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Musik durch die Nabelschnur: Dillon im Technikum
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Ich war 16 Jahre alt, als Dillon das Album This Silence Kills herausbrachte und mir die Zeile „You’d be thirteen / I’d be thirty-five“ ins von pubertärer Wut und Verzweiflung geknechtete Hirn pflanzte.
Dass darin, so nimmt man zumindest an, die Lücke einer wegen Fehlgeburt nie ausgereiften Liebe zwischen Mutter und Kind besungen wird, ging hermeneutisch erstmal an meinem mit Fragen zu Identität und verwirrenden Jungs aus der Parallelklasse beschäftigtem Teenagerverstand vorbei; der Eindruck schmerzvoller Melancholie aber traf genau.
Musik durch die Nabelschnur
Vielleicht ist das gerade das Besondere an Dillon, die eigentlich den wunderbar verworrenen Namen Dominique Dillon de Byington trägt und mit vier Jahren mit ihrer Mutter aus Brasilien nach Köln kam: Sie lotet die dunkelsten Stellen in unserem Inneren aus, ohne dabei genaue Gefühlsvorgaben zu machen; ihre dunkle, ja beinahe animalische Stimme schafft eher eine den elektronischen Klangteppich ihrer Songs komplettierende Atmosphäre statt eine umfassende Exegese der Lyrics zu verlangen.
Vom Fötus zur kindlichen Leichtigkeit
Ihr neues Album heißt nun Kind und man hört, dass bei aller Traurigkeit aus der schmerzlich-schönen Unsicherheit eines Fötus ein starkes Wesen erwachsen ist: Gewohnt zart und minimalistisch, sprechen aus Songs wie „The Present“, „Killing Time“ oder auch dem Schlaflied „Lullaby“ nicht nur die Dillon’sche Tiefe, sondern auch eine neue Kraft und Leichtigkeit; in „Contact Us“ oder „Shades Fade“ weist der elektronisch grundierte Pop mit stärkerer Rhythmisierung sogar Clubelemente auf.
Auf ihre Frage „How tall will I grow?“ in der titelgebenden Single antwortet Tocotronic-Sänger Dirk von Lotzow im Duett: „Only time will show“. Und wir wachsen mit.
In aller Kürze:
Was? Dillon live
Wann? Freitag, 9. März 2017 | 20:30 Uhr | Einlass 19:30 Uhr
Wo? Technikum München
Wieviel? ab 30€, Tickets hier
Beitragsbild: © Dillon
anna
Posted at 19:42h, 13 Märzich habe lange nicht mehr einen solch geschmacklosen satz gelesen: vom (toten) fötus zur kindlichen leichtigkeit.