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HAUS DER KUNST: Bomben? – ja bitte!
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Subversive Gestalten tummelten sich am Sonntag im Auditorium des Haus der Kunst. Auf den Holztischen im Eingangsbereich stapelte sich ein buntes Sammelsurium an Werkzeugen. Schraubendreher in allen Größen, Lötkolben, Zangen, Kabel in rot, blau und grün lagen auf den Tischen und warteten auf ihren Einsatz. Menschen die über die steinernen Treppen im Westflügel des Museums hoch in das Auditorium strömten, trugen Säcke mit Erde, Plastikeimer, und Wasserkanister hinein, andere brachten seltsam anmutende Elektronik mit, der schon von weitem anzusehen war, wie der Zahn der Zeit an ihr genagt hat. Doch auch wenn die freundliche Aufforderung, “Bomben- ja bitte” auf einem Schild von der Decke hing, wurde schnell klar, dass hier keine Revolutionäre am Werk waren. Oder etwa doch?
Im Rahmen des Festival of Independents versammelte das Haus der Kunst an diesem Sonntag unter dem Motto “Ideen zur Stadt” diverse Initiativen aus München, die ihre Visionen zur Umgestaltung der Stadt in Workshops und Vorträgen präsentieren konnten.
So lud beispielsweise Green-City zum Seed-Bomb basteln ein. Wer der Meinung war, München müsse grüner werden, der bekam hier eine einfache Schritt für Schritt-Anleitung, wie sich aus Erde, Lehmpulver, Wasser und Blumensamen eine Samenkugel herstellen lässt, die zum Beispiel unauffällig auf schwer zugängliche (Erd)-Flächen geworfen werden kann und nach einiger Zeit unter freiem Himmel zu blühen beginnt. Wer wollte, konnte so eine Seed-Bomb gleich vor Ort herstellen und sorgfältig in einen Eierkarton verpackt, mit nach Hause nehmen. Nicht wenige machten davon Gebrauch – München da blüht Dir noch was.
Gleich am Eingang zum Auditorium warteten die Bastler vom “HEI-Haus der Eigenarbeit” auf ihre “Patienten”. Lange mussten sie nicht warten, der Andrang von Besitzern defekter Elektronikgeräte war groß. Von der Reiseschreibmaschine, deren Typen klemmten, über den defekten Radiowecker mit Digitalanzeige, den Mixer der nicht mehr wollte, oder einem Tonbandgerät das sich einer wunschgemäßen Funktion widersetzte, war so ziemlich alles vertreten, was in der Werkstatt eines gängigen Elektronikmarktes nur Kopfschütteln verursachen würde.
Doch die ehrenamtlichen Helfer des HEI schüttelten nicht die Köpfe, sondern machten sich teils mit einer unglaublich zärtlichen Hingabe ans Werk, um zu retten was noch zu retten war. Und in den meisten Fällen konnten die Besitzer tatsächlich ihre “Patienten” im Anschluss mehr oder weniger gesund wieder mit nach Hause nehmen.
Am anderen Ende des Auditoriums stellte sich das Kartoffelkombinat vor, und mittendrin saß ein Häufchen Frauen und widmete sich unbeirrt vom Trubel ringsherum mit Wollknäueln und Stricknadeln dem Urban Knitting.
War das jetzt Kunst? Eher nicht. Aber solange diese und andere “Revoluzzer” noch am Werk sind, ist München nicht verloren.