Kinogucken

Zusammen allein

Thomas Empl

“Thomas, kannst du mal irgendeine Emotion zeigen?”
“Wieso, du zeigst doch genug Emotionen.”

Nein, dieser Dialog stammt nicht aus dem wahren Leben, sondern aus einem Film. Er klingt aber so. Als hätte man ihn schon einmal erlebt. Und genau darin liegt auch die große Stärke der Tragikomödie 3Zimmer/Küche/Bad, die diese Woche in die Kinos kommt.

fast-alle

Das zentrale Thema ist – wie der Titel schon andeutet – das des Umziehens. Über ein Jahr begleitet der Regisseur Dietrich Brüggemann acht junge Menschen, die sich immer wieder beim ein- und ausziehen helfen, sich ineinander verlieben, sich trennen, Freundschaften schließen und in wechselnder Belegschaft miteinander ins Bett steigen. Acht Hauptdarsteller, vier Jahreszeiten, ständig wechselnde Beziehungen… das hätte leicht zu viel werden können. Um so erstaunlicher, dass dabei ein richtig sehenswerter deutscher Film herausgekommen ist, der vor Ideen, witzigen Dialogen und sympathischen Schauspielern nur so überquillt.

Kostprobe gefällig? Es ist Weihnachten. Das ganze Haus ist festlich dekoriert, es läuft Bachs Weihnachtsoratorium und die ganze Familie ist versammelt. Welch perfekter Zeitpunkt für den Vater, feierlich bekanntzugeben, dass er und die Mutter der drei fast erwachsenen Kinder bereits seit 19 Jahren kein Paar mehr sind, sie ihnen das aber all die Jahre verschwiegen haben. 3Zimmer/Küche/Bad hat überraschend viele dieser absurden Momente. Die werden angenehm unaufgeregt in Szene gesetzt, ihre Tragik mit trockenem Humor und entspannten Dialogen (“Was würdest du machen, wenn ich jetzt Schluss mache?” – “Ich wär’ vielleicht froh, dass endlich mal Ruhe ist.”) gewürzt. Die Helden studieren zwar auch Kunst oder Photographie, reden aber kein Woody Allen-Intelektuellen-Gelaber – sondern wie echte Menschen. Manche von ihnen kommen einem sogar richtig bekannt vor: Junge Leute, die noch ihren Platz im Leben suchen, manchmal zusammen, aber oft auch sehr allein.

Gut, ein paar Schwächen gibt es schon auch. Die ruhigen, klugen Szenen funktionieren besser als die, in denen jemand dreimal in Folge vom Fahrrad fällt und der lahme Zeugen Jehovas – Running Gag hätte auch nicht sein müssen. Doch dass es bei so vielen Charakteren und Handlungssträngen auch ein paar Längen gibt, lässt sich letztenendes locker verzeihen. Ein unbekanntes, junges, angenehm tschirnerschweigerlauterbachfreies Ensemble spielt sich (gekonnt!) durch eine ambitionierte, oft sogar witzige und manchmal auch ernsthaft traurige Geschichte. So geht deutsches Kino also auch, man glaubt es kaum.

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(Kinostart ist der 04.10.)

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