Kultur

„Musik ist die Konstante in meinem Leben“

Birgit Buchart

max von milland interview

Der Südtiroler Singer, Songwriter Max von Milland veröffentlichte Ende Januar sein Debütalbum „Woher I Eigentlich Kimm“ und stand damit am Dienstag endlich auch in München auf der Bühne. Den Morgen danach verbrachte er mit uns in der Bar seines Hotels. Im Interview erzählt er aus seiner Vergangenheit, träumt vom Olympiastadium und ärgert sich über seine Landsmänner der Band Freiwild.

„Oft andersch als du denksch.“ Ein Satz, der nur zu oft im Leben zutrifft. So ist es auch mit der Musik von Max von Milland: Der Singer und Songwriter schreibt Lieder über seine Heimat und interpretiert sie im Südtiroler-Dialekt. Da ist es nur logisch, dass unser aufdringliches Kopfkino sofort den Musikantenstadel auf der Leinwand abspielt. Es ist aber wie gesagt, oft anders als man denkt. Ganz anders. Das Debütalbum mit dem treffenden Titel „Woher I Eigentlich Kimm“ vereint Mundart mit Pop-Folk, wie es sich bisher noch niemand getraut hat.
Max von Milland, heißt eigentlich Max Hilpold, wuchs in Brixen auf, lebt aber mittlerweile in Berlin. Er spielte bereits im Vorprogramm der Sportfreunde Stiller oder Fiva und darf sich seinen Produzenten mit Deutsch-Pop-Größen wie Juli oder Madsen teilen. Der 27-Jährige verursacht sich mit seinem zeitgemäßen Akustik-Gitarren-Sound Gänsehaut, auch bei denen, die seine Texte nicht verstehen. Für die Wenigen, die dann auch noch seinen Worten folgen können, eröffnet sich in seinen Songs eine tiefgründige und ehrliche Welt einer interessanten Persönlichkeit.

Wir haben den sympathischen Politikwissenschaft-Student einen Tag nach seinem Konzert im Münchner Backstage getroffen und durften erleben, dass der Max hinter diesen Songs mal so gar nicht anders ist, als gedacht:

„Woher du eigentlich kimmst“ wissen wir bereits. Aber was hast du dort, wo du herkommst so gemacht? Du hattest doch vor deiner Solokarriere bereits eine Band, richtig?
Ich habe mit 14 daheim in Brixen mit Bands angefangen. Wir haben damals die Band gegründet, bevor wir überhaupt gelernt hatten Instrumente zu spielen. Wir gingen einfach mal in den Proberaum… und so hat das alles langsam angefangen. Wir waren damals eine Punkband, die Songs von Bands wie Nirvana coverte.
Als ich nach Berlin gezogen bin, hatte ich auch wieder eine Band. Das war allerdings eine klassische Rockbesetzung: Zwei Gitarren, Bass, Schlagzeug und englischsprachiger Gesang.


Wie verlief dann der Weg zur Solokarriere im Dialekt?

Ich habe ja eigentlich immer schon Songs im Dialekt geschrieben. Als sich dann die letzte Band aufgelöst hat, habe ich mir überlegt: Was will ich jetzt machen, wie kann ich mich am besten ausdrücken? Also hab ich mich einfach hingesetzt und Songs im Dialekt geschrieben…

Wie kam es daraufhin zu deinem „Durchbruch“? Ich habe in einem Bericht über dich gehört, du wurdest „entdeckt“. War es wirklich so einfach?
(lacht) Nein, so einfach war das nicht. Irgendwie über Kontakte und Umwege nahmen mich die Sportfreunde Stiller in ihr Vorprogramm. Das war einmal in Bozen und einmal in hier München, im Zirkus Krone. Dort gab es dann auch schon die ersten Gespräche. Es waren Leute von Plattenfirmen da, mit denen ich reden konnte. So kam man Schritt für Schritt voran. Da war ja auch noch die Sache mit dem Bayrischen Förderpreis, für den ich mich beworben hatte und den ich dann auch gewonnen habe. So lief das Ganze langsam an. Also es war nicht so, dass meine Tür zum Proberaum offen stand und jemand mit einem Vertrag vorbeikam.

Deine Texte handeln überwiegend von deiner Heimat. Du wirst das bestimmt häufig gefragt, aber man will es einfach wissen, wenn man deine Songs kennt:
Was bedeutet Heimat für dich?

Mein Album „Woher I Eigentlich Kimm“ zu nennen, war für mich eine logische Schlussfolgerung, es ist der Rote Faden sozusagen, weil das alles Ideen waren, mit denen ich frühere Erlebnisse verbinde oder ausdrücken möchte. Es geht dabei viel um „Zeit“. Da ich vor mittlerweile sieben Jahren nach Berlin gezogen bin, habe ich meine alte Heimat irgendwie neu kennen gelernt. Auf einmal habe ich gecheckt, was ich eigentlich an meiner Heimat habe und wie gern ich sie hab‘. Genau das hat sich dann in den Songs widergespiegelt.
Aber um auf deine Frage zurückzukommen: Heimat ist für mich unabhängig von Orten – für mich persönlich ist es natürlich ein Ort, aber das muss nicht für jeden so sein – sondern es ist das Gefühl, daheim zu sein. Menschen um sich zu haben, mit denen man sich wohl fühlt. Für mich ist das natürlich Brixen, weil ich da meine Jugendfreunde und meine Familie habe. Das bezeichne ich als meine Heimat. Ich bezeichne mich auch nach sieben Jahren in Berlin noch als Südtiroler in Berlin und nicht als „Wahlberliner“.

Kann Berlin nie deine Heimat werden?
Nein, das ist was anderes. Mit Berlin habe ich andere Erlebnisse gemacht, die haben aber erst begonnen als ich schon 20 war. In Brixen habe ich Erlebnisse, in einer Straße oder einer Bar, an die man sich zurückerinnert… Das sind unterschiedliche Erlebnisse. Ich glaube der Ort an dem man aufgewachsen ist, prägt einen schon sehr.

Also entstand dieses Gefühl der Heimatverbundenheit erst mit dem Umzug nach Berlin?

Genau. Damals, nach der Matura, dachte ich bloß: Ich muss jetzt mal weg, ich muss mal was sehen! Dann, erst so nach zwei oder drei Jahren, habe ich bemerkt: Ok, ich bin der, der ich bin… Ich weiß wo ich herkomme und ich bin anders als ihr. Meine Heimat ist wo anders. Aber das heißt nicht, dass ich mich nicht wohl fühle. Berlin bietet mir natürlich gute Möglichkeiten. Aber der Austausch macht‘s. Sagen zu können: ich habe die Schnauze voll von Berlin, ich fahr wieder heim! Oder umgekehrt. (lacht)

Willst du irgendwann wieder nach Brixen zurückziehen?
Ja! Auf jeden Fall. So schnell wird das zwar jetzt nicht passieren, weil ich diese Zeit im Leben nutzen will um so viel wie möglich mitzunehmen. Aber, dass ich irgendwann wieder zurückgehe, ist sicher.


Kommen wir zu deinen Songs. Du schreibst deine Texte über persönliche Erlebnisse, das betonst du immer wieder und das ist auch nicht zu überhören. Aber hast du auch sonst noch Inspirationsquellen oder sogar Vorbilder?

Vorbilder eher nicht. Das geht schon eher in die Richtung Inspiration. Ich sage mir nicht, ok ich will jetzt klingen wie Kings of Leon oder so. Aber man hört halt Musik, die einen natürlich unterbewusst inspiriert. Das wären dann für mich die Bands Kings of Leon, Beatles oder Coldplay. Ich habe eigentlich nur fünf oder zehn Alben auf meinem MP3-Player, die ich schon seit zehn Jahren höre. (lacht) Also das wechselt sich bei mir nicht so oft ab.

Wie kam es zu der Entscheidung deine Heimat als, wie du sagst, Roten Faden für das Album zu nehmen? Ist dir das einfach eingefallen oder gab es dafür eine bestimmte Inspiration?
Nein. Also ich setze mich nicht hin und denke mir, ich will jetzt so etwas wie „Guat Dabei“ schrieben. Sondern es beginnt bei mir immer mit einer Melodie. Der Text kommt dann irgendwie von alleine. Ich bin kein Konzeptschreiber, der sich denkt, ok ich will jetzt über … keine Ahnung, Katalysatoren im Auto schreiben. (lacht)

In einem Interview hast du mal gesagt: „Wenn ich mal Stadien fülle, kann ich sagen, dass ich was erreicht habe.“
Echt, habe ich das?

Ja, auf die Frage hin, ob du bereits den Durchbruch hattest.
Ach ja, stimmt.

Ist das dein Ziel als Musiker, irgendwann Stadien zu füllen? Oder ist es dir nur wichtig, ständig die Möglichkeit zu haben Konzerte zu spielen?
Sowohl als auch. Einerseits freut man sich als Künstler natürlich darüber, wenn so viele Leute wie möglich, deine Kunst wollen. Umso schöner für den Künstler selbst. Andererseits war die Musik schon immer eine Konstante in meinem Leben, ob das jetzt kommerziell erfolgreich ist oder nicht, es wird die Musik für mich immer geben. Ob das Millionen Leute hören oder nur ich… liegt nicht in meiner Hand, das kann ich nicht beeinflussen. Das müssen die Menschen entscheiden, ob sie das hören wollen.
Natürlich ist mir bewusst, dass meine Musik durch die Mundart schon ein wenig begrenzt ist, im Mainstream. Aber ich versuche mich auf jeden Fall weiterzuentwickeln und immer mehr Leute mit meiner Musik zu erreichen. Ob ich irgendwann die Münchner Olympiahalle fülle, weiß ich nicht, aber ich arbeite dran. (lacht)

Du sprichst davon, dass deine Musik Menschen erreichen soll. Wie würdest du dir wünschen, dass deine Songs bei den Leuten ankommen, was sollen sie bewirken?
Also mich fasziniert es, dass ich einen Song schreibe und es gibt Leute, die verbinden damit etwas. Die hören das vielleicht in irgendeiner Situation und verbinden damit Erlebnisse. Es ist wahnsinnig schön zu wissen, dass Menschen mit meiner Musik einen Moment oder Erlebnisse verbinden, das ist wirklich faszinierend.

Du hast im Moment ja ständig Interviews und wirst bestimmt immer wieder die selben Fragen zu hören bekommen. Also möchte ich zum Schluss etwas weg von den typischen Interviewfragen.
Da bietet sich natürlich an, das Thema dir zu überlassen:
Welche Frage würdest du gerne einmal gestellt bekommen bzw. beantworten?

Mhm… warte mal, das ist schwierig… Können wir die Frage mal aufschieben?

Klar.
Es geht aber mit einer Ähnlichen weiter:

Welches Kompliment würdest du gerne einmal von einem Fan bekommen, was würde dich als Musiker wohl am meisten ehren?
Du hast mir vor dem Interview eigentlich schon so ein Kompliment gegeben. Du hast mir gesagt, du kannst dich mit meinen Texten identifizieren, das ist so ziemlich das tollste, das es gibt.

Schön. Dann ist das ja schon einmal erledigt.
Wenn du einen Satz sagen könntest, während dir die ganze Welt zuhört, welcher wäre das?

Ok, an die ganze Welt… Ich würde ich sagen: „Hey ich spiel morgen in der Olympiahalle, kommt mal alle vorbei!“ (biegt sich vor lachen) Naja, das ist jetzt ein bisschen banal… Was würde man da sagen … mhh…

Aber wenn dann alle in der Olympiahalle sind, kannst du ja noch mehr sagen.
Ja stimmt, danke! Genau: „Kommt‘s vorbei und dann erfahrt ihr mehr..“ (lacht)

Was machst du mit 50 Jahren? Und wo bist du?
Also wenn alles gut läuft, habe ich eine kleine… oder etwas größere Hütte auf einer Alm. Da habe ich dann mein Studio drinnen, habe einen Garten und meine eigene Versorgung- alles was dazugehört. Und ich gehe morgens raus mit einem Kaffee und habe vor mir die Dolomiten.

Die letzte Frage ist wieder etwas ernster. Du bist Politikwissenschaft-Student und Südtiroler. Du singst selbst von deiner Heimat und bist stolz darauf wo du her kommst. Aber wie empfindest du die Songtexte der umstrittenen Band Freiwild?
Bezeichnest du das auch als harmlose Heimatliebe oder geht das zu weit?
Das ist ein Thema, mit dem ich mich immer schon beschäftigt habe. Ich wusste, dass diese Frage irgendwann kommt und die wird auch noch öfter kommen.

Für mich ist das nicht vertretbar!
Also ich stehe für etwas anderes, ich stehe nicht für das Südtirol, das die verkörpern. Ich stehe auch nicht hinter dem, was die machen! Und ich glaube, dass es vielen Südtirolern so geht, wie mir, dass sie sich damit nicht identifizieren können. Und ich glaube auch, dass Südtirol moderner und fortschrittlicher ist, als es diese Band darstellt. Es ist nicht schön, dass Südtirol durch Freiwild so einen Ruf bekommt! Das ist mir persönlich nicht recht. Ich bin stolz auf Südtirol, eine Vorzeige-Region in Europa zu sein – eine Region von zwei verschiedenen Kulturen, die zusammen leben. Ich bin stolz auf mich als Südtiroler, dass wir uns öffnen für so etwas und wir zweisprachig aufwachsen…

Das heißt aber nicht, dass man seine Traditionen vergisst und verlernt. Es ist doch vielmehr eine Aufwertung für die Gesellschaft, wenn man sich von anderen Kulturen beeinflussen lässt. Das bringt einen nur voran. Natürlich hat Südtirol eine schmerzhafte Historie, als Südtiroler gesehen… aber das, was Freiwild macht, ist einfach nur viel zu populistisch, das kann ich nicht anders erklären. Ich glaube vielen anderen geht es ähnlich, wie mir. Die Band ist ja nicht blöd, die wissen doch genau, was die machen und was sie so sagen. Das „With Full Force Festival“ abzusagen ist doch nur PR! Ich steh jedenfalls absolut nicht hinter dem Südtirol, das die verkörpern. So!

Das wär‘s dann eigentlich mit meinen Fragen. Also bist du mir jetzt nur noch diese eine Antwort schuldig:
Welche Frage würdest du gerne einmal gestellt bekommen, beziehungsweise beantworten?

Ähm, ja eigentlich wollte ich mich schon lange einmal zu diesem Freiwild-Scheiß äußern. Aber ich weiß nicht, ob ich da nicht schlafende Hunde wecke… Aber das wird sowieso noch öfter kommen. Nein, ich will denen gar nicht so eine Plattform geben, das ist mir unangenehm.
Deswegen, andere Frage… (beginnt schon zu grinsen…) Besser dann doch die Frage: „Hey, wie war‘s gestern in der Olympiahalle?“ (lacht laut)

Der Running-Gag heute, super Antwort!

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