Kultur, Was machen wir heute?

Weltherrschaft und Mutti stolz machen

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Bis sie tatsächlich die Herrschaft über unseren Planeten an sich reißen, muss sich das Münchener Trio eventuell noch ein wenig gedulden. Da stehen die Chancen auf den Durchbruch mit ihrem für Frühjahr geplanten Album schon wesentlich besser. Und Mutti ist dann ganz bestimmt auch stolz. Jetzt live im Feierwerk erleben.

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Foto: Ron Ronson

Es hat den Anschein, als würde die biblische Sintflut heute Realität werden. Aus erdrückend tief hängenden Wolken gießt es bereits seit Stunden ohne Pause, die weißen Wolken und der wie an Schnüren gezogen fallende Regen tauchen München in ein bizarres, helles Licht. Der Vorhang aus Wasser ist so dicht, dass man keine 200 Meter weit sehen kann, sich jede, auch nur leicht abfallende Straße, in einen Bach verwandelt und selbst die wohl korrektesten Menschen über rote Ampeln und quer über die Straße in Unterstände flüchten. Es ist kurz vor neun und einige wenige durchnässte Gestalten huschen über den leeren Skatepark unter das schützende Vordach des Feierwerks.

Das Hansa 39 ist für das Finale des größten Band-Contest Münchens noch erschreckend leer. Ein paar Leute sitzen auf der kleinen Tribüne und trinken etwas, der Rest windet sich schimpfend aus den nassen kalten Klamotten und genießt danach die ersten ruhigen Augenblicke in der warmen Halle. Ob sich die Odyssee durch den Regen gelohnt hat, wird sich gleich zeigen.

Das Licht geht aus, und YUMA betreten die Bühne. Zumindest zwei Drittel von ihnen. Während sich Drummer Georg Bruchner nach einem kurzen Gruß ins Publikum hinter sein Schlagzeug setzt, geht Gitarrist Christian Schmidt grinsend zu seiner Gitarre. Er dreht das gute Stück auf, positioniert sich breitbeinig vor dem Verstärker und flutet den Raum mit einem angenehm unangenehmen Pfeifen. Rückkopplung? Lärm? Sehr schön!

Als das Pfeifen gerade anfängt Spaß zu machen, kommt Dennis Hasenkopf auf die Bühne. Begleitet von den ersten Wolken aus der Nebelmaschine und mit dem wahrscheinlich sympathischsten Grinsen der Welt auf den Lippen sucht auch er zuerst den Kontakt zum Pub-likum, bevor er sich seinen Bass umhängt. Mittlerweile sind die anderen Zwei bereits bei der Arbeit. Das Pfeifen hat sich während Dennis‘ Ankunft in Smell of Gasoline verwandelt. Ein Riff, drei Töne, große Wirkung: Im Hansa 39 setzt ein großflächiges Synchronnicken ein.

Und spätestens als der wummernde Bass einsetzt und die Drums das Nicken zum Headbangen ausarten lassen, wird klar, wo die Reise heute Abend hingeht. „No more excuses – Fly high!“ droht Dennis schon im ersten Refrain und hält seine Ankündigungen ein. Die Drei versinken förmlich in ihrer Musik, vergessen dabei aber nicht, auch die Zuschauer auf ihren Flug mitzunehmen. Mit jedem Akkord wird es heißer im Hansa 39. Im Gegenlicht der Scheinwerfer, die sich wie kleine rote Sonnen ihren Weg durch den dichten Rauch auf der Bühne kämpfen, nähert sich nun auch die Temperatur dem unverwüstlichen Desert-Rock von YUMA an.

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Foto: Diana Kreisl

Wenn man das Trio so betrachtet fällt es schwer zu glauben, dass die drei Münchener erst einen relativ kurzen Weg als Band hinter sich haben. YUMA wurde erst Mitte 2008 gegründet, damals noch mit Andi Krebs, heute Gitarrist und Sänger der befreundeten Band tanertill, am Schlagzeug. Nach dessen Ausstieg Anfang 2009 wurde sofort eifrig nach einem Nachfolger gesucht. Auf die Aushänge meldeten sich zahlreiche Schlagzeuger und die zwei verbliebenen YUMAs wurden Zeugen eines sehr skurrilen Schlagzeuger-Castings. „Einer kam mit Anzug und Aktentasche“, erinnert sich Chris mit einem Schmunzeln. „Und einer hat sich geweigert, unsere Demo-Songs zu spielen. Der hat gesagt, er hätte Bock auf irgendwas mit schiefen Takten. Und wir standen da und dachten einfach ‚Was?! Nein!‘“

Zum Glück für die Beiden stand dann aber irgendwann Georg Bruchner in der Tür des Proberaums. Hier, in der Containerstadt in Allach, irgendwo zwischen LKWs, Burger-King-Tüten und allerhand anderem „Zeug“ wurde von nun an mit Hochdruck an neuen Songs gearbeitet. Ende des Jahres nahmen sie schließlich den langen Weg nach Wien auf sich, um dort ihre gefeierte, selbstbetitelte Debut-EP aufzunehmen. Fünf Stücke – Grundplan des einzig-artigen YUMA-Sounds. Schwerer Desert- und Stoner-Rock, der sich irgendwo zwischen Kyuss, Led Zeppelin und den Queens of the Stone Age seinen Weg bahnt.

Zurück im Feierwerk. Die ersten Songs sind vorbei, das Hansa ist doch voller als gedacht. Auch das Ankommen immer neuer Leute deutet darauf hin, dass die Sintflut doch irgendwie ausgeblieben sein muss. Dazu passend – oder eigentlich nicht – kündigt Dennis El Marinero – der Segler – an. Und vielleicht lässt einen das Gesangs-Intro noch von einem weißgekleideten Seemann träumen, aber sobald er selbst das mächtige Mainriff los tritt, saugt es dem armen Mann jegliches Wasser unter dem Bug weg, sein Boot fällt tief und kracht in eine rot glühende Düne. Die Energie, die YUMA an diesem Abend entfesseln, ist unglaublich und zieht nicht nur die Stammfans in den ersten Reihen einmal mehr in ihren Bann. Das Publikum dankt es ihnen nach jedem Lied mit frenetischem Beifall.

Mittlerweile läuft mit 333 der letzte Song ihrer Set-List. Und als das unerbittlich marschierende Riff mit einem Schlag aufhört und die verschwommene Gitarre den psychodelischen Schlusspart einläutet, versinkt das Hansa in einer hypnotischen Stille. In diesem Moment ist die stickige trockene Luft vergessen, der penetrante Bier- und Schweißgeruch egal und die feuchten Klamotten ziehen den Körper nicht mehr ganz so schwer nach unten. YUMA spielen sich ein letztes Mal in einen Rausch und schweben in anderen Sphären, manche fliegen mit, die anderen bleiben staunend zurück. Und dann noch ein letztes Aufbäumen, ein letztes befreiendes „Take me away – down, down, down – all the way – triple three!“ und es ist geschafft. Die Gitarre landet unsanft auf dem Boden der Bühne, im Raum schwirrt ein tiefes Wummern als YUMA die Bühne verlassen.

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Foto: Diana Kreisl

Kurz darauf stehen die Drei vor dem Eingang, im Schutz des kleinen Vordachs. Der Regen prasselt immer noch in leichten Schauern auf die Straße, die Luft ist angenehm frisch und klar und es riecht nach nassem Asphalt.

Was an diesem Abend noch auf die Jungs zukommt, wissen sie. Zum Beispiel, dass die nachfolgenden Bands vor doppelt so vielen Leuten spielen werden. Oder, dass sie den Bandcontest nicht gewinnen werden. Mit dem Wissen, musikalisch bereits in einer höheren Liga als ihre Konkurrenten zu spielen, könnte das eine Band ganz schön frusten. Und das alles, weil das Finale dieses durchaus bedeutenden Contests seit neuestem durch Publikumsabstimmung statt einer Fachjury entschieden wird. Diskussionswürdig, findet nicht nur Georg, der seinem Ärger nach dem Auftritt noch einmal Luft macht. „Ich hab schon zum Veranstalter gesagt, dass es eigentlich ein Witz ist, weil es dann nicht mehr um die Musik geht, sondern darum, möglichst deinen ganzen Jahrgang mitzunehmen und du hast gewonnen.“

Doch er, Dennis und Chris lehnen trotzdem verschwitzt und grinsend an der Wand des Feierwerks. Wahrscheinlich, weil sie sich ihrer Überlegenheit und ihrem Können bewusst sind. Und weil sie wissen, dass YUMA auch ohne diesen Titel gerade auf einer beeindruckend hohen Erfolgswelle schwimmt. Nach einer Ostdeutschland und Holland-Tour im Frühjahr mit den Catberrys – ebenfalls aus München – stehen nämlich schon die nächsten großen Projekte auf dem Plan. Allen voran das erste Album, dessen Aufnahmen für Frühjahr und Sommer geplant sind und die Suche nach einem Label. Natürlich denkt man dabei sofort an „Elektrohasch“, das Label von Stefan Koglek, dem Chef der Münchener Stoner-Rock-Institution Color Haze.

Aber auch die individuellen Ziele werden nicht aus den Augen verloren. „Eigentlich wollen wir die Weltherrschaft übernehmen“, lacht Chris. Auch Dennis hat sein ganz eigenes Ziel: „ Ich will nur meine Mutti stolz machen!“ Und während drinnen eine fürchterliche Kombo nach der anderen um den Titel der schlechtesten Band mit den meisten Fans kämpft und man schon vor dem Hansa die Hände ob der Freveltaten im Inneren vors Gesicht schlagen möchte, starrt Georg abwesend ins Leere. Mittlerweile hat es ganz aufgehört zu regnen. Die Wolken haben sich aufgelöst und der Mond strahlt hell über dem Feierwerk.

“Es ist einfach so“, beginnt Georg mit einem leichten Nicken, „wir wollen kein großes Ding oder eine große Show machen. Wir springen einfach auf keinen Zug auf, sondern machen weiter, auch wenn uns der Wind mal entgegen blasen sollte“. Er mustert kurz den Boden, blickt aber gleich wieder nach oben. „Wir machen einfach gute Musik. Und darauf kommt es ja schließlich an“.
Ja.

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Live gibts YUMA schon am kommenden Samstag auf der CD-Release-Party von Loonataraxis in der Kranhalle/Feierwerk, zusammen mit Tanertill.
Beginn ist 20 Uhr, Eintritt 7 €.

Wer das verpasst, hat noch an folgenden Terminen die Chance, YUMA live zu erleben:

15.10. DigitalAnalog
Gasteig (Philharmonie), München
21 Uhr • w/tanertill

19.10. Sunny Red
Sunny Red, München
20 Uhr •w/True Widow

Mehr Infos zu Band, Gigs und EP gibts entweder auf myspace oder auf facebook!

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