Kultur, Leben

Tanzdemo für kulturelle Freiräume

Freiräume schaffen in einer Stadt, die so aus den Nähten platzt wie München. Das scheint ein schwieriges Unterfangen zu sein. Und da die Stadt sich eher auf dem heimischen Immobilienmarkt Freunde macht, anstatt im bunten Mix der Münchnerinnen und Münchner, haben eben jene beschlossen für ihre Freiräume auf die Straße zu gehen. Mit einer Tanzdemo wird am Samstag Schwabing in Schwingung versetzt. Ich habe mit Florian Raabe gesprochen, über das Programm der Demo, das Motto “Mehr Lärm für München” und den münchner Immobilienmarkt.

Foto: via Facebook

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Hallo Florian. Du bist Veranstalter und Organisator der MUSIK- & TANZDEMO gegen die Stilllegung kultureller Freiräume durch Luxussanierungen in München. Was erwartet uns dort?

Florian Raabe:
Um 16:30 Uhr geht´s los. Es wird einen etwas textlastigeren Auftakt geben, sozusagen am Anfang der Inhalt für die Leute, die´s wirklich interessiert. Wir stellen die Thematik vor. Da sind dann auch ein Rapper und ein Liedermacher dabei und anschließend gehts los mit der Musik.

Aber ihr bleibt nicht am Wedekindplatz oder?

Nee genau, wir gehen vom Wedekindplatz zum Nikolaiplatz, zur Leopoldstraße und dann wieder zur Feilitzschstraße zurück. Dort wird musikalisch noch eineinhalb Stunden was geboten und dann ab zur Abschlussfeier.

Und der Name Krachparade? Hat ja mit Musik nicht viel zu tun.

Also der Name Krachparade ist natürlich eher provokativ gemeint und gehört zu unserem Slogan –Mehr Lärm für München–. Natürlich machen wir Krach und Lärm als Demo und wollen aber, dass die Leute eben auch das Thema Krach und Lärm in der Großstadt mal überdenken. Weil wir eben glauben, dass Lärm Teil einer Großstadt ist und Leute, die absolute Ruhe wollen letztendlich falsch sind in einer Großstadt. Gerade in Ausgehvierteln, bei Kneipen in Wohnvierteln oder andere Orte wo Menschen  zusammenkommen, da entsteht eben Lärm. Wir sind nicht damit einverstanden, dass Orte, an denen sich Menschen treffen, ersetzt werden durch Orte an denen absolute Ruhe herrscht. Weil das ist das, was die Immobilienhändler letztendlich machen müssen, denn eine Wohnung mit Lärm ist natürlich weniger wert.

Und was fordert ihr dann von der Stadt München konkret?

Unserer Meinung nach muss einfach die Stadt dafür sorgen, dass solche Bauten nicht möglich sind. Die Leute können Gebäude abreißen und wieder aufbauen wie sie wollen, aber es kommt drauf an was eben wieder an die Stelle kommt und für wen es letztendlich ist, weil Häuser in denen möglichst viele Menschen wohnen und damit in der Stadt leben können in unseren Augen mehr wert sind, als luxussanierte Häuser für Reiche. Die Stadt sagt, sie habe zu wenig Macht drin, aber die Stadt könnte auch deutlich mehr Rechte einfordern. Sie könnte sich auch gegen die Investoren stellen, wenn falsche Projekte geplant werden. Aber stattdessen verkauft die Stadt sogar ihre eigenen Grundstücke an Investmentfirmen, wie zum Beispiel das ehemalige Gaskraftwerk (“The Seven”) in der Müllerstraße. Das finde ich wirklich daneben.

Die Stadt baut dafür ja auch Wohnungen. Vielleicht hilft das ja!?

Das ist schon eine gute Sache, aber wir finden, dass eben Leute die Ruhe und Idylle wollen, und am besten noch Alpenblick, die sind einfach irgendwie falsch in der Innenstadt. Für so etwas sind doch Vororte wie Grünwald oder Pullach viel besser geeignet und da können sich die Leute ja ihre Villen rauslassen. Und die Stadt könnte über diverse Instrumente das, was neu gebaut wird in der Innenstadt, zu normalem Wohnraum wird.

Zur Umsetzung eurer Ziele, habt ihr ja auch einen 3-Punkte-Plan aufgestellt (Aufhebung der Sperrzeiten für Schankflächen draußen; Lärmproduktion statt -prävention; Dezibelluntergrenzen in Reichenvierteln). Schon ein wenig unrealistisch oder?

Klar ist das ein wenig satirisch gemeint, aber das unterstreicht trotzdem die Forderungen die wir haben. Bei den Schankflächen ist das schon eine recht konkrete Forderung, die wir haben, denn dadurch ist dann in gewissen Vierteln einfach Leben auf der Straße. Das ist in anderen Großstädten auch einfach so und keiner tut etwas dagegen. Dadurch kann sich einerseit viel Leben sammeln, aber so etwas drückt natürlich auch die Mietpreise. Dafür werden ruhigere Viertel, wie zum Beispiel Bogenhausen für Leute interessanter, die eben Ruhe suchen. Andererseits werden für Studenten, die es nicht so ruhig brauchen, erträglichere Zustände auf dem Wohnungsmarkt entstehen.

Der zweite Punkt mit der Lärmproduktion betrifft die Aktionen der Stadt, die Streetworker ausschickt um für Ruhe zu sorgen. Ganz im Gegenteil sollte die Stadt besser Straßenmusikern freie Plätze gewähren, um die Stimmung noch ein wenig anzuheizen. Die Leute sind ins Glockenbach gezogen, bekannt als Ausgehviertel, und jetzt beschweren sie sich über den Lärm.

Die Dezibeluntergrenze betrifft zum Beispiel die Lenbachgärten, nördlich vom Hauptbahnhof, da sind überall die Rollos unten, das ganze Viertel wirkt wie ausgestorben, weil vieles auch noch nicht verkauft ist. Aber wer erwartet denn, wenn er zum Hauptbahnhof einer Stadt zieht, Ruhe und Ordnung? Das ist schon sehr konträr. Unsere Idee ist, dass man dort, wo die Stilllegung der Stadt so fehl am Platz ist, wie am Hauptbahnhof, einfach Lautsprecher aufstellt, die das Viertel zumindest akkustisch reanimieren. Das wäre natürlich eine Verzweifelungstat.

Und wie siehts mit kulturellen Freiflächen aus? Euch liegt ja nicht nur der Wohnraum in der Stadt am Herzen.

Das geht ja so ziemlich Hand in Hand mit der Wohnraumproblematik, denn Kulturräume entstehen meistens dort, wo Wohnraum günstig ist. Ausnahmen gibt es natürlich. Aber es gibt zum Beispiel auch viele leerstehende Häuser, die die Stadt einfach verkommen lässt. Zum Beispiel in der Pylotistraße. Das Problem haben die Jungs von Grundbau Immobilien öffentlich gemacht. Und hier könnte man eingreifen. Die könnte man freistellen und die Leute die kommen, würden die dann schon selbst bewohnbar machen. Wir wünschen uns eine lebendige Stadtkultur, die meiner Meinung nach nur möglich ist mit bezahlbarem Wohnraum und da hat die Stadt einfach viele Instrumente.

Ok die Ziele sind klar. Dann danken wir dir für dieses Gespräch und wünschen viel Erfolg bei der Demo. Auf wen freust du dich am meisten?

Eigentlich freue ich mich auf alle. Donnerbalkan wird bestimmt großartig, aber auch die Beatboxer sind richtig gut.

 

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