Stadt

Museumsquartier sucht Masterplan

Das weltberühmte Stadtquartier rund um die Münchner Pinakotheken braucht eine Generalüberholung. Das weiß man seit langem. Aber es geht kaum etwas vorwärts. Zwar gibt es neue Museen, darunter die Sammlung Brandhorst. Aber der Verkehr folgt noch immer dem Provisorium von 1972 – dem Einbahnstraßenpaar Theresien- und Gabelsbergerstraße. Das Münchner Museumsquartier braucht einen Masterplan – Ideen dafür gibt es jetzt:

Prominente Bauten sind hinter wucherndem Grün eher versteckt als geschützt – Fremde finden sich nur schwer zurecht. Doch das soll sich ändern. Fünf Landschaftsarchitekten haben für die Stiftung Pinakothek der Moderne über das Areal nachgedacht. Jetzt will die Stiftung den Freistaat und die Stadt motivieren, in einem Gestaltungswettbewerb zu einer konkreten Planung zu kommen.

Mehr als nur Museumsmeile

Fünf europäische Büros von Landschaftsarchitekten hatte die Stiftung Pinakothek der Moderne in der ersten Oktoberwoche zu einem zweitägigen Workshop eingeladen, sich über die Freiflächen rund um die Pinakotheken Gedanken zu machen. Sie hat dazu ein sogenanntes Kunstareal definiert, in dem es allerdings keineswegs nur Kunst gibt, sondern auch sechs Hochschulen, unter ih­nen das Hauptgebäude der TU.

Folglich gab es gegen diesen Namen auch Einsprüche und den Vorschlag, für das von Grünflächen durchzogene Areal lieber vom „Park der Sammlung“ zu sprechen. Unter welchem Namen das Münchner Museumsquartier künftig international auftreten soll, ist jedenfalls noch offen.

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So sah es einmal in der südlichen Maxvorstadt aus; Bild: Stiftung PdM

Klar wurde aber: Sein Erscheinungsbild und seine heutige Struktur müssen überarbeitet werden. Vor einem Jahrhundert standen die königlichen Museen weder hinter Bäumen noch hinter Autos versteckt; es gab freie Blicke und ebenso freie Fußwege.

Vieles von dieser Sichtbarkeit ist seither verloren gegangen. Das Zürcher Büro Hager Landschaftsarchitektur schlug deshalb vor, den Bewuchs rund um die klassischen Bauten auszulichten, so dass der Blick wieder frei wird. Alle Straßen im Museumsquartier, sagte Hager, sollten zu Be­gegnungszonen werden, wie sie sich in der Schweiz durchgehend bewährt haben (München hat sich bislang nicht einmal getraut, so etwas im Tal auszuprobieren). Bordsteine und andere Einfassungen, Mäuerchen aller Art und sonstige das Areal unterteilende Abgrenzungen sollten fallen, damit die Menschen wieder durch das Museumsquartier promenieren können. Selbstredend sind auf Hagers Vision auch keine parkenden Automobile mehr zu sehen – obwohl Stadtbaurätin Elisabeth Merk zum Auftakt des Workshops noch davon geschwärmt hatte, dass man in dieser Gegend noch immer einen Parkplatz bekomme. An Aufgrabungen für eine tiefer zu legende Ost-West-Straßenverbindung etwa im Zuge der Gabelsbergerstraße und an Tiefgaragen geht in Hagers Skizze kein Weg vorbei.

Hager

Entwurf von Hager Landschaftsarchitekten, Zürich; Bild: Stiftung PdM

Das schottische Büro Gross.Max. aus Edinburgh ließ sich von der Forderung leiten, nicht nur das von der Stiftung definierte Kunstareal zu betrachten, sondern auch dessen Anbindung an die Um­gebung. Die wesentliche Achse des Areals ist demnach die Arcisstraße zwischen dem Alten Botanischen Garten und dem Alten Nördlichen Friedhof. Sie sieht derzeit allerdings nicht danach aus. Auch Gross.Max. plädiert deshalb für weniger parkende Autos, für die Umwandlung der Arcisstraße in eine für Fußgänger attraktive Allee und die Orientierung der Museen, Universitäten usw. auf diese ordnenden Achse.

Vergleichbar sind die Vorschläge des holländischen Landschaftsarchitekturbüros Inside Outside aus Amsterdam. Auch dieses Büro sieht in der südlichen Maxvorstadt eine nord-südliche Struktur angelegt: ein erstes Band von Gebäuden zwischen der Luisen- und der Arcisstraße mit dem Königsplatz und der TU, ein zweites, paralleles zwischen Arcis- und Barerstraße mit der Alten und der Neuen Pinakothek sowie der Hochschule für Fernsehen und Film mit dem Museum für Ägyptische Kunst und schließlich ein drittes Band mit der Sammlung Brandhorst und der Pinakothek der Moderne. Die ost-westlich verlaufenden Querstraßen möchte Inside Outside dagegen im Wesentlichen landschaftlich gestalten.

Entwurf des holländischen Büros Inside Outside; Bild: Stiftung PdM

Entwurf des holländischen Büros Inside Outside; Bild: Stiftung PdM

Die ebenfalls eingeladenen Büros Atelier Le Balto, Berlin und Le Havre, und Studio Urban Catalyst, Berlin, blieben eher im Grundsätzlichen und verzichteten auf konkrete Ideen zur Umsetzung.

Zwei Charakteristika verdienen besondere Erwähnung:

In der Maxvorstadt besteht die Chance, aus bisher uni­form grün angelegten Frei­flächen eine blumenbunte Landschaft zu machen, etwa wenn die bisher ungenutzten Freiflächen vor der Pinakothek der Moderne, auf denen vielleicht einmal deren zweiter Bauabschnitt entstehen soll, jungen Landschaftsarchitekten als Fläche für Demo-Gärten zugewiesen würde.

Und: Zwei der Büros haben die Chance erkannt, die derzeitige Mensa der TU zu einem künftigen Zentrum des Museumsquartiers aufzuwerten. Bekanntlich wird die TU ihre Fakultät Elektrotechnik nach Garching verlagern, sobald der Freistaat ihr dort einen Neubau spendiert hat, und sich in der Maxvorstadt dann auf ihr Stammgelände zurückziehen.

Die ohnehin nicht mehr zeitgemäße saalartige Mensa wird dann ebenso disponibel wie eine Reihe von Altbauten rundum mit TU-Einrichtungen. Nach einem Umbau eignet sich das Mensa-Gebäude voraussichtlich hervorragend als Haus für Wechselausstellungen im Museumsquartier (das Fehlen eines derartigen Angebots wurde schon früher vehement beklagt). Und die eher kleinteilige Gebäudestruktur rund um die Mensa könnte Künstlern eine befristete oder dauerhafte Bleibe ermöglichen. Denn auch das wurde mehrfach beklagt: dass im Museumsquartier Kunst zwar ausgestellt, aber kaum hergestellt wird. Auch im derzeitigen Mensa-Erdgeschoss kann sich eines der Landschaftsarchitekten-Büros Künstlerateliers vorstellen.

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