Demonstration anlässlich der IAA
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#BlockIAA – Mobilitätswende und Klimaschutz statt Autokapitalismus und Greenwashing

Anne Lenz

Vom 7. bis 12. September veranstaltet die Messe München gemeinsam mit dem Verband der Automobilindustrie (VDA) die Internationale Automobil-Ausstellung. Im Mittelpunkt der IAA Mobility steht laut eigenen Aussagen der Weg zur digitalen und klimaneutralen Mobilität. Anstelle der gewohnten Autoschau gibt es im Rahmen eines groß angelegten Festivals Konferenzen, Podiumsdiskussionen und interaktive Attraktionen in der Innenstadt Münchens. Neben der Planung für das Großevent, laufen jedoch bereits die Vorbereitungen der Gegendemonstrationen. Klimaaktivist*innen sehen die IAA als “Symbol für Profitmaximierung auf Kosten von Mensch, Umwelt und Klima”.

Ziviler Ungehorsam gegen Lobbyismus

Gruppierungen wie Sand im Getriebe rufen mit der Forderung einer „echten solidarischen und klimagerechten Mobilitätswende“ zu einer Massenaktion zivilen Ungehorsams auf. Die Aktivist*innen beschuldigen die Autoindustrie und Veranstalter*innen der IAA der systematischen Bevorzugung des Autos und des Greenwashings in Form von „kapitalistischen Nachhaltigkeits-Lügen“.

Die Konsequenzen der IAA

Das Bündnis #noIAA, bestehend aus Klimagerechtigkeitsgruppen, Gewerkschaften, Parteien und anderen Organisationen, wertet die Autoindustrie als eine massive Bedrohung des Klimas. Es wird kritisiert, dass insbesondere die ärmere Bevölkerung im globalen Süden unter den Auswirkungen der Erderwärmung leidet. Zudem trage der Autoverkehr lokal zu Flächenverbrauch sowie zu Gesundheitsschäden durch Lärm, Stress und Feinstaub bei.

Die konstant hohen CO2-Emissionen des Verkehrssektors verschärfen die globale Klimakrise, unter der vor allem Menschen im Globalen Süden leiden. Für eine drastische Reduzierung der weltweiten Treibhausgasemissionen ist eine sozial-ökologische Verkehrswende daher unabdingbar. Die CO2-Emissionen des deutschen Verkehrssektors sind allerdings seit 1990 nicht nennenswert gesunken und damit unvereinbar mit den Zielen des Pariser Klimaabkommens und unserer globalen Verantwortung. Dieser können wir nicht mit einer bloßen Elektrifizierung des Autoverkehrs mit unverändert enormen Material-, Energie-, und Platzverbrauch gerecht werden, sondern nur mit dramatisch weniger Autos.

Michael Jäger, Fridays for Future München

Reichlich Handlungsbedarf

Ziel der Gruppierungen ist neben der Umstrukturierung der Automobilindustrie eine “radikale Verkehrswende“ in Form von weitgehend autofreien Städten und autoarmen ländlichen Regionen. Der Bau von Autobahnen, Schnell- und Bundesstraßen soll mit sofortiger Wirkung gestoppt werden und Fahrradwegen Platz schaffen. Auch die im öffentlichen Nahverkehr, sowie im Straßenverkehr, noch mangelnde Barrierefreiheit wird in den Pressemitteilungen der Aktivist*innen vermehrt angesprochen. Der öffentliche Personennahverkehr soll überdies ticketfrei werden und die Beschäftigten besser entlohnen.

„Angesichts der Klimakrise muss die Anzahl der Autos drastisch reduziert werden und der sozial-ökologische Umbau der Autoindustrie beginnen. Dabei müssen alle Möglichkeiten zur Konversion ausgeschöpft und die Arbeitszeit bei vollem Lohnausgleich verkürzt werden. Die Schaffung gleichwertiger Arbeitsplätze in Bereichen, die dem ökologischen Umbau dienen, muss massiv gefördert werden. Dieser Prozess muss mit den Beschäftigten gemeinsam organisiert werden und die soziale Absicherung aller garantieren.“

Die Forderungen des Bündnisses #noIAA an die Autoindustrie

Ein unerwünschter Gast: Die Blue Lane

In der Kritik steht auch die als Transfer- und Teststrecke vorgesehene Blue Lane. Nach den Angaben der IAA möglichst klimaneutral konzipiert soll die 12 Kilometer lange Strecke von den Fahrzeugen der IAA, aber auch von anderen Verkehrsmitteln genutzt werden dürfen. Mit der Voraussetzung, dass diese mindestens drei Personen transportieren oder emissionsfrei sind, darf die Blue Lane also befahren werden. Der Bund Naturschutz bewertet dieses Konzept als Schlupfloch, da es auch anderen Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren, die keineswegs klimafreundlich sind, erlaubt, diese Strecke zu nutzen.

Übersicht des Verlaufs der Blue Lane in der Innenstadt

Weitere Unmutsbekundungen gibt es bezüglich des Streckenverlaufs, da viele öffentliche Plätze als Veranstaltungsorte in die Blue Lane integriert werden sollen. Die ohnehin schon häufig für Events genutzten Stadtflächen, wie beispielsweise der Königsplatz, sollen laut Anwohner*innen eher als Bühne für lokale Künstler*innen und Musiker*innen verwendet werden. Der IAA Mobility wird deshalb die Vereinnahmung der Münchner Innenstadt und den dazugehörigen Einrichtungen vorgeworfen. Das Bündnis #noIAA bemängelt auch, dass die Nutzung des öffentlichen Raums „ohne gesellschaftliche und demokratische Kontrolle“ in nichtöffentlichen Sitzungen des Stadtrats beschlossen wurde.

100% konzernfrei: KonTra IAA

Als Gegenveranstaltung zur IAA Mobility planen Aktivist*innen der Mobilitätswendebewegung den „Kongress für transformative Mobilität – KonTra IAA“. Der Trägerkreis, unter anderem bestehend aus dem BUND Naturschutz in Bayern, der Initiative „autofrei leben“ und Attac München, möchte bei dem zweitägigen Treffen vom 9. und 10. September vor allem auf drei Themenschwerpunkte eingehen: neue „Konzepte für klima- und sozial gerechte Mobilität sowie Stadt- und Verkehrsplanung, die Konversion der Autoindustrie aus nationaler und internationaler Perspektive und Stand und Perspektive der Bewegung für eine Mobilitätswende von unten“.

Update zum 27.08.2021: Auf der IAA-Protest-Börse ist es möglich, sich außerhalb der Proteste zu engagieren. Hier siehst du mehr zur Organisation von Schlafplätzen, gemeinsamer Anreise und mehr.


In aller Kürze:

Was? Gegendemonstrationen zur Internationalen Automobil-Ausstellung
Wann? 7. bis 12. September
Wo? Münchner Messegelände und diverse Plätze entlang der Blue Lane
Mehr Infos findest du HIER


Beitragsbild: @2021 IAA Demo

1Comment
  • Herbert Gerhard Schön
    Posted at 11:22h, 06 September

    Jetzt stelle ich erst einmal mit großem Erstaunen fest, dass es beim vorherigen IAA-Artikel “Das erwartet dich bei der IAA Mobility vom 7.-12.9.” von Anne Lenz auch noch keinen Kommentar gibt – also fehlt es vielleicht noch an der Verbreitung bzw. breiteren Streuung?

    Daher kommen die beiden Artikel hernach doch gerne auch hier auf den Schirm: https://www.facebook.com/Hallo-IAA-herzlich-willkommen-in-M%C3%BCnchen-100434454906691

    Ansonsten: Zwischenzeitlich finde ich es extrem praktisch, dass der VDA seinen IAA-Zirkus von Frankfurt nach München verlegt hat, denn so hat dieses zweite Koa-Wiesn-Jahr nun im September doch noch so ein bisserl was an Abwechslung zu bieten und dafür muss ich mich nur für eine halbe Stunde in den Bus und in die U-Bahn setzen, um mir die OPEN SPACES anschauen zu können. Ob ich es aber auch mal zur “echten IAA” draußen in der Messe schaffen werde?

    Dank dieser ambitioniert neu erfundenen IAA MOBILITY 2021 habe ich mir sogar eine Woche Urlaub genommen, um vom Dienstag bis Freitag am 1. Münchner Mobilitätskongress teilnehmen zu können und den großen #Aussteigen-Demo-Samstag sehe ich jetzt auch erst einmal ganz entspannt auf mich zukommen.

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