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Meine Halte: Prinz-Eugen-Park alias Pionierschule!

Josephina Richardt

Man weiß ja nie so recht, welche Tramnummer einen hier nun erwartet. Eines Morgens steht man wie gewohnt da und stellt fest, dass aber die Nummer nicht wie gewohnt dasteht. Aus einer 18 wird 17, die Strecke der neuen 17 ist die der alten 16 und die 16 fährt die Strecke der alten 18… Die MVG ist immer für eine Überraschung gut. Früher war das noch anders. Früher: als die heutige Trambahn-Haltestelle “Prinz-Eugen-Park” noch “Pionierschule” hieß und der Bus 59 dort verkehrte.

Die Pionierschule – Ein Stück Geschichte

Die Prinz-Eugen-Kaserne (Lohengrinkaserne) ist 1938 ursprünglich als Nachrichtenkaserne für die Luftwaffe der Wehrmacht erbaut worden. Nach dem zweiten Weltkrieg übernahmen die Amerikaner die Kaserne und verwandelten sie in ein Flüchtlingslager und einen Auffangort für Displaced Persons.
Ab 1956 gehörte die Kaserne dann zur Bundeswehr. Diese errichtete darin Unterrichtsgebäude und betrieb eine Pionierschule mit der Zusatzbezeichnung “Akademie des Heeres für Ingenieurbau” und ab 1971 mit dem Namen „Pionierschule und Fachschule des Heeres für Bautechnik“.
Bis zu ihrer Schließung im Jahre 2009 (die Ausbildung wurde nach Ingolstadt verlegt) erhielten dort beinahe 240.000 Angehörige der Bundeswehr ihre Ausbildung.

Das Gelände der ehemaligen Schule umfasst beinahe 30 Hektar. Es war ein imposanter und abwechslungsreicher Anblick. Etwas “besonderes”. Und die sehr niedrig gelegenen Fenster direkt über dem Boden erlaubten den ein oder anderen interessanten Einblick in das Pionierleben.

“Leben im Quartier” – Die Verwandlung des Prinz-Eugen-Parks

Heute gibt es die Pionierschule nicht mehr – weder besucht noch verlassen. Sie wurde abgerissen. Bis auf die Schwimmhalle ist das komplette Areal neuen Bauprojekten zum Opfer gefallen.
Besser gesagt: einer teilweise “ökologischen Mustersiedlung”, wie es auf der Webseite des Prinz-Eugen-Parks heißt. Um die 1800 neue Wohnungen sollen entstehen, Schulen, Kindergärten, Einkaufsmöglichkeiten, ein Altenheim, Freizeitmöglichkeiten, Restaurants etc. – eine eigene kleine Stadt mitten in Bogenhausen.

So sieht es heute (immer noch) aus

Die gute Nachricht ist: der Baumbestand soll erhalten bleiben und dem ganzen einen Parkflair verleihen. Fuß- und Radwege schlängeln sich durch die Anlage.

Die schlechte Nachricht ist, dass es bei weitem nicht genug Parkplätze gibt. Soll es auch nicht, denn in einer ökologischen Mustersiedlung wird schließlich weniger Auto gefahren. In der Praxis aber sieht das so aus, dass die Anwohner für ihren Stellplatz monatlich zahlen müssen, wenn sie denn überhaupt einen haben. Und dass sie, wenn nicht, wohl oder übel auf die Umgebung ausweichen müssen – die sich darüber natürlich besonders freut.

Besonderes Leben im “Quartier”

Auch das Leben im Prinz-Eugen-Park – dem “Quartier” – ist besonders. Hier gibt es Gemeinschaftsräume und Genossenschaften, denen ca. 23% der Wohnungen gehören. Um eine hiervon zu bekommen, ist die Mitgliedschaft in der Genossenschaft Voraussetzung. Die Genossenschaft für Quartiersorganisation betreibt das Quartiersmanagement. Denn Nachbarschaft und Beteiligung am Quartiersleben werden großgeschrieben.

Wie der gesamte Komplex einmal wirklich aussehen wird, muss man sich zunächst weiterhin vorstellen. Noch wird dort gehämmert, gemeißelt, geklopft. Zwar sind einige Wohnungen bereits bezogen, doch der Prinz-Eugen-Park ist seit 2016 eine einzige riesige Baustelle. Die Fertigstellung ist im Moment für 2021 geplant.

Gesprächsstoff vor der Haustüre

Es ist definitiv ein interessanter Gesprächsstoff direkt vor der eigenen Haustüre, doch ich wünsche mir lieber wieder die gute alte Pionierschule zurück als den Anblick dieser massiven gleich aussehenden Kästen. Aber da ich nicht zur Prinz-Eugen-Nachbarschaft gehöre, fragt mich da wohl keiner.


Bilder: © Josephina Richardt