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#aussteigen – Aktuelles zu den Anti-IAA-Demos

Anne Lenz

„Ich bin 25 Jahre alt und meine Zukunft wird gerade zerstört.“

Jonathan Kolb, Landesvorstand der BUND-Jugend

Mit diesen Worten wird die Pressekonferenz des Bündnisses #aussteigen zur Demonstration und Sternfahrt anlässlich der Internationalen Automobil-Ausstellung eröffnet. Im Zeitraum von Dienstag, 7. bis Sonntag, 12. September findet in München die IAA Mobility statt, mit einem Fokus auf klimafreundliche, zukunftsorientierte Mobilitätskonzepte. Umweltorganisationen und andere Gruppierungen kritisieren die Großveranstaltung und organisieren Proteste und Kundgebungen gegen die IAA.

Im Rahmen der Pressekonferenz von Montag, 6. September geben die Veranstalter*innen der Demonstrationen neue Informationen zum geplanten zivilen Ungehorsam während der Automesse: Jonathan Kolb, Landesvorstand der BUND-Jugend, erklärt, dass Mobilität nicht auf Kosten der Jugend geschaffen werden darf. Er fordert:

“Keine kurzzeitigen Gewinne, sondern echte Nachhaltigkeit!“

Jonathan Kolb, Landesvorstand der BUND-Jugend

Nur ein grüner Anstrich?

Das Konzept der Automobilmesse und das Geschäftsmodell der Autokonzerne basiere noch immer auf dem ansteigenden Verkauf immer größerer Autos, so Marion Tiemann, Verkehrsexpertin von Greenpeace. Die Zahl der Verkehrsmittel mit Verbrennungsmotoren und die immensen Ausstöße der deutschen Automobilindustrie liessen sich nicht mit dem neuen Image der IAA vereinen. Der grüne Anstrich der Messe wirke unglaubwürdig. Laut Tiemann leide vor allem die jüngere Bevölkerung und die Menschen im globalen Süden unter dem fahrlässigen Handeln der Autoindustrie, weshalb das Bündnis die Investition in eine „echte“ Mobilitätswende fordert. Anstatt vom ohnehin kommenden Wandel überrollt zu werden, sollen Konzerne und Regierungen umdenken, nachhaltig investieren und so auch Arbeitsplätze erhalten.

Roland Süß vom globalisierungskritischen Netzwerk Attac erläutert, dass die reichsten Länder der Welt hauptverantwortlich für die Erderwärmung sind:

„Das reichste 1% der Weltbevölkerung, also etwa 63 Millionen Menschen, ist verantwortlich für mehr als doppelt so viel Treibhausgas, als der ärmere Teil der Menschheit, also 3,1 Milliarden Menschen.“

Roland Süß, Attac

Um die verheerenden Folgen dieser Entwicklung aufzuhalten, sei laut Süß eine sozial-ökologische Transformation nötig. Der ökologische Anstrich der IAA stelle nur einen Versuch dar, die öffentliche Debatte zu kontrollieren.

Gegenwehr zu den Protestaktionen

Die Antwort der Aktivist*innen auf die IAA in Form von organisierten Protesten wird derzeit noch von den Behörden erschwert: Im Zuge einer Sternfahrt am 11. September sollen Demonstrierende aus 11 umliegenden Städten nach München radeln und sich zu einer Schlusskundgebung auf der Theresienwiese einfinden. In München selbst sollen vier große Demozüge stattfinden. Bereits im September 2020 wurden die nötigen Anträge und Informationen zu den geplanten Demonstrationen bei den Behörden vorgelegt. Am vergangenen Freitag, 3. September kam nun das Verbot des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, bei der Radsternfahrt Autobahn-Abschnitte zu nutzen. Zudem sollen drei der vier Demozüge in München verboten werden und die verbleibende Route gekürzt und geändert werden. Das Bündnis leitete bereits juristische Schritte gegen das Vorgehen der Stadt ein.

Das Bündnis klagt gegen Verbot von IAA-Demo auf Autobahnen

„Es ist absurd: Die Radsternfahrt, bei der die Menschen für klimaverträgliche Mobilität demonstrieren wollen, soll den Kfz-Verkehr möglichst wenig stören, sich räumlich stark einschränken und keinesfalls auf die Autobahn. Die IAA dagegen darf sich in der Stadt ausbreiten, Radwege blockieren und für die ‚Blue Lane’ die Autobahn nutzen. Dieses autozentrierte Denken zeigt, wie nötig unser Protest ist.“  

Andreas Schön, ADFC München, Anmelder der Radsternfahrt

Zudem haben die Organisator*innen des Mobilitätswendecamps am Sonntag, dem 5. September, eine Klage gegen die strengen Auflagen des Kreisverwaltungsreferats (KVR) eingelegt und teilweise Recht bekommen. Das KVR genehmigte dem Camp ursprünglich nicht, die erwarteten 1.500 Teilnehmenden mit veganem Essen zu versorgen oder Zirkuszelte für Bildungsveranstaltungen aufzubauen. “Wir verteilen kostenlos Essen, um Menschen, unabhängig von deren Einkommen, die Teilnahme am Camp zu ermöglichen.” So Veronika Beierlein der VolxKüche München. “So etwas darf nicht verboten sein.” 

Friedlich Fahrradfahren

Die Protestaktionen sollen friedlich, familienfreundlich und inklusiv stattfinden, weshalb zu zu den großen Demozügen auch eine Kinderroute ausgehend vom Olympiapark geplant ist. Die Protestierenden sollen sowohl bei den Kundgebungen, als auch während der Protestzüge in Blöcke aufgeteilt werden, um die nötigen Abstände einzuhalten und alle Hygienemaßnahmen gewährleisten zu können.

„Am 11. September werden wir mit einer großen und bunten Demonstration in München unseren Protest gegen die Automesse IAA auf die Straße bringen, es werden auch viele Familien kommen. Mit Tausenden Menschen werden wir deutlich aufzeigen: Die Zukunft der Mobilität gehört dem ÖPNV und dem Fuß- und Radverkehr.“

Uwe Hiksch, NaturFreunde Deutschland, Anmelder der Demonstration
Foto: Georg Wendt/BUND

16 Demozüge zur Theresienwiese


In aller Kürze:

Demozüge aus dem Umland

Die Rad-Demozüge starten voraussichtlich in Augsburg, Herrsching, Weilheim, Geretsried, Petershausen, Neufahrn, Freising, Erding, Grafing, Rosenheim und Holzkirchen. Unterwegs gibt es auf allen Strecken Sammelorte für Radfahrer*innen, die sich anschließen möchten. Die Streckenführung ist noch in Abstimmung und kann sich bis zum Demo-Start noch ändern. 


Geplante Startpunkte in MünchenAufstellung ab 12.30 Uhr, Abfahrt um 13.00 Uhr

Schloss Nymphenburg, Studentenstadt, Ostbahnhof, Westpark

Familien- und Kinder-Raddemo
Aufstellung ab 13.00 Uhr, Abfahrt um 13.30 Uhr

Olympiapark, Sea Life, Willi-Daume-Platz 1
Geplant ist eine 6 km lange Route zur Theresienwiese

Demo-Protestzug ohne RadStart um 12.00 Uhr mit Auftakt-Kundgebung

Theresienwiese: Start und Ende (14.30 Uhr)
Geplant ist eine große Runde um den Hauptbahnhof und vorbei am Open Space der IAA.

Abschluss-Kundgebung für alle auf der Theresienwiese 

Start gegen 15.00 Uhr, Ende ca. 17.00 Uhr


Über das Bündnis: Das Aktionsbündnis aus Allgemeinem Deutschen Fahrrad-Club e.V. (ADFC), Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Campact, Deutscher Umwelthilfe (DUH), Greenpeace, NaturFreunde Deutschlands und dem ökologischen Verkehrsclub VCD hatte sich bereits 2019 zum friedlichen Protest gegen die letzte in Frankfurt stattfindende IAA zusammengefunden. Neu dabei ist in diesem Jahr das globalisierungskritische Netzwerk Attac.


Beitragsbild: © ADFC / Tobias Hase © Georg Wendt/BUND © ADFC München

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