Kultur

„Ich will keine Verantwortung – ich eigne mich für so etwas nicht“

Laura Höss
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Mit Henrik Ibsens „Hedda Gabler“ hat gestern im Volkstheater das Festival „Radikal Jung“ begonnen. Eine Inszenierung über die Macht der Langeweile. Klingt nicht sehr spannend, war es aber.

So wenig jung die Stückauswahl im Vorfeld auch angemutet hatte, so radikal ist die Umsetzung der Eröffnungsstücks „Hedda Gabler“. Zu Beginn des siebentägigen Festivals Radikal Jung präsentierte das Volkstheater gestern eine Inszenierung von Alice Buddeberg. Gezeigt wurde die tragische Geschichte einer Frau, die aus Langeweile einen Menschen zerstört – und als Konsequenz ihres Handelns sich selbst.

Man hätte sich keinen besseren Opener wünschen können für ein Festival, das die Zukunft des Theaters aufzeigen will. Die Inszenierung aus dem Schauspiel Frankfurt verzichtet auf die üblichen Handgriffe und Stilmittel um Provokation herbeizuführen und Innovation vorzugaukeln: Es wird wenig geschrien, Blut fließt auch keines und Sexszenen gibt’s nicht. Lediglich der Bohemian Eilert (Sébastien Jacobi) darf sich einmal eine Zigarette auf der Bühne anstecken.
Und dennoch ist das, was gestern auf der Bühne des Münchner Volkstheaters gezeigt wurde, keineswegs angestaubt. Vielmehr bot sich dem Publikum eine kurzweilige, fesselnde Geschichte über ein Frauenschicksal, die nicht belehren wollte und zugleich den ein oder anderen Lacher zuließ.

Das Stück erzählt die Geschichte von Hedda Tesman, geborene Gabler, die soeben von ihrer Hochzeitsreise mit einem Mann, den sie nicht liebt, heimgekehrt ist. Aus Langeweile und Lust an Zerstörung treibt sie ihren ehemaligen Liebhaber in den Selbstmord. „Ich will ein einziges Mal in meinem Leben die Herrschaft haben über ein Menschenschicksal.“

Diese Begründung gibt nur eine reichlich oberflächliche Erklärung für das jähzornige und manipulative Wesen der Hauptfigur ab. Diese Oberflächlichkeit ist jedoch bewusst gewünscht und Constanze Beckers Darstellung der Hedda pendelt zwischen kindlich-naivem Spieltrieb und kühl kalkulierter Zerstörungssucht. Dabei reizt sie die gesamte Facette des Charakters von Ibsen aus. Faszinierend ist dies in jedem Fall.

„Hedda Gabler“ ist dank der Kompromisslosigkeit der Hauptfigur und ihrem „modernen Charakter“ ebenso wie der Zeitlosigkeit der Handlung – ein Individuum gefangen im Käfig der bourgeoisen Eintönigkeit – ein dankbares Stück für Regisseure. Der Erfolg der Inszenierung steht und fällt natürlich auch mit der Güte der Schauspieler, in diesem Fall der Leistung von Constanze Becker und Thomas Huber als Amtsgerichtsrat Brack, der einzige der Hedda an Durchtriebenheit das Wasser reichen kann. So bildete „Hedda Gabler“ eher aufgrund der Handlung als der Inszenierung einen gelungenen Auftakt für ein junges Theaterfestival.

Das Festival Radikal jung findet vom 9 – 16. April im Münchner Volkstheater statt. 
Dieses Jahr sind folgende Inszenierungen zu sehen:

• “Hedda Gabler” 
Regie: Alice Buddeberg
 
• “Der Geisterseher
” Regie: Antú Romero Nunes
 
• “Ernst ist das Leben (Bunbury)
” Regie: Anna Bergmann
 
• “Amerika” 
Regie: Bastian Kraft
 
• “Himmelangst (UA)” 
Regie: Lilli-Hannah Hoepner
 
• “Im Pelz (UA)
” Regie: Johannes Schmit
 
• “Eros (UA)” 
Regie: Christine Eder
 
• “Romeo und Julia
” Regie: Simon Solberg

Weitere Infos gibt es hier auf der Website des Volkstheaters.


Foto: Wonge Bergmann

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