühren, wo sie der Dolch des Geliebten getroffen hat. Der Podestà hingegen fährt mit einem stilisierten Sonnenwagen auf die Bühne, mit einem Kronleuchter statt eines Scheinwerfers und ruft mit seiner ungelenken Fahrweise immer wieder Heiterkeitsausbrüche im Publikum hervor. Die minimalistische, aber mit effektvollen Zugaben bereicherte Bühne von Peter Nolle und die schönen barocken Kostüme von Thomas Kaiser trugen erheblich zu diesem sehr gelungenen Abend bei. Mit Valérie Junker und Nazzareno Putzolu setzte die Regisseurin zwei sehr talentierte Darsteller als “Helfer” auf der Bühne ein, wahlweise um die Erinnerung der Figuren zu verdeutlichen oder auch als Kulissenschieber.

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Last but not least wurde an diesem Abend ausgezeichnet musiziert.

Das Münchner Kammerorchester unter Joachim Tschiedel spielte das zehnte Bühnenwerk Mozarts, das dieser mit 18 Jahren komponierte, so frisch und klar, dass es eine Lust war zuzuhören. Die jungen, sich alle noch in Ausbildung an der Theaterakademie bzw. der Hochschule für Musik befindenden Sänger, boten an diesem Abend allesamt Höchstleistungen. Mauro Peter, der zuletzt mit großem Erfolg in der Rolle des Pitho in der Barockoper “Der geduldige Sokrates” am Staatstheater am Gärtnerplatz zu sehen war, bot einen Grafen Belfiore wie aus dem Bilderbuch: mit barockem Gestus und strahlenden Höhen. Ihm zur Seite stand mit Dafni Georgali als Sandrina eine in Spiel und Gesang ebenbürtige Partnerin. Das Buffopaar Katharina Ruckgaber als Serpetta und Ludwig Mittelhammer als Nardo ergänzte sich prächtig und wusste bei aller Komik auch mit den Stimmen zu überzeugen. Anna Stylianaki als Arminda spielte die Rolle angemessen resolut und sang dazu berückend schön. Für mich das absolute Highlight an diesem Abend, wenn denn überhaupt noch eine Steigerung möglich ist, war die Hosenrolle des Ramiro von Dorothea Spilger. Selten habe ich Verzweiflung so körperlich spüren können wie bei Spiel und Gesang dieser jungen Sängerin.

Der tosende Applaus für alle Beteiligten am Ende war mehr als berechtigt. Dieses Sahnestückchen im Münchner Kulturangebot sollte man sich auf gar keinen Fall entgehen lassen. Weitere Vorstellungen am 15., 20. und 23. November, Karten an allen bekannten Vorverkaufsstellen.

Fotos Studio A.T. Schaefer

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