tagebook des Münchner Forums

Nicht mutig genug

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Langsam wird deutlich, was aus dem Tal werden soll. Das Baureferat hat höchst konservative und phantasiearme Pläne vorgelegt. Selbst die von den ansässigen Geschäftsleuten getragene „Interessengemeinschaft Tal“, beraten von einer Regensburger Ingenieursgesellschaft, hat sich als mutiger und kreativer erwiesen, wenngleich einige vorgeschlagene Details als noch nicht zuende gedacht erscheinen. Anfang Juli will der Bauausschuss des Stadtrats das weitere Vorgehen beraten.

Durch das Tal fahren nach einer Verkehrszählung vom April dieses Jahres täglich rund 7.000 Autos; das entspricht etwa 700 in der Spitzenstunde. Außerdem gibt es ca. 7.000 Fußgänger, allerdings pro Stunde, tagsüber. Das sind zehnmal so viele. Unter Tag sind die Fußgänger also klar in der Mehrheit. Der Fußgänger sollte folglich hier „König“ sein. Das Tal soll eine durchgehend 6,50 Meter breite zweispurige Fahrbahn bekommen, dazu nach der Planung des Baureferats einen entsprechend der Fußgängerfrequenz deutlich zu verbreiternden Gehweg neben der Heiliggeistkirche sowie elf Taxistandplätze, gegenüber vor der Stadtsparkasse eine Parkbucht für Sightseeing-Busse und im weiteren Verlauf 58 öffentliche Parkplätze vor normal hohen Bordsteinen sowie eine gut hundert Meter lange Ladezone. Erschließungsverkehr soll – ohne jede Einschränkung am Isartor – auch weiterhin möglich bleiben. Auf den Fußwegen soll es zahlreiche Fahrradabstellplätze und an den Bushaltestellen Wartehäuschen geben, dazwischen eine Reihe von Bäumen, und zwar Gleditschien, sowie Sitzbänke und Sitzsteine.

Die Interessengemeinschaft Tal findet diese Planung verbesserungsbedürftig. Sie verlangt nicht etwa noch mehr Autoverkehr, damit Kunden direkt vor den Geschäften parken können (so lautet ja das übliche stereotype Argument gegen eine Verkehrsberuhigung), sondern ganz im Gegenteil eine Reduzierung des Kfz-Verkehrs und der zulässigen Geschwindigkeit, eine Umkehrspur direkt vor dem Isartor, eine niveaugleiche Gestaltung ohne Bordsteinkanten, eine Stärkung des „nichtmotorisierten Verkehrs“, eine „bessere Verknüpfung mit der Fußgängerzone“ und dazu einen nachhaltigen Aufbau der Gehwegbereiche, mehr Ladezonen von insgesamt 180 Metern Länge, verteilt auf sechs kürzere Abschnitte, und – was besonders bemerkenswert ist – abgesehen von vier Behindertenparkplätzen den völligen Verzicht auf die 58 von der Stadt noch geplanten Parkplätze am Straßenrand, damit erstens Parksuchverkehr gar nicht erst einsetzt und damit zweitens für Fußgänger sichere Querungsräume ohne die Sicht behindernde geparkte Autos entstehen.
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Um die Gehwege weiter aufzuräumen, möchte die Interessengemeinschaft auch weniger Fahrradständer, keine Buswartehäuschen, keine Sitzbände und Sitzsteine und keine amerikanischen Gleditschien, sondern europäische Säuleneichen. Schließlich spricht sich die Interessengemeinschaft Tal gegen eine Standard-Straßenbeleuchtung und für niedrige Straßenleuchten wie in der Fußgängerzone sowie eine Fassadenbeleuchtung aus. Insgesamt will sie für die vielen Fußgänger und die deutlich weniger Autos zwar keine verkehrsfreie, aber eine verkehrsberuhigte Zone, in der das Bummeln wieder Spaß machen sollte.

Der Bauausschuss des Stadtrats will den Umbau des Tals noch vor der Sommerpause beraten und die nötigen Kosten genehmigen. Das Baureferat wird danach die Ausführungsplanung erarbeiten und muss sich diese nochmals separat genehmigen lassen. Ihm ist dringend anzuraten, Elemente des von der Regensburger Ingenieursgesellschaft EBB erarbeiteten und von der Interessengemeinschaft Tal vorgelegten Konzepts stärker zugrunde zu legen. Ein Verzichtauf Sitzgelegenheiten und auf Buswartehäuschen beispielsweise ist zwar kaum zu empfehlen; auch erscheint der Bürgersteig an der Heiliggeistkirche nach den EBB-Vorschlägen zu schmal. Der EBBVorschlag geht aber deutlich weiter als die Baureferatsplanung. Erörterungen hat es gegeben; abgesehen von Kosmetik (Straßenbeleuchtung, Bepflanzung) hält das Referat bislang aber weitgehend an seinen Vorstellungen fest.

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