Kultur, Nach(t)kritik

Bezauberndes Aschenputtel

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Wiederaufnahme La Cenerentola

Wer kennt sie nicht, die Geschichte vom Mädchen, das aus der Asche kam und den Prinzen heiratet? Gioachino Rossini hat aus der leicht abgewandelten Geschichte eine Opera buffa gemacht, die Jean-Pierre Ponnelle bereits 1980 genial an der Bayerischen Staatsoper inszeniert und ausgestattet hat. Nach fünf Jahren Pause ist dieses künstlerische und musikalische Kleinod endlich wieder zu sehen.

Don Magnifico wohnt in einem völlig herunter gekommenen Palast, aber seine beiden Töchter Clorinda und Tisbe liest er jeden Wunsch von den Augen ab. Dafür verschleudert er skrupellos das Erbe seiner Stieftochter Angeline, genannt Cenerentola, die im Haushalt als Dienstmädchen und Sündenbock für alles arbeiten muss. Als sie den Philosophen Alidoro, der sich als Bettler verkleidet nach der idealen Frau für seinen Fürsten Don Ramiro umsieht, verköstigt, wird sie von ihren herzlosen Stiefschwestern geschimpft und geschlagen. Don Ramiro verkleidet sich ebenfalls und verkündet als sein eigener Diener Dandini die Einladung des Fürsten zu einem Ball, auf dem er sich eine Frau erwählen will. Er trifft auf Cenerentola und verliebt sich auf den ersten Blick in sie. Don Magnifico erlaubt Cenerentola nicht, mit auf den Ball zu kommen, aber Alidoro stattet sie prächtig aus und ermöglicht es ihr so, das Fest zu besuchen.

Dort muss sich Dandini als verkleideter Fürst der heftigen Annäherungsversuchen von Clorinda und Tisbe erwehren. Don Magnifico säuft sich derweil durch den fürstlichen Weinkeller und sieht sich schon als hohes Tier am Hofe. Als Dandini den Schwestern vorschlägt, die Nichterwählte möge doch seinen Diener heiraten, lehnen diese arrogant ab. Cenerentola, die mittlerweile eingetroffen ist und nun von dem falschen Fürsten ebenfalls umworben wird, erklärt ihm, dass sie seinen Diener lieben würde, denn auch bei ihr war es Liebe auf den ersten Blick. Sie gibt dem echten Fürsten eines ihrer Armbänder und bittet ihn nach ihr zu suchen. Wenn er sie an dem identischen Armband erkennt und dann immer noch liebt, wird sie seine Frau werden.

Wiederaufnahme La CenerentolaZurück in der Bruchbude von Don Magnifico geht Cenerentola wieder in Sack und Asche, trägt allerdings den Armreif. Dandini und Don Ramiro tauschen ihre Rollen wieder zurück und nun ist der Jammer bei den bösen Schwestern groß, haben sie doch den echten Fürsten in seiner Gegenwart verspottet. Don Ramiro erkennt Cenerentola und bittet sie, seine Frau zu werden. Ihre Familie, die sie über Jahre geschunden hat, erwartet nun, dass sie es ihnen mit gleicher Münze heimzahlt, aber Cenerentola ist großherzig und vergibt ihnen. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.

Jean-Pierre Ponnelles Bühnenbild ist ganz in schwarz-weiß gehalten, was die Figuren noch plastischer hervortreten lässt. Sowohl Don Magnificos Palast als auch der fürstliche Festsaal sind detailverliebt in ausdrucksstarken Prospekten realisiert, die räumliche Tiefe geschickt vorgaukeln. Dazu passen die barockisierten Kostüme ganz außerordentlich gut, die ebenfalls von Ponnelle stammen. Aber nicht nur die Ausstattung, auch die Regie ist genial. Er setzt die Musik in Bewegung um, da stimmt jede Geste, jeder Schritt. Sein Humor ist nicht zu klamaukig, aber doch expressiv. Er hat damit ein Gesamtkunstwerk geschaffen, dass hoffentlich noch lange Bestand hat und in Zukunft etwas öfter auf dem Spielplan steht. Leider ist eine Wiederaufnahme in der nächsten Spielzeit nicht vorgesehen, deshalb sollte man unbedingt die verbleibenden Termine nutzen.

Musikalisch war es ein fantastischer Abend. Ich hatte mich sehr darauf gefreut, Joyce DiDonato endlich einmal live zu sehen und sie ist wirklich fantastisch in dieser Rolle. Ihre Koloraturen perlen geradezu von ihren Lippen und sie spielt die Rolle unglaublich berührend. Eine Ausnahmekünstlerin, die man unbedingt mal gesehen haben sollte. Ihre beiden Stiefschwestern wurden von Eri Nakamura (Clorinda) und Paola Gardina (Tisbe) reizend gesungen und gespielt und der volltönende Bass von Alessandro Corbelli rundete die intrigante Familie aufs beste ab. Lawrence Brownlee als Don Ramiro ist eine Idealbesetzung, selbst in den höchsten Höhen klingt seine Stimme klar und rein. Beeindruckt war ich auch von Nikolay Borchev als Dandini, der hier komisches Talent und eine schöne Baritonstimme auf sich vereint. Mein Star des Abends bei den Männern war jedoch Alex Esposito als Alidoro. So kraftvoll und doch mit so viel Gefühl, wirklich ganz hervorragend in Spiel und Stimme. Man bekam an diesem Abend sicher eine Idealbesetzung aller Partien zu hören.

Der Chor singt sehr gut, ich finde ihn im Spiel allerdings immer ein wenig steif. Das Orchester unter Antonello Allemandi war ein absoluter Genuß. Ich habe mir jedenfalls gleich noch Karten für drei weitere Vorstellungen gesichert. Dieses musikalische und szenische Kleinod sollte man sich auf gar keinen Fall entgehen lassen.

Weitere Termine 07. und 10.06. sowie 09. und 12.07.2012. Restkarten an allen bekannten Vorverkaufsstellen.

Fotos © Wilfried Hösl

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