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Der Babo zu Besuch in München – Tourstart Haftbefehl

Sebastian Gabriel

Im Moment gibt es, wenn man nach den Charts geht, zwei Größen im deutschen Rap-Business: Materia aus Rostock und Haftbefehl aus Offenbach am Main. Letzterer, der mit bürgerlichen Namen Aykut Anhan heißt, startete am Donnerstag seine Deutschland Tour im alt ehrwürdigen Münchner Backstage.

 

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Mit seinem Album „Russisch Roulette“, das Ende letzten Jahres erschien, veröffentlichte er seine erste Major-Platte unter Sony. Dem entsprechend entstand ein unfassbarer Hype und die Erwartungen wuchsen in’s unermessliche. Als dann der erste Album-Teaser „1999/Part 1“ erschien, ahnte man schon – das wird groß. So war es dann auch, denn vor allem die Deluxe-Version des Albums mit mit einer fein erlesenen Auswahl an Deutsch-Rappern als Features, wie z.B. eben Materia, ist eine Ansage an all das, was es im Deutsch Rap bisher gegeben hat.

 

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Das mag unter anderem daran liegen, dass er sein Wort-Repertoire mit allen möglichen Sprachen und Slang-Ausdrücken spickt, so vermutet die SZ oder Haftbefehl einfach eines der authentischsten Erscheinungsbilder im „Gangster“-Rap inne hat. Aus seiner Zeit als Dealer und Wettbürobesitzer lassen sich einige interessante Texte spinnen, die den Künstlernamen „Haftbefehl“ rechtfertigen. Das erklärt jedoch nicht, warum seine Zuhörerschaft nicht nur der stereotypische Jugendliche aus der peripheren Trabantenstadt ist, sondern genau so Hipster, Style-Hengste und Hobby-HipHopper mit Skinny-Jeans und Bart sind.

 

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Ein Grund könnte sein, dass er es schafft, mit seinem aggressiven Flow und den eindringlichen Beats in Kombination mit einem geschicktem Sprachgebrauch eine Generation anzusprechen, die diese Dinge immer mehr zu brauchen scheint. Allgemein hat sich der Sprachgebrauch geändert. Es scheint fast als würde dieser Tage wieder mehr geflucht und vor allem s.g. Kraftausdrücke scheinen immer mehr zum „guten“ Umgang zu gehören. Wenn etwas nicht so funktioniert, wie es eigentlich soll, ist es mittlerweile oft das „verfickte“, „verhurte“, „verkackte“ Ding. Nicht unbedingt, um unangenehm aufzufallen, sondern, weil es am besten zum temporären Gefühl passt und es möglicherweise der fortschreitenden Desensibilisierung hinsichtlich Schimpfwörtern geschuldet ist.

 

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In den seltensten Fällen sind Haftis Texte wirklich gewaltverherrlichend und wenn er von „nicht mit Rap…dann mit der Pumpgun“ rappt, handelt es sich mehr um eine Metapher, die zum einen gut zum Image passt, andererseits den Worten noch mehr Power gibt. Genau das, was die Leute heute gerne haben: Musik mit Dampf. Die Frage war nun am Donnerstag, ob diese Power auch bei einem Live-Konzert rüber kommt.
Fast pünktlich um 20Uhr30 kam der Offenbacher umrundet von seiner Gefolgschaft auf die Bühne. Auf Grund der mangelhaften Organisation, standen leider noch einige der Konzertbesucher an der Abendkasse und warteten auf Tickets, da das Konzert nicht komplett ausverkauft war.

Die Nervosität war dem Rapper anzumerken. Zum Tourstart, vor einer relativ großen Crowd dem Druck der hohen Erwartungen zu entsprechen: nicht leicht. Deshalb versprach er den Fans auch gleich zu Beginn, dass er alles geben werde, damit sie einen coolen Abend haben. Das schaffte er auch. Es war vielleicht noch nicht das ganz große Kino, was daran liegen mag, dass alles noch sehr provisorisch wirkte. Die übermotivierten Co-Rapper waren teils zu präsent, jedoch gelang es Hafti immer wieder aufgrund seines harten Flows und Punchlines die Aufmerksamkeit zurück zu gewinnen. Die ganze Inszenierung mit Drummer, DJ und massive Lichttechnik wirkte noch ein wenig unbeholfen, teilweise zu erzwungen. Haftbefehl hat allerdings das Zeug dazu in Zukunft ein sehr „reales“ Konzert abzuliefern.

Wie er mit seinem leicht zu kurzen Pulli über der Plauze und ohne jeglichem Goldketten-Schnickschnack seine Texte mit einer Seelenruhe runterrasselt, das erinnert dann doch an vergangene Tage, wo es mehr um den Inhalt, als um die Persönlichkeit ging. Natürlich feierte die Crowd am meisten die Hits wie „Denn ich rolle mit den Besten..“, sodass dieser gleich nochmal nach knapp eineinhalb Stunden als Zugabe gespielt wurde.
Die Leute waren zufrieden. Sie bekamen eine gute Show geboten, mit dem Babo aus FFM und zwar so wie es der Münchner eben gerne mag: assozial und ein bisschen dreckig…aber nur für ein paar Stunden.

 

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