Kultur, Stadt

Texte als Handlung

Sebastian Gierke
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In der großen Aula der LMU fand am Freitag die Jubiläums-Gala 10 Jahre Schreibwerkstatt Manuskriptum statt. Nebenan im Audimax diskutierten die Uni-Besetzer.  Zwei Sehnsuchtsorte.

Vielleicht lag’s am Ort der Veranstaltung. Die große Aula der LMU, dieser repräsentative Saal, glänzend und vertäfelt, der so viel Platz über den Köpfen lässt. Vielleicht war es der falsche Ort für 10 Jahre Manuskriptum. Aber man wollte wohl etwas Repräsentatives, schließlich ist die Schreibwerkstatt der LMU mittlerweile durchaus renommiert, kann einige erfolgreiche Autoren als Absolventen vorweisen. Die „prominenten und preisgekrönten, die besten“ lasen auf der Jubiläums Gala. Dazu stellten aus den Kursen der letzten drei Jahre 10 Autoren ihre Texte vor.

manuskriptum

Doch Stimmung, Jubiläums-Stimmung, wollte nicht aufkommen. Keine festliche, kaum fesselnde. Das lag in den wenigsten Fällen an den Texten.

Der Vergleich ist zwar ungerecht, aber der Vergleich bietet sich an, auch wenn er inadäquat ist, dem Gegenstand Unrecht tun, er trägt zum Verstehen bei: Am Tag zuvor saß auf der gleichen Bühne, auf der die Manuskriptum-Absolventen lasen, Herta Müller. Während Müller sprach, löste sich ihre Stimme auf dunkle Weise von ihr und füllte den großen Saal bis in den letzten Winkel, wurde zu Energie.  

Von den jeweils nur wenige Minuten dauernden Manuskriptum-Lesungen kann man das nicht erwarten. Doch genau deshalb hätten die Texte wohl an einem anderen Ort, einem, mit weniger Platz über den Köpfen, eine bessere Wirkung erzielt.

audimax

So drang von draußen der Lärm immer deutlicher in den Saal vor, den viele vorzeitig verließen. Der Lärm aus dem Audimax, in dem die Besetzer der Uni gerade im großen Plenum über Kommafehler und Prinzipien, Dogmatik und Ausschlussreflexe diskutierten, über die Sehnsucht, ihr Positionspapier möge mehr als Text sein, Handlung nämlich, die in das, was Realität genannt wird, einhakt. Diese Sehnsucht blieb vor der Tür der großen Aula – und auf der Bühne. Den Weg ins Publikum fand sie nicht.

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