Kultur

Der Teppich vor dem Fenster

Martina Kollross
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Berlinale – da schaut sogar Bayern nach Berlin. Unsere Hauptstadtkorrespondentin auch. Martina Kollroß blickt von ihrem Zimmer direkt auf den roten Teppich.

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Colin Firth kommt. Dazu wird der rote Teppich erst wieder eingerollt. 16.30 Uhr Ich biege um die Ecke Friedrichstraße/Ziegelstraße, ein paar Männer sind gerade dabei den Berlinale-Teppich wieder aufzurollen. Sie heben ihn in einen Kastenwagen.

Die Tage zuvor standen auf ihm die Menschen Schlange, um in den Friedrichstadtpalast zu kommen. Die 61. Berlinale wohnt dieses Jahr auch im grellen Friedrichstadtpalast, der abends aufdringlich lila-blau leuchtet. Und dabei in mein Zimmer strahlt, das sich gegenüber befindet.

Ich kann auf den Seiteneingang schauen. Außerdem auf den Eingang des Quatsch-Comedy-Club, auch der ist in dieser Mehrzweckhalle untergebracht. Jetzt also die Berlinale, rote Bären überall. Genauso wie die Fahrräder-Verboten-Schilder, die an jedem erdenklichen Metallgestänge kleben, die die richtige Beleuchtung für die Promis tragen.

Ich habe noch nicht herausgefunden, ob sie ernst gemeint sind oder ein Kunstprojekt. Bei den Erfahrungen, die ich bis jetzt mit dieser Stadt gemacht habe, tippe ich auf letzteres.

18.30: Ich schaue aus dem Fenster auf zwei überlange Kastenwägen. Ob die wohl etwas mit Colin Firth zu tun haben? Inzwischen ist ein rechteckiger Teil an der Seite abgesperrt. Noch sind weder Paparazzis, Fans oder Colin Firth in Sicht. Der Film soll um 21 Uhr beginnen, the King’s Speech, ein Berlinale-Special und Oscar-Anwärter.

19 Uhr: Ich öffne mein Fenster. Die Ordner stehen in Grüppchen im rechteckigen, abgetrennten Bereich. An der einen Straßenseite, ein bisschen versteckt, parkt ein Übertragungswagen des RBB, er hat eine Satellitenschüssel auf dem Dach. Ich lehne mich aus dem Fenster. Kurz hinter dem Übertragungswagen ist die Straße abgesperrt. Meine Straße ist abgesperrt. Ich wohne in momentan in einem abgesperrten Bereich. Ich überlege, ob ich anfangen soll, zu twittern.

19.02 Zwei weitere Kastenwägen kommen an. Diesmal haben sie grüne Streifen: Polizei. Auch sie halten direkt unter meinem Fenster, im abgetrennten Bereich.

19.42 Jetzt stehen doch schon einige Fans und Stargucker vorne an der Bande.

20.12 Habe gerade mal eine Runde um den Block drehen wollen. Aber da wurde ich schon aufgehalten: Sie können hier jetzt nicht mehr rein, sobald die Autos kommen. Na also, vielleicht lohnt es sich doch mal die Kamera von oben zu holen.

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20.25-20.52 Christine Neugebauer, Iris Berben, Nadja Uhl und noch ein paar andere flanieren und frieren über den Teppich (wo der wieder herkam ist mir entgangen). Berlinale-Chef Kosslick trägt einen Hut, begrüßt und plaudert mit Journalisten und Fans. Die Menge lästert über unvorteilhafte Kleider und fotografiert. Alles wartet auf den großen Star. Guido Westerwelle kommt und grinst.

20.53 Kreischen kündigt Colin Firths Auftritt an. Er gibt ein paar Autogramme.

23.51 Colin-Rufe lassen mich aufschrecken. Also stehe ich nochmal auf und gehe ans Fenster. Zehn schwarze BMWs stehen unten auf der Straße. Ganz wenige Autogramm-Sammler sind auch noch da. Scheinbar ist der Film jetzt aus.

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