Kultur, Live

Seesturm der roten Blutkörperchen – Roxanne de Bastion

Markus Michalek

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Früher nannte man es die kleine Hausmusik. Heute nennen wir es Wohnzimmerkonzerte, oder etwas urbaner: House Concert – im intimen Kreis, meist auf Einladung. In der Regel versprechen solche Abende eine entspannte, schöne Atmosphäre; so auch diese Woche in München mit Roxanne de Bastion.

Roxanne de Bastion, geboren in Berlin, mittlerweile in London lebend, steht ohne Scheu mitten im Zimmer, im lockeren Gespräch vor, während und nach ihrem Auftritt. Was sie an Wohnzimmer-Gigs schätzt, ist „die Echtheit. Man lernt sich und das Publikum eben anders als in Clubs kennen.“

An langen Wänden der Wohnung stapeln sich Bücher jeglicher Coleur, draußen die Tramgleise von Nr. 27, die Linie für die Stadt. Dem Geräusch der Bahn folgen Sirenen, sie durchbrechen Poesie, Akkorde, die eingängigen Songs. Aufs Bett gelagert sitzen wir, in Stühlen und am Boden, wir lachen, lauschen, platzieren freche Zwischenrufe. Da wippt jemand mit den Füßen, andere neigen ihren Kopf, die Augen geschlossen und eine besonders gelungene Passage wird mit einem stillen Lächeln belohnt. Später dann, nach dem verdienten Applaus, dem Hut, der von Mensch zu Mensch wandert, zieht man in eine Bar, ein paar Straßen weiter. Für alles das gibt es eine einfache Erklärung:  Wir sind hier schließlich in München und denken an die Nachbarn, weswegen der Housegig auch in einem akademischen Viertel nach 22 Uhr endet, der gute Abend jedoch nicht.

Jetzt aber sitzt neben ihr auf dem Tisch ein Einhorn, ein etwas dickliches; außerdem steht da eine Flasche Whisky. Das sei ihr Motto für den Abend, erklärt sie den anwesenden Gästen, einem guten Dutzend. „Whisky & Unicorns“, so könnte man auch die durchdachten Songs von Roxanne zusammenfassen. Zu den Akkorden, die an Regina Sektor, die musikalische Traditionslinie von Roxanne erinnern, gesellen sich Lyrics,die sich mit Träumen, Hoffnungen, Erfahrungen befassen und weit über eine reine Ich-Findung hinausreichen. Denn da sind Themen wie der Tanz der eigenen Blutkörperchen im inneren Seesturm, oder dem Wunsch nach ein wenig mehr Indielektropop, die von der jungen Frau mit längst erwachsener Stimme locker und vor allem mit jeder Menge Augenzwinkern vorgetragen werden – auf Englisch natürlich, allerdings auch durchsetzt mit „Minimal-German“, z.B. Zeitgeist, oder Angst. Warum sie auf Englisch singt? Roxanne de Bastion, die englische Wurzeln hat, ging vor Jahren schon nach London. Dort will sie gehört und verstanden werden. Und auch London liefert einen Mosaikstein der Geschichte: Für die ambitionierte Songwriterin und Autodiktatin, war übrigens der Beatles-Film „Yellow Submarine“, den sie als Vierjährige sah, das Erweckungserlebnis.

Da bleibt nur noch eines zu sagen: eine sympathische und sehr talentierte Musikerin auf einem guten Weg, die man hoffentlich nicht nur in den hiesigen Wohnzimmern, sondern zukünftig auch in dem ein oder anderen Münchner Club zu hören bekommt.

Mehr Infos gibts auf der Webseite der Musikerin.

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