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Bunt, inklusiv, vielfältig: Das war das Superbloom Festival 2023

Klara Felixberger

Am ersten Septemberwochenende war es wieder soweit: Das Superbloom Festival im Olympiapark fand das zweite Jahr in Folge statt. Neben international bekannten Acts traten auch angesagte Musiker*innen aus der deutschsprachigen Szene auf. Die jeweils 50.000 Besucher*innen am Samstag und Sonntag konnten sich über Verbesserungen an Stadioneinlässen, mehr Awareness und ein buntes Programm freuen.

Festivalstart: Einlassprobleme, lange Wege und ermutigende Worte von Paula Hartmann

Am ersten Morgen sollte das Gelände eigentlich schon um zehn Uhr morgens geöffnet werden. Allerdings gab es vor allem am Einlass B Richtung Petuelring eine Schlange, die mehrere Hundert Meter lang war. Laut Polizei vor Ort kam es durch die unverhältnismäßige Verteilung an den Einlässen zu einer Verzögerung von knapp einer halben Stunde und Einlassproblemen. Die ersten Konzerte starteten dann um elf, der Weg zu den einzelnen Stages betrug im Schnitt ganze zehn bis 15 Minuten, je nach Einlassbereich.

Somit begann der erste Festivaltag für einige Besucher*innen etwas stressig, manche hatten das Anstehen jedoch eingeplant und standen deshalb früh genug auf der Matte. Im Vergleich zu letztem Jahr  hat sich die Einlasssituation am Olympiastadion aber deutlich verbessert.

Los ging es dann mit Paula Hartmann und auf der kleineren NeoNeo Bühne mit Baby B3ns. Paula Hartmann performte mit 3 Sekunden einen Song, den sie sonst nicht live spiele, da es um das sensible Thema von sexualisierter Gewalt und Belästigung ginge, sagt sie. Doch im Zuge des mittlerweile eingestellten Verfahrens um Rammstein-Sänger Till Lindemann wollte sich die Sängerin mit den Opfern solidarisieren – genau hier wo Rammstein vor wenigen Monaten trotz der öffentlich gewordenen Schilderungen sexueller Übergriffe spielten. Hartmann sprach außerdem an, wie wichtig es sei, über Mental Health zu sprechen. Ihr persönlich hätte es sehr geholfen, sich aufgrund ihrer mentalen Probleme Hilfe zu holen.

Awareness und Vielfältigkeit auf allen neun Bühnen

Ein Hoch auf das diesjährige Awareness-Team: Es gab vor fast jeder größeren Performance eine Sicherheitseinweisung und Ankündigung, wie man sich in bestimmten Situationen verhalten könne und solle. Auch in die vordersten Reihen der Stehbereiche kam man fast immer ohne größere Probleme. Es herrschte ein angenehmes Miteinander ohne großes Gedränge und Geschubse.

Laut Festival-Leiterin Fruzsina Szép hätte sich die Zahl der Besucher*innen mit Behinderung im Vergleich zum Vorjahr verdreifacht. Es war schön zu sehen, dass viele Rollstuhlfahrende die Möglichkeiten hatten, Konzerte im Olympiastadion von einer erhöhten Rampe im Stehinnenbereich mitzuerleben.

Insgesamt gab es neun verschiedene Stages auf dem Superbloom Festival: Die Olympic Stage, die Super Stage auf dem Tollwood-Gelände und die etwas kleineren Bühnen NeoNeo und Hideaway waren hauptsächlich für Musikartists vorgesehen. Auf der Spectacular Stage traten Comedians und Podcaster*innen auf. Beeindruckende Luftartistik und Performances konnte man auf der Spectacular Grounds Stage bestaunen. Wer selbst bei verschiedenen Workshops, Yoga, Panel Talks aktiv werden wollte, konnte dies auf der YOUnique Stage tun. Alles rund um Umwelt und Aktivismus fand man auf dem yOUR Planet Bereich. Dort konnte man unter anderem sein Handy mit Windenergie oder selbstgenerierter Energie durch Radfahren aufladen. Für Technologie-Fans war die Super Brain Stage der richtige Anlaufpunkt, wo zum Beispiel Roboterprototypen vom Deutschen Museum vorgeführt wurden.

Die Sonne machte dem Superbloom-Publikum am Samstag definitiv zu schaffen. Umso besser, dass es kostenlose Trinkwasserstationen in der Nähe von zwei Hauptbühnen gab. Es kam kaum zu Stau vor den Wasserhähnen, das Wasser war schön kalt und man blieb bei der Hitze hydriert.

Es muss nicht immer die größte Bühne sein, auf der die meiste Stimmung gemacht wird. Bei den Konzerten von Soho Bani, PaulWetz, Olivia Dean und Jeremias zeigt die NeoNeo Stage, dass auch eine kleine Crowd groß feiern kann. Obwohl bei Badmomzjay und Ellie Goulding nachmittags viel mitgesungen und -gerappt wurde, schien die pralle Sonne auf der Olympic Stage die Stimmung etwas zu dämpfen. Aufgelockert wurde das Ganze dann mit Peter Fox, der seit Jahren wieder einmal alleine auftrat und auch alte Songs wie “Alles neu” spielte: Er überraschte mit einer Menge an Tänzer*innen, die im Hintergrund auf der Bühne performten. Sie wurden auf dem Festival rekrutiert, einer wurde sogar während des Auftrittes von Fox höchstpersönlich auf die Stage geholt. Zum krönenden Abschluss des ersten Tages folgte auf der Olympic Stage mit dem EDM-Set von Martin Garrix eine spektakuläre Lichtshow.

Superbloom-Sonntag: Emotionale Worte versus Ski-Aggu-Partei(y)

Der zweite und letzte Tag startete mit etwas mehr Wind und Wolken und einem Heimspiel für Ennio auf der Super Stage: Der Münchner trat früh morgens auf und obwohl er nur zwölf Stunden zuvor seinen Auftritt auf einem Festival in Darmstadt beendete, machte Ennio live schon wieder ordentlich Stimmung.

Mindestens genauso viel gute Laune und deutlich mehr Abriss gab es dann bei Ski Aggu: Mit seinen schnellen Hits sorgte er unter anderem für ein springendes Publikum, das auf sein Kommando zu einem Song Gegenstände in die Menge warf. Neben ganz viel Party setzte er ein Statement gegen rechte Politik, indem er meinte, bevor man rechts wähle, solle man die Ski Aggu Partei bei der nächsten Bundestagswahl wählen. Mit seinen Worten, man könne ihn als Bundeskanzler wählen, erinnerte er ein wenig an Kanye West – nur eben irgendwie freier und witziger. Nach diesem turbulenten Start ging es etwas ruhiger weiter: Die Norwegerin Aurora brachte mit ihrer schüchternen Art und weichen Stimme ein paar Herzen zum schmelzen. Ebenfalls mit Girlpower folgte im Anschluss die Britin Raye mit einem Set von all ihren genreübergreifenden Songs. Auch sie empowerte ähnlich wie Paula Hartmann mit ihrem Statement zu sexueller Belästigung vor dem emotionalen Song Ice cream man.

Währenddessen machte die deutsche Indieband Giant Rooks ordentlich Stimmung, sie spielten unter anderem einen neuen, unreleasten Song. Ein absolutes Highlight war das Duo The Blaze, das einen mit ihrer elektronischen Musik und visuellen Effekten in den Bann zog. Selten hat sich tanzen so leicht, so frei angefühlt. Einen Stimmungswechsel gab es dann gleich danach: Jason Derulo und seine selbstinszenierende, aber unglaublich witzige und stimmungsmachende Show. Ganz ehrlich, ich hätte mir wahrscheinlich nie Tickets für eins seiner Konzert gekauft, aber der Auftritt war wirklich ikonisch. Die bekannte Rock-Pop-Band Imagine Dragons rundete das Festival als letzter Act definitiv gebührend ab- Dan Reynolds, Sänger der Band, wandte sich vor dem Song Demons mit einer emotionalen Rede an das volle Stadion: Dein Leben ist immer lebenswert!

Wir sind gespannt auf’s nächste Jahr. Die Termine dafür stehen auch schon fest: Interessierte sollten sich den 7. und 8. September frei halten.

Beitragsbild und Bild von Ski Aggu Konzert: © Klara Felixberger