Kultur, Was machen wir heute?

Stadtutopien und Wortgefechte in der Lothringer13

Julia Serdarov

banksy

Ãœber Strategien, Räume ohne Türen zu schließen und künstlerischer Anarchie in der Stadt wird am Donnerstag, den 22. Juli und am Freitag, den 23. Juli in der Lothringer13 heftig diskutiert – im Debattierclub der urbanauten.

Donnerstag, 22. Juli 2010, 19.30 Uhr
Erster Debattierclub der urbanauten
„PUBLIC SPACE OPEN TILL 8 p.m.“

Martin Klamt über die Strategie, Räume ohne Türen zu schließen

Das vieldiskutierte „Right to the city“ gilt nicht für alle und keineswegs überall; das Ideal der Agora, auf der jeder gesehen und gehört oder auch nur geduldet wird, ist häufig eher Utopie als Realität. Politisch, ökonomisch und sozial motivierte Strategien des Ein- und Ausschlusses bestimmter Personen werden vielfach durch Planung und Gestaltung städtischer Räume vollzogen und überhaupt erst ermöglicht. Martin Klamt zeigt ein Spektrum solcher städtebaulicher und architektonischer Techniken auf, das zwischen Planungsleitbildern, baulichen Grenzen und rechtlichen Verboten oszilliert. Der Fokus richtet sich dabei auf die oft sehr subtile Wirkung des Raums auf die alltägliche Nutzung der Stadt.

Ab 19 Uhr parallel in der Lothringer13/Halle und im spiegel: Eröffnung der Ausstellung Cityscale

Freitag, 23. Juli 2010, 19.30 Uhr | Zweiter Debattierclub der urbanauten
MACHT!

Dr. Heinz Schütz über Stadt-Inszenierung von oben und künstlerische Anarchie von unten

Der Stadtraum ist immer auch ein Raum der Macht. Von totalitären Regimen wird er von oben inszeniert, von Künstlern immer wieder von unten sabotiert. Im scheinbar ideologiefreien und als demokratisch postulierten Raum agieren naturalisierter Kapitalismus und Medien als neu-alte Mächte. Wo bleibt ein Spielraum?

im Rahmen der Ausstellung

Lernen von Pjöngjang
Mit Kim Jong Il, Fabian Hesse, Robert Stark, Ulla von Brandenburg, Arno Brandlhuber, Martin Eberle, Stefan Schneider, Christian Posthofen

Projektfenster apollo13: Martin F. Spengler

17. Juni – 24. Juli 2010 | Do, Fr, Sa 16 – 19 Uhr
Sonderöffnung zur Münchner Architekturwoche (16. – 24. Juli): täglich 16 – 19 Uhr

Zur Ausstellung
Pjöngjang – die nach außen weitgehend abgeschottete nordkoreanische Hauptstadt ist das hässliche Zerrbild der postmodernen Utopie: eine aus Versatzstücken der Weltarchitektur zusammengebastelte Stadt der Oberfläche, der Simulation, der Fassade. In Kim Jong Ils stalinistischem Unterdrückungs system wird Architektur zur Kulisse eines Theaterstücks, das den einzelnen Menschen zum Statisten einer totalen Inszenierung degradiert: eine Freiheit der Formen ohne Freiheit des Individuums.
Pjöngjang freilich mag eines der bizarrsten, vielleicht auch eines der naivsten Beispiele sein für den Versuch, Architektur als Kontroll- und Erziehungsmittel zu verwenden – ein bloß exotischer Sonderfall ist die nordkoreanische Metropole indes nicht: sie ist gleichzeitig Chiffre für die versteckten Herrschafts- und Machtstrukturen des Städtebaus schlechthin.
Denn jede Architektur ist Form, die formt.
Lernen von Pjöngjang präsentiert eine audiovisuelle Installation von Arno Brandlhuber, Martin Eberle, Stefan Schneider und Christian Posthofen, die Ausschnitte aus der Schrift Über die Baukunst des nordkoreanischen Diktators Kim Jong Il mit Eindrücken aus der Lebenswirklichkeit des Landes konfrontiert. Fabian Hesse reagiert auf die Zumutung hohler Repräsentationsgesten mit einer bewusst vergänglichen, provisorischen Anti-Architektur, die der Dokumentation das räumliche Setting gibt. Ästhetische Gegenstrategien proben auch die Menschen in Ulla von Brandenburgs Singspiel: eingeschlossen in das Gehäuse von Le Corbusiers
Villa Savoye, einer Ikone des Funktionalismus, setzen sie die Fragilität, Flüchtigkeit und Poesie der menschlichen Stimme gegen die emotionslose Nüchternheit und Kühle der Architektur. Ihr Gesang wird zum Exorzismus – und zum Versuch eines gemeinschaftsstiften den Tuns, das aus isolierten Individuen ein soziales Ganzes schaffen soll. Die weißen Raumkörper Robert Starks schließlich sind als reine Objekte ebenso lesbar wie als abstrahierte Architekturmodelle, die zwischen Miniaturhaftigkeit und Monumentalität pendeln. In der ideologischen Uneindeutigkeit, mit der sie sich aus dem Fundus architektonischer Archetypen bedienen, stellen sie u.a. die Frage nach Schuld und Unschuld architektonischer Formen und nach den Möglichkeiten ihrer weltanschaulichen Aufladung und Umwertung.

Parallel zur Ausstellung bespielt Martin F. Spengler das Projektfenster apollo13 (immer einsehbar).

In Kooperation mit den urbanauten.

lothringer13/laden
Lothringer str. 13

www.blog.urbanaut.org
www.laden.lothringer13.de

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mucbook macht mit der Rubrik “Gute Werbung” auf Dinge aufmerksam, die Aufmerksamkeit verdienen.

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