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Antifa-Kongress in München – oder: Sind wir Lügenpresse?

Benjamin Brown

Nach einem peinlichen Hin und Her des DGB, der seine Einladung an die Organisator*innen nach öffentlichkeitswirksamen Druck der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) zurückgezogen und sich dann doch wieder umentschieden hatte, durfte der Antifa-Kongress vom 3. bis 5. November letztendlich im Münchner Gewerkschaftshaus in der Schwanthalerstraße stattfinden.

Volles Haus – dank Gratiswerbung

Dass sich die DPolG über die Entscheidung “entsetzt” zeigte, Räume an “die” Antifa zu vermieten und die Gewerkschaft der Polizei (GdP) den DGB, bei der sie Mitglied ist, gebeten hatte “der Antifa keine Räume im DGB-Haus zur Verfügung zu stellen”, konnte den Erfolg des Kongresses nicht mindern – im Gegenteil.

Die Mobilisierung gegen das Treffen wurde als zusätzliche “Gratiswerbung” von Seiten der Organisator*innen sogar dankend angenommen, der Kongress war ausverkauft, die Münchner Polizei zählte 400 Besucher*innen, die Veranstalter*innen sprechen sogar von 600.

AfD, Pegida und Rechter Terror

Drei Tage lang diskutierten antifaschistische Initiativen, Vereine und Einzelpersonen über aktuelle Themen wie den Aufstieg der AfD, die Zukunft Europas und Rechten Terror in Deutschland. Dass beim letzteren Thema Diskussionsbedarf besteht, bewies PEGIDA bei ihrer Kundgebung, die 200 Meter neben dem Tagungsort stattfand.

Auf einer Leinwand projizierten sie ein Bild des rosaroten Panthers – und stellten damit einen klaren Bezug zum NSU her, der solche Szenen in seinen Bekennervideos verwendete. Gekoppelt mit der Drohung “Von jetzt ab, da ist eines klar: Das Paulchen jagt bald Antifa”, zeigte sich erneut die nun ganz eindeutige Positionierung der Gruppe. Dies fiel nicht nur Kongressteilnehmer*innen, sondern auch der Polizei auf, der Staatsschutz ermittelt nun aufgrund des Verdachts auf “Billigung von Straftaten” gegen PEGIDA.

Vorträge, Workshops, vielfältige Diskussionen

Ansonsten verlief das Wochenende ruhig – bis auf einzelne Kontrollen kam es kaum zu Kontakt zwischen der Polizei vor Ort und auch in den Vorträgen und Workshops wurden über friedliche Lösungen zu aktuellen Problemen diskutiert.

Auch die AfD hatte am Wochenende gegen den Kongress demonstriert – während drinnen über ihre personellen Überschneidungen zu rechten Terrorgruppierungen und dem Bundeswehrsoldaten Franco A., der Anschläge in Deutschland vorbereitet haben soll, diskutiert wurde.

Kompetente Referent*innen und intelligente Fragen, Erste-Hilfe-Workshops und ein Besuch an der KZ-Gedenkstätte Dachau – der Traum aller Sozialkundelehrer*innen?

Es sollten diese Bilder sein, die aus den Sälen hinaus in die Öffentlichkeit getragen werden.

Sind wir schon Lügenpresse?

Ähnlich ruhig wie die Situation vor dem Gewerkschaftshaus waren auch die Gespräche, die wir bei unserem Besuch des Kongresses mit Teilnehmer*innen führen konnten – sie fanden nämlich kaum statt. Dort wo wir, sichtlich als Presse gekennzeichnet, diskutieren oder Fragen stellen wollten, stießen wir schnell auf Schweigen. Die Rückfrage nach dem Namen des Magazins blieb meist der einzige Bestandteil des Gesprächs. Eine angespannte Stimmung, in der der Begriff “Lügenpresse” gerade noch vermieden wurde.

Dieses Misstrauen gegenüber Medienvertreter*innen ist schade – schließlich besteht nach der einseitigen und undifferenzierten Berichterstattung vom G20-Gipfel und der antifaschistischen Bewegung im Allgemein Bedarf an neutraler Berichterstattung.

Fazit

Beim Antifa-Kongress Bayern kann man von einer erfolgreichen Veranstaltung sprechen: Volles Haus, interessante Vorträge und eine friedliche Atmosphäre.

Um die Worte einer Aktivistin wiederzugeben, die sich tatsächlich getraut hat, mit uns zu sprechen: “Hier wird nicht die vierte Generation der RAF hochgezüchtet. Wir möchten lediglich über die ungewisse Zukunft und den Kampf gegen Rechts reden!”


Beitragsbild: © Jan Krattiger

1Comment
  • Jonas Kirsch
    Posted at 03:27h, 10 November

    Die Kinder der “bösen Kapitalisten” diskutieren mit von Sklaven gefertigten Nike Air Max Schlappen an ihren Füßen und Bier in der Hand über die Revolution.

    Peinlich.

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