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Landdepp in der Großstadt – oder von A nach B mit der MVG

Florian Hipp
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Nachfolgend stellt sich die Frage, ob ich wirklich so bescheuert bin oder dieses System! Und ich kann das mit einem klaren “ICH BIN ES NICHT” beantworten.

Öffentliche Nahverkehrsmittel kennt man bei uns „auf dem Land“ ausschließlich für den Schulweg (lang ist´s her). Die Entfernungen und der unglaubliche Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs hier draußen zwingen uns schon regelrecht dazu, so schnell als nur möglich den Führerschein zu machen und ein eigenes Auto zu anzuschaffen.

Soweit so gut. Sollte man ausnahmsweise doch mal dazu gezwungen sein den Bus zu nutzen, kennt man dort eh jeden — man grüßt sich freundlich und kommt so gut wie immer mit irgendjemanden ins Gespräch.

Und jetzt der Vergleich: München

Eine große Stadt, unzählige öffentliche Verkehrsmittel und Gruß-Autismus!

Ich bin zugegebenermaßen schon schwerst überfordert, den Unterschied der einzelnen öffentlichen Fortbewegungsmittel herauszubekommen. S-Bahn, U-Bahn, Tram, Bus wofür brauch ich welchen? Und ist man da endlich mal halbwegs durchgestiegen, kommt schon der nächste Kampf: Der Fahrkartenkauf! Erbost man sich auch noch, am Schalter nachzufragen, wird man lediglich als belästigendes Subjekt wahrgenommen und als ob die Bitte um Hilfe das ändern würde — kannst du vergessen. Aus heutiger Sicht: Ein naiver Versuch zu wagen, dem eigens dafür angestellten Fachpersonal der Deutschen Bahn für meine banalen Belange die Zeit zu rauben. Klar, heute weiß ich, dass der Grantige zu höherem Berufen ist, als die Welt vor Landdeppen zu retten, indem man sie ihrem grausamen Schicksal überlässt.

Also auf eigene Faust ans Display

Meine Mission ist, den Plan des Nahverkehrsnetzes zu dechiffrieren. Ein unverständliches Wirrwarr aus Kreisen, bunten Linien und wirren Nummern. Ich muss zugeben, das könnte fast bei den Expressionisten im MOMA hängen. Egal.Aber wo bin ich denn jetzt?

STACHUS, Bingo! Erster Schritt geschafft. Nächster Schritt: Zonen. Woher zur Hölle soll ich das schon wieder wissen, wo welche Zone ist? Ergibt sich das aus der Formel Kreis minus Linie zum Quadrat?
Und welche Fahrkarte bringt mich dann auch wirklich ans Ziel, ohne beim Bahnschutz in Ungnade zu fallen: Einzelfahrten, Tagesticket, Streifenkarte?

Fragen über Fragen.

Ein langer Kampf

Doch dank der Hilfe eines japanischen Touristen bin ich tatsächlich noch der stolze Besitzer einer Fahrkarte geworden. Ein tolles Gefühl, als ob man den bestandenen MVV-Eignungstest in den Händen hielte. Doch Weit gefehlt, nun kommt erst der Praxistest.

Aufgabe 1: Finde den korrekten Bahnsteig. Wider erwarten ist er wunderbar angeschrieben. Aber vorsicht, Fangfrage! Denn wären da nicht noch diese kryptischen Abkürzungen: U, T und S? Ich denke mir in einem Anflug jugendlichen Leichtsinns: Wurscht! Hauptsache die Nummer stimmt. Ein Fehler. Denn: U-Bahn, S-Bahn und Trambahnen haben unterschiedliche Zugänge, Steige und Standorte. Mit dem Fortgeschrittenen-Level Bus fangen wir erst gar nicht an. Meine verwobenen Irrwege durch das Sperrengeschoß sollten mich dennoch zum richtigen Bahnsteig bringen.

Gut, dass ich dafür eine geschlagene halbe Stunde brauchte, verschweigen wir mal dezent.

Aber nun, endlich bin ich in der U-Bahn

Freundlich grüße ich die Mitreisenden, wie es einem beigebracht wurde. Doch statt ein herzliches “Hallo” ernte ich verstörende Blicke. Erst im Nachhinein habe ich die U-Bahn-Gepflogenheiten verstanden: Im Untergrund versinkt jeder in eine Art Kokon, um sich vor allem abzuschotten, mit dem Ziel krampfhaft jeglichen Störfaktor auszublenden.

Zugegeben, gerade habe ich eher das Gefühl, dass mein Verhalten als Angriff der antrainierten Isolation empfunden wird. Was denke ich mir auch dabei, einfach fremde Mensch freundlich zu grüßen?

Mein Tipp: Mach doch mal ein Experiment daraus: versuche einen Wildfremden in der U-Bahn in ein Gespräch zu verwickeln, was natürlich der Mount Everest der zwischenmenschlichen U-Bahn-Konversation ist. Eine gute Einstiegsübung ist hingegen Blickkontakt mit gegenüber sitzenden Fahrgästen aufzubauen und falls das glückt, ihm ein Lächeln zu schenken. Ein kleines Geschenk, das so manch einem den Tag versüßen kann – oder aber ein kleiner Eisbrecher, um einfach die frostige Stimmung hier unten etwas aufzulockern.

So, ich such jetzt mal ein MVG Radl: Next Mission acceptet. App needed.

Fazit des Tages: Ich laufe ….


Beitragsbild: © Florian Hipp

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