Kinogucken

Perfekte Welle, kein perfekter Film

Thomas Empl

Der Surfer Jay Moriarty kam 2001 im Alter von 22 Jahren bei einem Tauchunfall ums Leben. Davor gelangte er zu Ruhm, indem er mit nur 16 Jahren spektakulärerweise die Riesenwelle „Mavericks“ bezwang. Nun haben die für den Stoff eher ungewöhnlich anmutenden Regisseure Curtis Hanson (8 Mile) und Michael Apted (Die Welt ist nicht genug) diese “wahre Geschichte” verfilmt. Das Ergebnis: Eher weniger spektakulär.

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Der Film geht nämlich nie auch nur ein einziges Risiko ein. Stattdessen folgt man der uralten Schablone der “Rocky”-Außenseiterstory. Man nehme einen Außenseiter (wer hätte das gedacht?), ein unerreichbar scheinendes Ziel, für das er hart trainieren muss und garniere das Ganze mit einer Liebesgeschichte, Familienproblemen oder gerne auch beidem. Mavericks übernimmt diesen Aufbau 1:1 und packt dann auch noch ein paar äußerst lahme Surferplattitüden drauf: “Stell dich deiner Angst” und ja, tatsächlich, “Es gibt immer einen Weg”. Auch in weiteren Details wirkt die Handlung gänzlich unoriginell: Die fertige White Trash – Mutter, um die sich Jay auch noch kümmern muss, der fehlende Vater und fiese Freunde, die sich als Schlangen entpuppen… Es scheint fast als hätte Curtis Hanson sämtliche Nebengeräusche aus “8 Mile” übernommen und einfach Rapper durch Surfer ersetzt. Der Aufbau bleibt exakt der gleiche, Mavericks mangelt es im Vergleich zu seinen offensichtlichen Vorbildern jedoch an Energie und – tödlich – an einem Hauptdarsteller, mit dem man auch wirklich mitfiebert.

Selbiger wird vom völlig unbekannten Jonny Weston gespielt, der definitiv so aussieht wie man sich einen Surfer-/Sunny-Boy vorstellt. Nur wurde der junge Mann eindeutig wegen seiner surferischen, ganz bestimmt aber nicht wegen seiner schauspielerischen Fähigkeiten als Jay besetzt. Da hilft es auch nicht, dass sein Charakter komplett eindimensional geschrieben ist. Sicher wollte man den Verstorbenen (zurecht) würdevoll behandeln – aber ein Mensch ohne eine einzige negative Eigenschaft war er dann wohl doch nicht. Etwas komplexer gerät immerhin Jays Mentor und Vaterfigur Frosty Hesson (vielleicht, weil der noch lebt). Die Geschichte vom Familienvater (gespielt von „Leonidas“ Gerard Butler), der lieber seine Surf-Leidenschaft auslebt und den Nachbarsjungen Jay ausbildet als für seine eigenen Kinder dazusein, ist definitiv die interessantere. Auch spielt Butler die Rolle des Frosty mit Bravour und verleiht ihr eine Wärme, durch die man wirklich mit diesem Mann mitfühlen kann – auch wenn es jedes Mal wenn sein Name genannt wird, schwer fällt nicht an Frühstückscerealien zu denken.

So hat Mavericks ein großes Problem: Der Nebendarsteller überstrahlt die eigentliche Hauptfigur, deren Schicksal einen mehr oder weniger kalt lässt. Und ein zwei Stunden langer Außenseiterfilm, bei dem der Zuschauer dem Außenseiter nicht die Daumen drückt, hat schon verloren. Klar, die wahre Geschichte ist ziemlich beeindruckend. Aber wenn man nicht wüsste, dass sie wahr ist, wäre der Film dann nicht noch durchschnittlicher?

chasingmavssurfinWEB

(Kinostart ist der 17. Januar 2013)

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