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Saustark! – “Die letzte Sau” im Kino

Thomas Empl

‘Man kann ned einfach machen, was man will. Das weiß der Huber schon selber. Und macht’s trotzdem.’ Der Huber, das ist das Held aus Aron Lehmanns (Kohlhaas oder die Verhältnismäßigkeit der Mittel) neuem Film Die letzte Sau. Der Huber reist durch Deutschland und befreit Tiere aus ihren Massenschlachthöfen. ‘Weil, der Huber ist jetzt ein Gesetzloser.’

Am Anfang natürlich noch nicht. Da ist er einer der letzten Kleinbauern, einer von denen, die nur drei Säue in einer Woche schlachten und nicht dreitausend am Tag. Doch die Kleinen können nicht mehr mithalten mit der Großindustrie, und als der Huber seinen Hof verliert und sein Mädchen gehen lassen muss, steigt er auf sein Motorrad – seine letzte Sau im Beifahrersitz – und fährt drauf los.

huber-und-birgitIhm öffnet sich ein beinahe märchenhaftes, grünes Deutschland. Fast wirkt er wie ein schwäbischer Tschick: Trifft auf seinem Road Trip allerlei verrückte, aber hilfsbereite Menschen, macht Dinge, die man nur im Sommer machen kann (nackt ums Lagerfeuer tanzen zum Beispiel), klaut Benzin und sogar ein Schweinelaster spielt eine Rolle. Nur anders als in Tschick hat er als dauerhaften Begleiter nur die Sau – und deshalb ein bisschen mehr einen an der Waffel. Und schneller als in Herrndorfs Deutschland kippt hier immer mehr ins Hässliche: Der Huber begegnet Massentierhaltung, von Agrarkonzernen vergifteten Feldern und Leuten, denen die Industrialisierung alles genommen hat. Also startet er eine Revolution, befreit Tiere und sprüht “So geht’s nicht weiter!” an Betriebs- und Scheunenwände.

Zwischen Komik und Tragik

Die mit Filmfortschreiten immer mehr zunehmende, einseitige Kritik an Kommerz und Industrialisierung hätte leicht anstrengend werden können – doch Lehmann meint sie konsequent ehrlich und wandelt präzise zwischen Komik und Tragik. Ein schwäbischer Banküberfall etwa beginnt erst sauwitzig, weil der Bankangestellte den Dorf-Dialekt des Bankräubers nicht versteht – und schlägt Sekunden später ins Fürchterliche um.
So wagt Lehmann (ähnlich wie beim Kohlhaas) auch zum Schluss noch einmal einen drastischen Tonwechsel: vom amüsanten, oft ironischen Märchen zum düsteren Beinahe-Horror – und auch der gelingt.

huber-und-gewehrSo geht Deutsches Kino

Noch viel mehr muss erwähnt werden: der grandiose Hauptdarsteller Golo Euler, der witzigste Post-Stromberg Gastauftritt von Christoph Maria Herbst als Tierschutz-Aktivist oder der Soundtrack, der zum Großteil aus Ton Steine Scherben – Liedern besteht. Aber man kann es auch kurz machen: Besseres deutsches Kino gibt’s selten. In dem Jahr, in dem Toni Erdmann die deutsche Komödie wiederbelebt hat, ist Die letzte Sau ein grandioser nächster Streich auf höchstem Niveau.

(Kinostart ist der 29.09.2016)

Unser Video-Interview mit Aron Lehmann:
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Der Trailer:
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In aller Kürze

Was? Die Letzte Sau

Wann? Ab 29.9. im Kino

Wo? Zum Beispiel im Monopol-Kino


Bilder: © ana radica ! / Drei-Freunde Filmverleih

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